aa) Bewertung
20 % der Ehesache
Wird im Scheidungsverbund auch die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge, das Umgangsrecht oder die Herausgabe eines gemeinschaftlichen Kindes der Ehegatten oder das Umgangsrecht eines Ehegatten mit dem Kind des anderen Ehegatten anhängig (§ 137 Abs. 3 FamFG) gemacht, so gilt nicht der Regelwert des § 45 FamGKG; vielmehr "erhöht" sich der Wert der Ehesache um 20 % (§ 44 Abs. 2 S. 1, 1. Hs. FamGKG). Entgegen der gesetzlichen Formulierung wird aber nicht die Kindschaftssache im Rahmen der Ehesache mit bewertet. Vielmehr soll ausweislich der Begründung des Gesetzgebers für die Kindschaftssache ein zusätzlicher Wert festgesetzt werden, der sich prozentual aus dem Wert der Ehesache ableitet.
Höchstwert 3.000 EUR
Der Wert einer Kindschaftsfolgesache darf allerdings höchstens 3.000,00 EUR betragen.
Mehrere Kinder sind ein Gegenstand
Kindschaftssachen, die mehrere Kinder betreffen, gelten als ein Verfahren (§ 44 Abs. 2 S. 1, 2. Hs. FamGKG). Sie führen also nicht zu einer Wertaddition.
Mehrere Kindschaftssachen sind zu addieren
Dagegen sind die Werte mehrerer Kindschaftssachen (z.B. Umgangsrecht und elterliche Sorge) gesondert zu bewerten und zusammenzurechnen. Werden also elterliche Sorge und Umgangsrecht als Folgesache geltend gemacht, so ist jeweils ein Wert von 20 % des Wertes der Ehesache anzusetzen.
Soweit der sich prozentual errechnete Betrag oder der Höchstbetrag des § 44 Abs. 2 FamGKG unbillig ist, kann das Gericht nach § 44 Abs. 3 FamGKG auch einen höheren oder niedrigeren Wert festsetzen.
bb) Mehrwertvergleich über Kindschaftssache
Für Mehrwertvergleiche gilt Regelwert
Die Regelung des § 44 Abs. 2 FamGKG gilt nur dann, wenn eine der genannten Kindschaftssachen Folgesache i.S.d. § 137 Abs. 3 FamFG geworden ist. Erforderlich ist also eine Anhängigkeit der Kindschaftssache. Das bloße Mitvergleichen reicht nicht aus.
Beispiel
Im Scheidungsverfahren beträgt der Wert der Ehesache 6.000,00 EUR und der des Versorgungsausgleichs 1.200,00 EUR. Die Eheleute schließen einen Vergleich über das nicht anhängige Umgangsrecht, der nach § 156 Abs. 2 FamFG gerichtlich gebilligt wird.
Der Wert für den Vergleich über das Umgangsrecht richtet sich jetzt nicht nach § 44 Abs. 2 FamGKG (20 % aus 6.000,00 EUR = 1.200,00 EUR), sondern nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG, so dass vom Regelwert i.H.v. 3.000,00 EUR auszugehen ist.
Vergleich über nicht anhängige Kindschaftssache
Wird im Scheidungsverbundverfahren ein Folgenvergleich über Kindschaftssachen geschlossen, ohne dass diese als Folgesache anhängig waren, so ist vom Regelwert gem. § 45 Abs. 1 FamGKG auszugehen.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.8.2015 – 16 WF 161/15, AGS 2015, 456 = NJW-Spezial 2015, 669 = NZFam 2015, 1021
cc) Abtrennung einer Kindschaftssache
Im Falle der Abtrennung einer Kindschaftssache nach § 140 Abs. 2 Nr. 3 FamFG (§ 137 Abs. 3, Abs. 5 S. 2 FamFG) kommt es ausnahmsweise zur Auflösung des Verbunds. Die abgetrennte Kindschaftssache ist dann entgegen § 137 Abs. 5 S. 1 FamFG nicht mehr Folgesache, sondern wird zu einer selbstständigen Familiensache. Das hat auch kostenrechtliche Konsequenzen. Der gebührenrechtliche Verbund § 44 Abs. 1 FamGKG; § 16 Nr. 4 RVG) wird aufgelöst.
Kommt es zu einer solchen Abtrennung, so dass das abgetrennte Verfahren zur selbstständigen Familiensache wird, ändert sich damit auch die Wertvorschrift. Es gilt nicht mehr § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG (20 % der Ehesache), sondern es gilt jetzt der (Regel-)Wert des § 45 Abs. 1 FamGKG i.H.v. 3.000,00 EUR.
Verfahrenswert bei Abtrennung einer Kindschaftssache
Nach der Abtrennung wird eine Scheidungsfolgesache (hier: das Sorgerechtsverfahren) gemäß § 623 Abs. 2 S. 4 ZPO als selbstständige Familiensache fortgeführt. Daher ist auch der Gegenstandswert des Verfahrens selbstständig gemäß § 30 Abs. 2 KostO [jetzt § 45 Abs. 1 FamGKG] zu bestimmen.
OLG Hamm, Beschl. v. 6.2.2008 – II-5 WF 15/08, AGS 2008, 403 = FamRZ 2008, 1095 = NJW-Spezial 2008, 540 (noch zur früheren Rechtslage nach der ZPO und der KostO)
Beispiel
Im Scheidungsverfahren beträgt der Wert der Ehesache 6.000,00 EUR und der des Versorgungsausgleichs 1.200,00 EUR. Das zunächst als Folgesache eingeleitete Verfahren über die elterliche Sorge wird nach § 140 Abs. 2 S. 1, 2 Nr. 3 FamFG abgetrennt.
Im Scheidungsverfahren galt ein Verfahrenswert für die Folgesache elterliche Sorge i.H.v. 20 % x 6.000,00 EUR = 1.200,00 EUR. Im Verfahren nach Abtrennung ist die elterliche Sorge dagegen mit dem Regelwert des § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG i.H.v. 3.000,00 EUR zu bewerten.
Dem Anwalt steht insoweit ein Wahlrecht zu, wie er abrechnet. Er kann zum einen das Verbundverfahren insgesamt abrechnen, also aus den zusammengerechneten Werten von Ehesache, Versorgungsausgleich und elterlicher Sorge. Er kann aber auch das Scheidungsverfahren ohne die elterliche Sorge abrechnen und diese dann aus dem höheren Wert gesondert.
I. Gemeinsame Abrechnung Verbundverfahren |
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1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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659,10 EUR |
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(Wert: 8.400,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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608,40 EUR |
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(Wert: 8.400,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 V... |