Hat der Anwalt in einem sozialgerichtlichen Verfahren gegen die zu geringe PKH-Vergütungsfestsetzung Erinnerung eingelegt, erhält er in der Regel einen Beschluss des Richters, der mit dem Hinweis endet, dass die Entscheidung gem. §§ 178, 197 Abs. 2 SGG unanfechtbar sei.

  • LSG-Niedersachsen-Bremen NdsRpfl 2008, 87; RVGreport 2007, 384; NdsRpfl 2007, 136 = RVGreport 2007, 99,
  • LSG Berlin-Brandenburg RVGreport 2008, 420; Beschl. v. 24.2.2009 – L 15 SF 9/09 B; Beschl. v. 23.7.2008 – L 18 B 76/08 SF,
  • LSG Saarland AGS 2009, 195 = JurBüro 2009, 260,
  • LSG Mainz, Beschl. v. 7.4.2008 – L 2 B 47/08 SB,
  • LSG Thüringen, Beschl. v. 18.2.2008 – L 6 3/08 SF.

Schon auf den ersten Blick mutet das Ergebnis sonderbar an, da die Festsetzung der PKH-Vergütung und die hiergegen gegebenen Rechtsbehelfe und Rechtsmittel im RVG geregelt sind (nämlich in den §§ 55 ff. RVG) und nicht in den jeweiligen Verfahrensordnungen der ZPO, der VwGO oder – wie hier – im SGG. Das RVG sieht aber nach § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 RVG ausdrücklich die Beschwerde gegen eine Erinnerungsentscheidung vor, sofern der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Das RVG enthält für die PKH-Vergütungsfestsetzung eigenständige Regelungen

Das RVG enthält für den Vergütungsanspruch des im PKH-Verfahren beigeordneten Rechtsanwalts spezielle Sonderregelungen, die die allgemeinen prozessualen Bestimmungen des SGG verdrängen. Damit ist § 56 Abs. 2 RVG gegenüber § 178 SGG vorrangig. Insoweit führt das LSG Schleswig-Holstein RVGreport 2008, 421 = ASR 2009, 65 = NZS 2009, 534 zutreffend aus:

“Dem LSG Niedersachsen-Bremen, das im Gegensatz dazu in § 197 SGG die speziellere und abschließende Vorschrift sieht, folgt der Senat nicht. Diese Gesetzesauslegung beachtet die Verweisung des § 73a SGG nicht und entspricht auch nicht dem Willen des Gesetzgebers, wie er sich in der Gesetzesgeschichte manifestiert hat. § 197 SGG stammt aus dem Jahre 1957. Zeitgleich schuf der Gesetzgeber damals die BRAGO, in deren § 128 die Vergütung des Anwalts aus der Landeskasse verfahrensmäßig geregelt war. Gerade dieses zeitgleiche Nebeneinander der Regelungen zeigt den gesetzgeberischen Willen, für die Vergütung des Rechtsanwalts aus den Bundes- und Landeskassen in Sozialrechtsstreitigkeiten Sondervorschriften einzuführen. Daran hat sich auch nichts geändert, als § 73a SGG eingeführt wurde und als die BRAGO 2004 durch das RVG abgelöst wurde. Die Materialien besagen hierzu, dass §§ 55 und 56 den § 128 BRAGO unverändert übernommen haben, was das einzuhaltende Verfahren betrifft. Es hätte bei den zahlreichen Änderungen des Kostenrechts und des PKH-Rechts nach 1957 nahegelegen, das Vergütungsrecht der PKH-Anwälte anders als bislang zu regeln, wenn der Gesetzgeber diesen Willen gehabt hätte. Das hat er aber nicht getan, sondern durch Beibehaltung der bisherigen Regelungen den Willen zu speziellen Vorschriften in §§ 55, 56 und 33 RVG bestätigt.“

Ebenso

  LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 1.4.2009 – L 19 B 137/07 AS; RVGreport 2008, 456; Beschl. v. 4.6.2008 – L 19 B 5/08 AL; Beschl. v. 23. 7. 2008 – L 19 B 170/07 AS; RVGreport 2008, 303,
  LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 17.7.2008 – L 6 B 93/07,
  LSG Thüringen AGS 2008, 508 = SGb 2008, 620; Beschl. v. 19.6.2007 – L 6 B 80/07 SF,
LSG Sachsen, Beschl v. 8.2.2008 – L 6 B 466/07 R-KO.
 
Hinweis

Der Anwalt sollte sich daher von einer falschen Rechtsmittelbelehrung nicht abschrecken lassen, sondern Beschwerde einlegen. M.E. ist die einschränkende Rechtsprechung verfassungswidrig (Art. 20 Abs. 3 GG), da sie gegen den nach §§ 56 Abs. 1 S. 2, 33 Abs. 3 RVG garantierten Rechtsweg verstößt.

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