aa) Überblick
10 % des dreifachen Nettoeinkommens
Für Verfahren über den Versorgungsausgleich anlässlich der Scheidung, also insbesondere für den Versorgungsausgleich im Verbundverfahren, sind je Anrecht, das Gegenstand des Verfahrens ist, 10 % des dreifachen Nettoeinkommens beider Ehegatten anzusetzen (§ 50 Abs. 1 FamGKG).
Abzustellen ist auf das Einkommen beider Ehegatten und zwar zum Zeitpunkt, in dem das Scheidungsverfahren eingeleitet wird (§ 34 FamGKG). Dabei ist jedes gesetzliche und jedes sonstige Anrecht gesondert zu bewerten.
Beispiel
Beide Eheleute haben jeweils eine gesetzliche Anwartschaft; der Ehemann darüber hinaus auch noch eine betriebliche Altersversorgung.
Verfahrensgegenstand sind drei Anrechte, so dass für jedes Anrecht 10 % des dreifachen "reinen" Nettoeinkommens der Eheleute anzusetzen ist, also 30 % des dreifachen Nettoeinkommens.
Je nach Anzahl der Anrechte kann der Versorgungsausgleich auch 100 % des dreifachen Nettoeinkommens übersteigen.
bb) Ost- und Westanwartschaften
Ost- und Westanwartschaften sind gesondert zu bewerten
Sind bei demselben Rententräger sowohl Ost- als auch West-Anrechte auszugleichen, so sind diese gesondert zu bewerten. Die anfangs vertretene Gegenauffassung ist zwischenzeitlich überholt.
Bewertung von Ost- und Westanrechten
Die bei einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte in der allgemeinen Rentenversicherung und in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) sind separate Anrechte, die im Rahmen der Wertfestsetzung nach § 50 Abs. 1 FamGKG gesondert zu berücksichtigen sind.
OLG Dresden, Beschl. v. 3.4.2014 – 19 WF 236/14, AGS 2014, 480 = NZFam 2014, 617 = NZS 2014, 591 = FamRZ 2014, 1808
Bewertung von Ost- und Westanrechten
Ost- und Westanrechte sind hinsichtlich des Verfahrenswertes gem. § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG gesondert zu bewerten.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 11.2.2016 – 10 WF 71/15, AGS 2016, 337 = MDR 2016, 529 = FamRZ 2016, 1298 = FF 2016, 326 = NJW 2016, 2894 = FuR 2016, 482 = NJ 2016, 344 = FamRB 2016, 429
cc) Kein Abzug von Kinderfreibeträgen
Kein Abzug von Kinderfreibeträgen
Während im Rahmen der Ehesache die Auffassung vertreten wird, vom Einkommen seien Kinderfreibeträge in Abzug zu bringen, ist dies beim Versorgungsausgleich nicht möglich.
Kein Abzug von Kinderfreibeträgen
Der Verfahrenswert für Versorgungsausgleichssachen bestimmt sich nach dem dreimonatigen Nettoeinkommen der Eheleute ohne Abzug eines Freibetrages für unterhaltsberechtigte Kinder.
OLG Nürnberg, Beschl. v. 13.3.2012 – 7 WF 290/10, AGS 2012, 246 = MDR 2012, 588 = JurBüro 2012, 362 = FamRZ 2012, 1750 = NJW-Spezial 2012, 315 = FF 2012, 263 = FuR 2012, 497
dd) Unterbliebener Versorgungsausgleich
Unterbleibt der Versorgungsausgleich, ist die Bewertung zum Teil umstritten.
aaa) Ausgleichsfähige Anrechte
(1) Grundsatz
Bewertung auch bei unterbliebenem Ausgleich
Ausgleichsfähige Anrechte sind auch dann zu bewerten, wenn der Versorgungsausgleich unterbleibt.
(2) Kein Ausgleich wegen kurzer Ehezeit
Das gilt dann, wenn der Ausgleich nach § 3 Abs. 3 VersAusglG wegen kurzer Ehezeit unterbleibt.
Kein Ausgleich wegen kurzer Ehezeit
Für ein Versorgungsausgleichsverfahren ist nach § 50 FamGKG auch dann ein Gegenstandswert festzusetzen, wenn Anträge nach § 3 Abs. 3 VersAusglG nicht gestellt werden.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.6.2010 – II-7 WF 10/10, AGS 2010, 398 = FuR 2010, 525 = FamRZ 2010, 2102 = JurBüro 2011, 259 = RVGreport 2010, 397 = ZFE 2010, 428
(3) Kein Ausgleich wegen Geringfügigkeit
Das Anrecht ist auch dann zu bewerten, wenn der Ausgleich nach § 18 VersAusglG wegen Geringfügigkeit unterbleibt.
Kein Ausgleich wegen Geringfügigkeit
Bei der Ermittlung des Verfahrenswerts einer Versorgungsausgleichssache sind sämtliche während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte zu berücksichtigen, auch die, bei denen wegen Geringfügigkeit ein Ausgleich nicht stattfindet.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.2.2014 – 9 WF 22/14, FamRZ 2014, 1808 = AGS 2014, 569 = NZFam 2014, 1158
(4) Kein Ausgleich wegen vertraglichen Ausschlusses
Ebenso sind Anrechte zu bewerten, wenn nach §§ 6, 8 VersAusglG ein Ausgleich wegen vertraglichen Ausschlusses unterbleibt.
Kein Ausgleich wegen vertraglichen Ausschlusses
Für eine Versorgungsausgleichssache ist ein Verfahrenswert auch dann festzusetzen, wenn der Versorgungsausgleich durch eine Vereinbarung der Parteien ausgeschlossen wurde. Denn ein Versorgungsausgleichsverfahren ist von Amts wegen auch dann einzuleiten, wenn die Eheleute eine Vereinbarung getroffen haben, deren Wirksamkeit vom Gericht zu überprüfen ist. Damit bestimmt sich der Verfahrenswert nach § 50 Abs. 1 FamGKG.
OLG München, Beschl. v. 31.5.2011 – 12 WF 831/11, OLG München AGS 2011, 389 = FamRZ 2011, 1813 = RVGreport 2011, 313 = FF 2012, 43
Der Wert nach § 50 FamGKG gilt auch dann, wenn die Beteiligten sich darüber str...