Zusammenfassung
Eine Klausel in den AGB einer Transportversicherung, die den Ersatz des Transportguts auf das Versandmaximum des Spediteurs beschränkt, ist unwirksam, weil die angemessene Risikoverteilung zwischen den Parteien hierdurch erheblich gestört wird.
Hintergrund: Haftungssumme der Versicherung gekoppelt an die des Spediteurs
Die Klägerin hatte mit der Beklagten einen Vertrag geschlossen, in dem alle Güter, die von einem Spediteur für die Klägerin transportiert werden, gegen Beschädigung oder Verlust versichert wurden. Die Höhe der Versicherung wurde mit zwei Obergrenzen versehen: Der maximal zu leistende Betrag belief sich auf 15.000 EUR. Für den Fall, dass der Spediteur in seinen AGB die Haftung gegenüber der Klägerin auf einen niedrigeren Betrag begrenzt, sei auch die Entschädigungssumme des Versicherers in eben dieser Höhe eingeschränkt.
Die Klägerin veräußerte in der Folgezeit 20 Mobiltelefone mit einem Gesamtwert von rund 14.000 EUR. Sie wurden einem Spediteur zum Transport übergeben. Dieser meldete gegenüber der Klägerin den Verlust der gesamten Sendung und bezahlte die von ihm entsprechend seiner AGB geschuldete Haftungshöchstsumme von 2.500 EUR.
Daraufhin machte die Klägerin den Ausgleich des verbleibenden Schadens gegenüber der Beklagten unter Berufung auf den Versicherungsvertrag gerichtlich geltend. Die Beklagte wandte insbesondere ein, gemäß der AGB sei ihre Haftung ebenso wie die des Spediteurs auf 2.500 EUR begrenzt. Die Klage war erfolgreich (abzüglich der Umsatzsteuer und eines vereinbarten Selbstbehalts). Daraufhin legte die Beklagte Berufung ein, über die das OLG München zu entscheiden hatte.
AGB-Kontrolle: unzulässige Risikoverteilung (Urteil des OLG München v. 7.06.2017, Az. 7 U 4170/16)
Die Berufung hatte keinen Erfolg. Die Beklagte könne sich insbesondere nicht auf die Begrenzung der Versicherungsleistung berufen, die sich nach der Haftung des Spediteurs richtet. Die Klausel der Beklagten halte einer AGB Kontrolle nicht stand und sei somit unwirksam, weil sie wesentliche Pflichten der Beklagten einschränke und hierdurch den Vertragszweck gefährde. Die Risikoverteilung sei in unzulässigem Maße zu Lasten der Klägerin verschoben worden.
Denn eine derartige Haftungsbegrenzung würde dazu führen, dass der Umfang der Ersatzleistungen von Versicherer und Transporteur deckungsgleich wäre. Sobald also der Spediteur den Ersatz leisten würde, stünde dem Versicherten kein weitergehender Anspruch gegen den Versicherer zu. Ersetzt aber der Versicherer den Verlust, geht der Anspruch des Versicherten gegen den Spediteur auf ihn über. Der Versicherer könnte sich dann in voller Höhe bei diesem schadlos halten. Der Versicherer würde demnach von den Prämien des Versicherten profitieren, ohne ein wirtschaftliches Risiko tragen zu müssen. Der Versicherte zahle die Prämien aber gerade deshalb, weil er sich gegen Schäden schützen wolle, die der Transporteur nicht ersetze. Die Beklagte könne sich somit nur auf die allgemeine Begrenzung der Haftung i.H.v. 15.000 EUR, nicht jedoch auf die Begrenzung des Spediteurs berufen.
Anmerkung: AGB unter Unternehmern
Das Urteil des OLG München zeigt, dass auch im B2B-Verhältnis der Verwendung von AGB enge Grenzen auferlegt sind, sobald vertragliche Pflichten abgeändert werden sollen, die für die Durchführung des Vertrages essentiell sind und das wirtschaftliche Risiko der Parteien erheblich beeinflussen. So bedürfen z.B. auch Preisanpassungsklauseln eines sachlichen Grundes (etwa die Steigerung von Materialkosten). Die Anpassung muss sich dann auf die tatsächlich eingetretene Änderung beschränken, um nicht das Gleichgewicht der in dem Vertrag festgelegten Pflichten zu stören.
Bei der Frage, ob eine AGB den anderen Unternehmer unangemessen benachteiligt, handelt es sich um eine Abwägungsentscheidung unter Berücksichtigung der Grundsätze des Handelsverkehrs. Die Grenzen des Zulässigen sind jedenfalls überschritten, wenn für gesetzliche Verpflichtungen ein gesondertes Entgelt verlangt wird oder wenn eine der Vertragsparteien sich einseitig von ihren Leistungspflichten ganz oder teilweise befreien kann. Bei der Gestaltung von Haftungsbegrenzungsregelungen in AGB ist darüber hinaus besondere Vorsicht geboten, da z.B. die Haftung für die Verletzung von Körper und Gesundheit und auch für die Verletzung von wesentlichen Vertragspflichten nicht zulässig ist. Verwendet ein Unternehmer AGB, die die andere Vertragspartei unangemessen benachteiligt, führt dies nicht nur zu Unwirksamkeit der jeweiligen Klausel, sondern außerdem droht ihm auch Abmahnungen von der Wettbewerbszentrale.