3.1 Ausbleibende Beförderung wegen des Familiennamens

Es handelt sich hier um einen Einzelfall, den das ArbG Gelsenkirchen im Januar 2023 entschied und der den obigen Punkt verdeutlicht, dass Arbeitgeber besonnen auf Klagen reagieren sollten.[1] In diesem Fall legte der Kläger die Situation dar, dass ihm der Arbeitgeber eine versprochene Stelle vorenthalten habe. Im Gespräch sollen Vorgesetzte zu ihm gesagt haben, man könne ihm die Position nicht geben, da sein Familienname für einen Clan stehe, der bekannt sei für kriminelles Verhalten. Der Ruf des Unternehmens würde geschädigt, gebe man ihm die versprochene Stelle, habe einer der Verantwortlichen zu dem Kläger gesagt.

Das Gericht gab dem beklagten Arbeitgeber Recht und wies die Klage ab mit der Begründung, die Zugehörigkeit zu einer Familie ergebe von selbst noch keine ethnische Herkunft. Der im Urteil nachlesbare Klägervortrag sagte nichts darüber aus, ob die betreffende Familie Migrationsgeschichte aufweist oder nicht. Bei genauem Lesen ist erkennbar, dass es nicht darum ging, jemandem wegen eines "ausländisch" klingenden Namens Kriminalität zu unterstellen. Vielmehr soll wohl der Name allein ohne Bezugnahme auf die ethnische Herkunft der Anlass gewesen sein für den Arbeitgeber, dem Kläger die Stelle vorzuenthalten.

 
Wichtig

Benachteiligung wegen des Familiennamens ist eine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft

Es handelt sich – abseits dieses Falls – um eine unmittelbare Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft, wenn ein Vorgesetzter einen Nachnamen als nicht-deutsch identifiziert und als Grund nimmt für eine Schlechterbehandlung.[2] Schildert der Kläger allerdings einen Sachverhalt, nach welchem kein Entschädigungsanspruch vorliegt, ist die Klage unschlüssig und das Gericht weist sie ab.

3.2 Interne Bewerbung und gleiche Eignung, Bezugnahme auf äußeres Erscheinungsbild

In diesem Fall, den das LAG Rheinland-Pfalz im Januar 2018 entschied, ging es um einen Lokführer, der sich innerhalb eines Betriebs um einen Standortwechsel bewarb.[1] Er erhielt eine Absage. Im Rahmen des Bewerbungsgesprächs fragte der Leiter des Gesprächs den Lokführer danach, wo er herkomme. Der Lokführer antwortete, er komme aus Japan. Daraufhin entgegnete der Leiter des Gesprächs, das erkenne man an den Augen. Er fragte dann den Lokführer weiter, ob er für einen Besuch bei den Verwandten in Japan 3 Wochen Urlaub benötige, was nicht möglich sei wegen betrieblicher Erfordernisse. Aufgrund der Absage klagte der Lokführer und machte geltend, dass ihn der Leiter des Gesprächs wegen seiner ethnischen Herkunft benachteiligt habe. Er nahm unterstützend Bezug auf einen Tarifvertrag, nach welchem bei gleicher Eignung interne Bewerber den Vorzug bekommen mussten. Aus diesem ergab sich die Entscheidung des Gerichts, dass der Arbeitgeber dem Bewerber den Standortwechsel gewähren musste. Die Darlegungen des Arbeitgebers, wonach der sich bewerbende Lokführer nicht gleich geeignet gewesen sein soll, waren nicht stichhaltig. Vereinzelte, vage Hinweise auf kleinere Fehler nach Jahren der Betriebszugehörigkeit reichten dem Gericht nicht.

Der Arbeitgeber musste auch eine Entschädigung an den Lokführer zahlen. Die Herkunft seiner Mutter aus Japan begründen einen Teil ethnische Herkunft, an die die Vertreter des Arbeitgebers anknüpften. Auf einen Vollbeweis, dass der Arbeitgeber den Bewerber diskriminierte, konnte das Gericht gemäß § 22 AGG verzichten. Es genügte der Beweis, dass die Leiter des Gesprächs ihn nach seiner Herkunft fragten, dass dies an seinen Augen erkennbar sei und, dass sie zu ihm sagten, 3 Wochen Urlaub für einen Verwandtenbesuch seien ein Problem. Das sind Indizien, die eine Diskriminierung vermuten lassen, weil sie eine solche überwiegend wahrscheinlich machen. Bezüglich der Höhe nahm das Gericht § 15 Abs. 2 AGG als Bemessungsgrundlage.[2]

[1] LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 16.1.2018, 6 Sa 299/17.
[2] LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 16.1.2018, 6 Sa 299/17, Rzn. 44 f.

3.3 Diskriminierende (Nicht-)Entfristung

In einem anderen Fall, den dasselbe LAG 7 Jahre früher im März 2011 entschied[1], ging es um eine befristet beschäftigte Mitarbeiterin, deren Vertrag der Arbeitgeber nicht entfristete, sondern auslaufen ließ. Im etwa gleichen Zeitraum entfristete der Arbeitgeber die Verträge zweier anderer Mitarbeiter, die sich in einer vergleichbaren Situation befanden. Die Klägerin, deren Vertrag nicht entfristet wurde, war türkisch. Die anderen Mitarbeiter, die eine Entfristung bekamen, waren deutsch. In dem (öffentlichen) Betrieb waren sonst keine muslimischen bzw. türkischen Mitarbeiter angestellt. Das Gericht entschied, dass ausreichend Indizien[2] für eine Benachteiligung vorlagen und gestand der Klägerin eine Entschädigung zu.

Interessant an dem Fall ist die Herangehensweise des Gerichts. Den Sachverhalt konnte man von außen, ohne tieferen Einblick, für neutral halten. Zu keinem Zeitpunkt war formal eine diskriminierende Haltung aufseiten des Arbeitgebers erkennbar. Ein befristeter Arbeitsvertrag läuft aus, ohne dass es einer Begründung bedarf.[3] Wie soll also jemand nachweisen können,...

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