Unter bestimmten Umständen kann eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt sein, bspw.

  • wegen beruflicher Anforderungen gemäß § 8 AGG:

Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines der 8 in § 1 AGG genannten Merkmale ist danach nur zulässig, wenn das Merkmal "wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist".

Berufliche Anforderungen können beispielsweise eine konkrete Anforderung an das Geschlecht sein oder wegen Kundenerwartungen.

Hinweis:

Ob Kundenerwartungen oder Kundenwünsche eine Differenzierung rechtfertigen können (sog. "Customer Preferences"), kann nicht allgemein beantwortet werden. Das BAG geht von folgendem Grundsatz aus: Liegt einem Unternehmenskonzept eine bestimmte Erwartung Dritter zugrunde, darf diese nicht ihrerseits diskriminierend sein. Insoweit ist davon auszugehen, dass Erwartungen Dritter, die auf deren Schamgefühl beruhen, ebenso wie die Notwendigkeit einer bestimmten Geschlechtszugehörigkeit zur Authentizität der Aufgabenwahrnehmung legitim sind und ihnen kein diskriminierender Charakter innewohnt. Gleiches gilt, wenn ein Vertrauensverhältnis zu einer bestimmten Gruppe erforderlich ist und dieses erfordert, dass der fragliche Arbeitnehmer selbst dieser Gruppe angehört.

  • wegen der Religion oder Weltanschauung gemäß § 9 AGG;
  • wegen des Alters gemäß § 10 AGG.
 
Hinweis

Zulässige Bevorzugung benachteiligter Gruppen

Das AGG lässt eine Ungleichbehandlung zu, wenn dadurch tatsächliche Nachteile wegen eines im Gesetz genannten Diskriminierungsgrundes verhindert oder ausgeglichen werden sollen.[1] Es handelt sich dabei um eine umgekehrte Diskriminierung oder positive Maßnahme. Dies erfordert gezielte Maßnahmen zur Förderung bisher benachteiligter Gruppen nicht nur durch den Gesetzgeber[2], sondern auch durch Arbeitgeber, Tarifvertragsparteien und Betriebspartner.[3]

Die Vorschrift lässt Maßnahmen zur Behebung bestehender Nachteile ebenso zu wie präventive Maßnahmen zur Vermeidung künftiger Nachteile. Die Maßnahmen müssen nach objektivem Maßstab geeignet und angemessen sein und bedürfen im konkreten Fall der Abwägung mit Rechtspositionen der von ihnen negativ Betroffenen. Das schließt einen absoluten Vorrang der zu fördernden Gruppe aus.[4]

Beispiel: Frauenförderung

  • Als positive Maßnahme zur Frauenförderung kann eine Quotenregelung (Frauenquote) zulässig sein.
  • Eine zulässige Positivmaßnahme bzw. eine nach § 8 AGG gerechtfertigte Benachteiligung von Männern durch eine Quotenregelung zugunsten von Frauen bei der Einstellung ist gegeben, wenn im betreffenden Bereich weniger Frauen als Männer beschäftigt werden und wenn Frauen nur bei gleicher Eignung bevorzugt werden. Als Ausnahmeregelungen zum Benachteiligungsverbot sind Quotenregelungen eng auszulegen.
  • Die Zahlung einer Geburtsbeihilfe nur an Arbeitnehmerinnen kann zulässig sein, wenn diese dazu bestimmt ist, die beruflichen Nachteile auszugleichen, die diesen aus ihrer Abwesenheit vom Arbeitsplatz entstehen.

Beispiel: Maßnahmen zugunsten von Menschen mit Behinderungen

Ein weiteres Beispiel für eine (zulässige) positive Maßnahme ist die Verpflichtung öffentlicher Arbeitgeber, schwerbehinderte Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen.[5] Im Fall der Missachtung ist eine Diskriminierung indiziert.[6] Gleiches gilt bei einem Verstoß gegen die Förderpflichten gemäß § 164 SGB IX (die Pflicht zur Anzeige einer freien Stelle gegenüber der Agentur für Arbeit[7] und die unterbliebene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung[8]).

[3] BT-Drucks. 16/1780, S. 38.
[4] Vgl. zur Frauenförderung im öffentlichen Dienst (einzelfallbezogene Quotenregelung) z. B. EuGH, Urteil v. 28.3.2000, C-158/97 (Badeck); EuGH, Urteil v. 6.7.2000, C-407/98 (Abrahamsson).

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