Entscheidungsstichwort (Thema)
Beratung. Erstberatung. Rechtsanwaltsgebühren. Bedeutung. Bemessung. Gebührensatz. Gebührenrahmen. Vorstandsvorsitzender. Medienwirksamkeit. Rahmengebühren
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Abgrenzung zwischen umfassender anwaltlicher Beratung und einer Erstberatung.
Bei der Bemessung der Höhe der Rechtsanwaltsgebühren sind bei der Frage der Bedeutung der Sache für den Mandanten auch die berufliche Stellung des Mandanten (hier: als Vorstandsvorsitzender einer Sparkasse), sein Einkommen und die eventuelle Medienwirksamkeit der Angelegenheit mit zu berücksichtigen.
Normenkette
BRAGO § 20 Abs. 1, § 12; RVG § 14
Tenor
1) Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 836,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %- Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.08.2004 zu zahlen.
Darüber hinaus wird die Klage abgewiesen.
2) Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit er zur Zahlung von mehr als 232,00 EUR verurteilt wurde. Im übrigen sind die Kosten des Verfahrens den Klägers aufzuerlegen.
3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Kläger sind Rechtsanwälte und nehmen den Beklagten auf Zahlung von Anwaltsgebühren aus einem beendeten Mandatsverhältnis in Anspruch.
Hintergrund der Beauftragung der Kläger war, dass der Beklagte, der im damaligen Zeitpunkt Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse L./Z. – einer der größten kommunalen Sparkassen im Freistaat Sachsen – war, von seinem Posten abberufen und beurlaubt worden war.
Das Mandatsverhältnis wurde durch den Beklagten mit Telefonat vom 08.01.2002 angebahnt.
Der Inhalt des Telefonats ist insoweit streitig, als dass die Kläger behaupten, dass sie mit einer umfassenden Beratung beauftragt wurden.
Unstreitig dauerte das Telefonat ca. ½ Stunde und es erfolgten vom Beklagten auf Fragen detaillierte Angaben zum Sachverhalt. Auch wurden rechtliche Hinweise erteilt.
Jedenfalls übersandte der Beklagte, der ein damaliges Jahresbruttoeinkommen von ca. 145.200,00 EUR zuzüglich nicht bezifferter geldwerter Vorteile und ohne ca. 25.560,00 EUR „Renummerationen”, mithin ca. 79.250,00 EUR netto erzielt hat, den Klägern a, 09.01.2002 zur Vorbereitung eines auf den 18.01.2002 in München verabredeten Gesprächstermins diverse Unterlagen im Umfang von etwa 100 Seiten. Darunter waren unter anderem neben dem Dienstvertrag, Gehaltsabrechnungen, dem Abberufungsschreiben, Einkommensbelege auch umfangreiche berichte der Innenrevision.
In dem besagten Schreiben vom 09.01.2002 teilte der Beklagte den Klägern mit, dass Ziel der Beratung ausdrücklich nicht die Wiedereinsetzung des Beklagten in sein Amt, sondern eine möglichst gute Ausgangsposition für Vergleichsverhandlungen sein solle.
Die Unterlagen wurden von den Klägern im Hinblick auf den geplanten Termin, der dann jedoch vom Beklagten abgesagt wurde, geprüft und in rechtlicher Hinsicht bewertet.
Mit Schreiben vom 09.02.2002 bat der Beklagte die Kläger im Hinblick auf ein für den 06.03.2002 vorgesehenes Gütegespräch zunächst keine weiteren Aktivitäten zu entfalten.
Unstreitig ist, dass die Parteien zwischenzeitlich zwei fernmündliche Gespräche über die Angelegenheit geführt haben.
Mit Schreiben vom 10.05.2002 stellten die Kläger dem Beklagten für ihren Zeitaufwand von geleisteten 5,5 Arbeitsstunden eine Pauschale von je 175,50 EUR nebst Unkosten und Umsatzsteuer in Rechung. Zahlungen seitens des Beklagten erfolgten nicht.
Im Verfahren erstellten die Kläger aufgrund des rechtlichen Hinweises des Gerichts, dass keine wirksame Vereinbarung über ein Honorar nach Stunden vorläge und dass nur eine beratende Tätigkeit vereinbart worden sei, eine neue Gebührenrechnung, ausgehend von einem Gegenstandswert von 3 Monatsgehältern und einer 10/10 Gebühr nach § 20 BRAGO zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer. Diese neue Gebührenrechnung wurde dem Beklagtenvertreter im Termin vom 20.07.2004 überreicht.
Im Termin erkannt der Beklagte einen Teil der Forderung in Höhe von 232,00 EUR an, so dass Teilanerkenntnisurteil erging.
Die Kläger beantragen nunmehr:
Den Beklagten zur Zahlung von 836,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.07.2002 zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt:
Klageabweisung.
Er ist der Auffassung, dass die klägerischen Ansprüche soweit sie über den anerkannten Betrag hinausgehen, nicht berechtigt seien, da die Kläger lediglich einer Gebühr für eine Erstberatung in Rechung stellen könnten.
Das Gericht hat ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer München eingeholt. Wegen des Ergebnisses wird auf das Gutachten vom 17.12.2004, wegen der Einzelheiten des Vortrags der Parteien auf die jeweiligen Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.
Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren, letztmalig mit Schriftsätzen von Januar 2005, einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist in vollem Umfang begründet.
Zwischen den Parteien ist ein Mandatsverhältnis, also ein Dienstvertrag im Sinne des § 611 BGB begründet worden.
Gegenstand des Vertrages...