Am 25.1.2024 entschied das BAG über die Klage eines schwerbehinderten Bewerbers, der eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG forderte, weil er sich aufgrund seiner Schwerbehinderung im Bewerbungsverfahren benachteiligt fühlte. Der Kläger, der sich auf eine ausgeschriebene Stelle in der Finanzbuchhaltung eines Kirchenkreises der Evangelischen Kirche im Rheinland beworben hatte, wurde nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und argumentierte, dass dies eine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung gewesen sei.
Der Kläger vertrat die Auffassung, dass der Beklagte als Körperschaft des öffentlichen Rechts und somit als öffentlicher Arbeitgeber verpflichtet gewesen sei, ihn gemäß § 165 Satz 3 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht stehe dieser Verpflichtung nicht entgegen. Er forderte eine Entschädigung i. H. v. 7.500 EUR.
Das BAG stellte fest, dass der Kläger durch die Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung zwar eine unmittelbare Benachteiligung i. S. v. § 3 Abs. 1 AGG erlitten habe, der Kläger indes nicht ausreichend dargelegt habe, dass diese Benachteiligung aufgrund seiner Schwerbehinderung erfolgt sei. Das Gericht entschied, dass die unterbliebene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch nicht die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung begründet.
Der zentrale Punkt der Entscheidung war, dass der Beklagte als kirchliche Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht als öffentlicher Arbeitgeber i. S. v. § 165 Satz 3 SGB IX gilt. Das Gericht erläuterte, dass die kirchlichen Körperschaften aufgrund ihrer verfassungsrechtlich gewährleisteten Eigenständigkeit und Unabhängigkeit nicht in die staatliche Organisation eingebunden und somit staatsfern sind. Der Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts gemäß Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV dient der Unterstützung der Selbstbestimmung der Kirchen und unterscheidet sich grundlegend von weltlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts, die staatliche Aufgaben wahrnehmen.
Das Gericht entschied weiter, dass der Gesetzgeber bewusst keine Verpflichtung zur Einladung schwerbehinderter Bewerber für alle Arbeitgeber, einschließlich privater und kirchlicher, geschaffen habe. Die Vorbildfunktion, die öffentliche Arbeitgeber gemäß § 154 Abs. 2 SGB IX erfüllen sollen, sei auf staatliche Arbeitgeber beschränkt, die unmittelbar staatliche Aufgaben wahrnehmen.
Das BAG sah auch keine Verpflichtung zur Einladung des Klägers zu einem Vorstellungsgespräch aus einer möglichen Selbstbindung des Beklagten an staatliche Schutznormen. Der Kläger konnte nicht darlegen, dass der Beklagte oder die Evangelische Kirche im Rheinland entsprechende Verpflichtungen übernommen hätten.