1. Anfechtung eines Prozessvergleichs
Das Verfahren vor und nach Anfechtung eines Prozessvergleichs ist eine einzige Angelegenheit. Daher bleibt es beim alten Gebührenrecht, wenn der Vergleich vor dem 31.7.2013 geschlossen und danach angefochten worden ist.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Anwalt erstmals mit der Anfechtung des Vergleichs beauftragt worden ist.
Neues Recht ist allerdings anzuwenden, wenn zwischen Vergleich und Anfechtung mehr als zwei Kalenderjahre vergangen sind (BGH AGS 2010, 477).
2. Anrechnung
Bei aufeinander anzurechnenden Gebühren liegen grundsätzlich verschiedene Angelegenheiten vor. Dies gilt insbesondere für zeitlich aufeinander folgende Tätigkeiten wie Beratung, außergerichtliche Vertretung, Mahnverfahren etc. Für die jeweilige Angelegenheit ist der Tag ihrer Auftragserteilung maßgebend. In der neuen Angelegenheit werden dann aber nur die Beträge nach altem Recht angerechnet. Es kann nicht mehr angerechnet werden, als der Anwalt erhalten hat.
Beispiel
Der Anwalt war im Mai 2013 beauftragt worden, den Mandanten außergerichtlich zu vertreten. Im August 2013 erhält der Anwalt Klageauftrag.
Für die außergerichtliche Vertretung gilt altes Recht, für die gerichtliche Vertretung gilt neues Recht. Die Geschäftsgebühr ist nach den alten Beträgen hälftig auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist (Vorbem. 3 Abs. 4 VV).
3. Anwalt in eigener Sache
Wird ein Rechtsanwalt in eigener Sache tätig, so kann er seine Kosten nach neuem Gebührenrecht erstattet verlangen (§ 91 Abs. 2 S. 3 ZPO), wenn seine Tätigkeit nach dem Stichtag begonnen hat (OLG München AGS 2005, 342; KG JurBüro 1976, 762).
4. Anwaltswechsel
Bei einem Anwaltswechsel kann der neue Anwalt, sofern er nach dem Stichtag beauftragt worden ist, nach neuem Recht abrechnen (OLG München MDR 1995, 967 = OLGR 1995, 264 = JurBüro 1995, 415; OLG Nürnberg JurBüro 1995 475). Nach der Rspr. sind in diesem Fall allerdings nur die Kosten nach altem Recht zu erstatten, wenn der Anwaltswechsel nicht ausnahmsweise notwendig war (LG Berlin JurBüro 1988 752 = Rpfleger 1988, 123; OLG München JurBüro 1989, 977; LG Duisburg AGS 2005, 446 m. Anm. Schons und N. Schneider).
5. Arrest- und einstweiliges Verfügungsverfahren
Arrest- und einstweilige Verfügungsverfahren stellen nach § 17 Nr. 4 Buchst. a) und b) RVG gegenüber dem Hauptsacheverfahren eine eigene Angelegenheit dar. Ist vor dem 1.8.2013 ein Arrest- oder einstweiliges Verfügungsverfahren eingeleitet worden und erst nach dem 31.7.2013 das Hauptsacheverfahren, so stehen dem Anwalt im Hauptsacheverfahren die Gebühren nach neuem Recht zu, es sei denn, der Auftrag zur Hauptsache ist ihm bereits zusammen und unbedingt bei der Mandatierung im Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren erteilt worden.
Wird umgekehrt vor dem Stichtag das Hauptsacheverfahren betrieben und erhält der Anwalt erst nach dem Inkrafttreten der Gebührenänderung den Auftrag für ein Arrest- oder ein einstweiliges Verfügungsverfahren, so erhält er hierfür die Vergütung nach neuem Recht.
Anders verhält es sich bei Anordnungs- und Abänderungs- oder Aufhebungsverfahren, da insoweit nur eine Angelegenheit vorliegt (§ 16 Nr. 5 RVG).
Beispiel
Der Anwalt hatte im Mai 2013 eine einstweilige Verfügung erwirkt. Im August 2013 beantragt der Gegner, die Verfügung wegen veränderter Umstände aufzuheben.
Da Anordnungs- und Aufhebungsverfahren eine einzige Angelegenheit sind, bleibt es bei den Gebühren nach altem Recht, sofern überhaupt neue Gebühren anfallen.
6. Auslagen
Die Vorschrift des § 60 RVG gilt auch für Auslagen des Rechtsanwalts (OLG Koblenz JurBüro 1989, 208; OLG Schleswig SchlHA 1989, 80; VG Braunschweig JurBüro 1989, 806). Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 RVG sind unter dem Begriff "Vergütung" sowohl die Gebühren als auch die Auslagen zu verstehen.
Unternimmt der Anwalt eine Geschäftsreise, in der er Termine in verschiedenen Angelegenheiten wahrnimmt, die zum Teil nach altem Recht, zum Teil nach neuem Recht zu beurteilen sind, so ist auch hier zu differenzieren und nach Vorbem. 7 Abs. 3 VV getrennt nach der jeweiligen Quote und Höhe abzurechnen.
7. Außergerichtliche Vertretung
Die außergerichtliche Vertretung ist eine Angelegenheit, unabhängig davon, wie lange sie dauert (BGH AnwBl 1995, 377 = NJW 1995, 1431 = NZV 1995, 229).
8. Aussetzung
Ist das Verfahren vor dem 1.8.2013 ausgesetzt und erst nach dem 31.7.2013 wieder aufgenommen worden, bleibt es beim bisherigen Recht. Auf den Zeitpunkt der Wiederaufnahme kommt es nicht an, selbst wenn zwischenzeitlich zwei Kalenderjahre abgelaufen sind.
9. Bedingter Auftrag
War lediglich ein bedingter Auftrag erteilt worden, so ist nach § 60 Abs. 1 RVG der spätere Zeitpunkt des Bedingungseintritts (§ 158 BGB) maßgebend (OLG Bamberg JurBüro 1987, 1678; 1989, 497).
Häufigster Anwendungsfall ist der, dass der Anwalt mit einer bestimmten Tätigkeit beauftragt wird und für den Fall, dass diese zu keinem Erfolg führe, er bereits den Auftrag zu weiterer Tätigkeit erhält (OLG Nürnberg JurBüro 1976, 1643; OLG Bamberg JurBüro 1989, 497; LG Berlin JurBüro 1988, 752 = Rpfleger 1988, 123; OLG Koblenz AGS 1995, 133 = MDR 1995, 1173).
Beispiel
Der Anwalt hatte vom Mandanten im Juli 2013 den Auftrag erhalten, einen Schuldner anzumahnen, und für den...