Entscheidungsstichwort (Thema)
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge. Erfordernis einer Glaubhaftmachung der Zahlungsunfähigkeit durch den Gläubiger nach § 14 InsO
Leitsatz (redaktionell)
Wird die einem Insolvenzantrag zugrunde liegende Forderung durch den Schuldner ausgeglichen, setzt § 14 Abs. 1 S. 2 InsO eine weitere Glaubhaftmachung der Zahlungsunfähigkeit durch den Gläubiger voraus.
Normenkette
InsO § 14 Abs. 1, § 17
Tenor
Der Insolvenzantrag der Gläubigerin vom 29.11.2011 wird als unzulässig abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Gläubigerin
Tatbestand
I.
Mit Schreiben vom 26.05.2011, eingegangen bei Gericht am 03.06.2011 beantragte die Gläubigerin wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 2.842,18 EUR für den Zeitraum 01.04.2010 bis 30.04.2011 erstmalig die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin (Az.: 145 IN 518/11). Auf Anregung des gerichtlich bestellten Sachverständigen wurde am 11.07.2011 die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet. Zu diesem Zeitpunkt bestanden ausweislich des Berichts des Sachverständigen neben den damals verfahrensgegenständlichen Verbindlichkeiten rückständige Sozialversicherungsbeiträge bei einem weiteren Sozialversicherungsträger in Höhe von 1.400,00 EUR sowie rückständige Leasingraten für zwei Monate in Höhe von ca. 1.100,00 EUR. Weitere Verbindlichkeiten, insbesondere Steuerrückstände, hatte der Sachverständige nicht feststellen können.
Mit Schreiben vom 27.07.2011 erklärte die Gläubigern nach vollständigem Ausgleich der rückständigen Beitragsforderungen durch die Schuldnerin den Insolvenzantrag vom 26.05.2011 für erledigt erklärt. Da die Schuldnerin innerhalb der ihr gesetzten Frist der Erledigungserklärung nicht widersprochen hatte, wurde das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt (§ 4 InsO, § 91 a Abs. 1 S. 2 ZPO) und die angeordneten Sicherungsmaßnahmen mit Beschluss vom 02.08.2011 aufgehoben.
Mit Schreiben vom 24.11.2011, eingegangen bei Gericht am 29.11.2011, beantragte die Gläubigerin erneut die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 1.028,87 EUR für den Zeitraum 01.07.2011 bis 31.10.2011. Ein Pfändungsversuch seitens der Gläubigerin vom 19.10.2011 verlief fruchtlos. Auf das gerichtliche Anhörungsschreiben hin teilte die Schuldnerin mit Schreiben vom 22.12.2011 mit, dass die Rückstände bis auf den Dezemberbeitrag in Höhe von 249,68 EUR ausgeglichen seien und der Gläubigerin eine Einzugsermächtigung erteilt worden sei. Die Gläubigerin führte mit Schreiben vom 05.01.2012 aus, dass die Beiträge für die Monate November 2011 und Dezember 2011 in Höhe von insgesamt 494,75 EUR noch nicht ausgeglichen seien und eine Einzugsermächtigung nicht vorliegen würde. Auf telefonische Rückfrage durch das Gericht vom 07.02.2012 teilte die zuständige Sachbearbeiterin der Gläubigerin, Frau C, mit, dass zwischenzeitlich alle Außenstände beglichen seien und keine Rückstände mehr bestehen würden (Bl. 28 G.A. Rückseite). Eine Antragsrücknahme oder Erledigungserklärung würde aufgrund der Regelung in § 14 Abs. 1 S. 2 InsO aber nicht erfolgen. Mit Schreiben vom 08.02.2012 wies das Gericht die Gläubigerin darauf hin, dass der Antrag mittlerweile gem. § 14 insO unzulässig sein dürfte, da das Fortbestehen eines Eröffnungsgrundes weder dargelegt noch glaubhaft gemacht worden seien. Die Gläubigerin erklärte mit Schreiben vom 28.02.2012 unter Verweis auf eine Entscheidung des Amtsgerichts Göttingen vom 26.11.2011, dass es den Eröffnungsantrag aufrechterhalte und die Ansicht vertrete, dass eine fortbestehende Zahlungsunfähigkeit nicht glaubhaft gemacht werden müsse.
Weitere Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin wurden bei Gericht nicht gestellt.
Entscheidungsgründe
II.
1)
Der zum Zeitpunkt seines Eingangs beim Amtsgericht Wuppertal zulässige Antrag der Gläubigerin auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin ist nach seiner Zulassung unzulässig geworden.
Nach § 14 Abs. 1 InsO ist ein Insolvenzantrag eines Gläubigers zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und das Bestehen seiner Forderung gegen den Schuldner und das Vorliegen eines Eröffnungsgrunds glaubhaft macht. Zugleich ist das Insolvenzgericht in jeder Phase des Eröffnungsverfahrens gehalten, sämtliche Zulässigkeitsvoraussetzungen des Eröffnungsantrages nach § 14 InsO zu prüfen und ein erhebliches Vorbringen des Schuldners zu beachten (vgl. BGH, Beschluss vom 13.06.2006 – IX ZB 214/05, BeckRS 2006, 08760).
Im Zeitpunkt der Antragstellung hatte die Gläubigerin ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Gläubigerin hatte zur Zeit der Antragstellung eine Forderung und eine Zahlungsunfähigkeit im Sinne von § 17 InsO dargelegt und glaubhaft gemacht. Die Schuldnerin hatte die Rückstände auch nicht bestritten. Die Fo...