Nach § 32 Abs. 1 RVG ist ein Prozessbevollmächtigter berechtigt, im eigenen Namen Streitwertfestsetzung zu beantragen, und nach § 32 Abs. 2 RVG, gegen eine aus seiner Sicht unzutreffende, zu niedrige Wertfestsetzung Beschwerde einzulegen.
In der Praxis ist immer wieder zu beobachten, dass auch gegen vorläufige Streitwertfestsetzungen nach § 63 Abs. 2 GKG von Prozessbevollmächtigten eine Streitwertbeschwerde eingelegt wird.
Vorläufige Wertfestsetzung ist für Partei unanfechtbar
Für eine Partei ist eine solche vorläufige Wertfestsetzung unanfechtbar. Eine Partei kann durch die vorläufige Wertfestsetzung nicht beschwert sein, sondern erst durch die endgültige Wertfestsetzung. Im Falle einer unzutreffenden vorläufigen Wertfestsetzung kann eine Partei allenfalls dadurch beschwert sein, dass sie zu hohe Gerichtskosten vorauszahlen muss.
Möglich ist Beschwerde nach § 67 GKG
Dafür steht ihr aber die Beschwerde nach § 67 GKG gegen die Anordnung einer Vorauszahlung zu. In diesem Beschwerdeverfahren wird dann inzidenter auch die Höhe des festgesetzten Streitwerts mit geprüft, so dass die Partei also insoweit inzidenter die vorläufige Wertfestsetzung angreifen kann. Dies gilt allerdings nur für die Partei, die vorauszahlungspflichtig ist. Andere Beteiligte können vorläufige Wertfestsetzungen nicht angreifen.
Für den Prozessbevollmächtigten wird zum Teil vertreten, dass dieser gegen eine vorläufige Wertfestsetzung Beschwerde einlegen könne, da er – im Gegensatz zur Partei – beschwert sei. Er sei nämlich nach § 32 Abs. 1 GKG an die Wertfestsetzung gebunden und könne daher seine Vorschüsse auch nur nach dem festgesetzten Wert berechnen, so dass er gehindert sei, nach einem höheren zutreffenden Wert Vorschüsse anzufordern.
- OLG Köln AGS 2005, 80 = OLGR 2005, 276 = FamRB 2005, 136.
Vorläufige Wertfestsetzung ist auch für den Anwalt unanfechtbar
Die ganz überwiegende Rspr. lehnt dagegen auch eine Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten gegen eine vorläufige Wertfestsetzung ab, was im Ergebnis zutreffend ist.
- OLG Köln OLGR 2009, 26; OLGR 2005, 556; AGS 2005, 79 = OLGR 2005, 38 = RVGreport 2005, 159,
- OLG Koblenz OLGR 2008, 788 = MDR 2008, 1368 = NJW-RR 2009, 499,
- OLG Hamm OLGR 2005, 351 = FamRZ 2005, 1767 = MDR 2005, 1309,
- OLG Dresden OLGR 2008, 593 = ZMGR 2008, 285,
- OLG Bremen OLGR 2005, 738 = MDR 2006, 418,
- OLG Karlsruhe OLGR 2008, 10 = FamRZ 2007, 1669,
- OLG Jena AGS 2007, 258,
- OLG Frankfurt/M. AGS 2007, 256,
- LSG Baden-Württemberg ZMGR 2008, 283,
- LSG Rheinland-Pfalz AGS 2007, 149 = RVGreport 2007, 114.
Die Gegenauffassung verkennt nämlich, dass der Anwalt nach § 32 Abs. 1 RVG nur an eine endgültige Wertfestsetzung gebunden ist, nicht aber auch an eine vorläufige. Hat das Gericht den Streitwert vorläufig festgesetzt, so bleibt es dem Anwalt unbenommen, nach einem höheren Wert Vorschüsse zu verlangen. Dies ergibt sich daraus, dass der Anwalt nach § 9 RVG Vorschüsse auf zu erwartende Gebühren verlangen kann. Bei den zu erwartenden Gebühren handelt es sich aber um diejenigen, die nach der endgültigen zutreffenden Wertfestsetzung anfallen.