Die Kosten der eigenen Berufung und das damit verbundene Kostenrisiko lassen sich noch verhältnismäßig sicher kalkulieren. Kaum kalkulierbar ist jedoch das Kostenrisiko einer unselbstständigen Anschlussberufung der Gegenseite. Darauf sollte der Mandant gegebenenfalls hingewiesen werden.
Legt der eigene Mandant Berufung ein, so kann die Gegenseite eine selbstständige Anschlussberufung einlegen, aber auch eine unselbstständige Anschlussberufung (insbesondere nach Ablauf der Berufungsfrist). Dann hängt das Schicksal der unselbstständigen Anschlussberufung von dem Schicksal der Hauptberufung ab.
Wird die Hauptberufung zurückgenommen, verliert damit auch die Anschlussberufung ihre Wirkung. Ebenso verhält es sich, wenn die Hauptberufung im Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen wird. Auch dann verliert die Anschlussberufung ihre Wirkung. Es stellt sich dann die Frage, wie über die Kosten zu entscheiden ist.
Zum Teil wird Quotierung der Kosten vertreten
Ein Teil der Rspr. hat sich dafür ausgesprochen, die Kosten entsprechend der Werte von Berufung und Anschlussberufung zu quotieren:
- OLG Stuttgart AGS 2009, 409 = NJW-RR 2009, 863 = MDR 2009, 585 = FamRZ 2009, 1701,
- KG AGS 2008, 507 = MDR 2008, 1062 = WuM 2008, 506 = KGR 2008, 718 = NZV 2008, 635,
- OLG Bremen AGS 2008, 506 = OLGR 2008, 719 = MDR 2008, 1306,
- OLG München OLGR 2004, 456,
- OLG Dresden AGS 2004, 406 = OLGR 2004, 309 = MDR 2004, 1386 = Rpfleger 2004, 653,
- OLG Düsseldorf AGS 2003, 175 = OLGR 2003, 50 = Rpfleger 2003, 45 = MDR 2003, 288 = NJW 2003, 1260 = GuT 2003, 20.
Nach h.M. trägt der Berufungskläger die gesamten Kosten
Nach der zuletzt überwiegenden Rspr. soll in einem solchen Fall dagegen der Berufungskläger auch die Kosten der unselbstständigen Anschlussberufung zu tragen haben. Weder seien die Kosten der Anschlussberufung per se dem Anschlussberufungskläger aufzuerlegen, noch finde eine summarische Prüfung statt, ob dessen Anschlussberufung begründet gewesen wäre oder nicht. Allein aus der Rücknahme der Berufung folge die entsprechende Kostenpflicht des Berufungsklägers. Dies kann gegebenenfalls zu einer erheblichen Kostenmehrbelastung führen.
Lediglich dann, wenn die Anschlussberufung allein zur Erhöhung des Streitwerts oder in sonstiger Weise rechtsmissbräuchlich eingelegt ist, soll anders zu entscheiden sein. Es fragt sich allerdings, wie dies im Einzelfall festgestellt werden soll.
- KG, Beschl. v. 21.9.2009 – 23 U 8/09; KGR 2009, 927,
- OLG Frankfurt OLGR 2006, 1095,
- OLG Zweibrücken, Beschl. v. 1. 9. 2009 – 5 UF 24/09,
- OLG Celle AGS 2003, 217 = BauR 2003, 137 = OLGR 2003, 218 = NJW 2003, 2755,
- OLG Köln OLGR 2009, 496,
- OLG Schleswig OLGR 2009, 194 = SchlHA 2009, 158 = MDR 2009, 532 = FF 2009, 339,
- OLG Düsseldorf AGS 2003, 175 = Rpfleger 2003, 45 = MDR 2003, 288 = NJW 2003, 1260,
- OLG Hamburg MDR 2003, 1251 = OLGR 2003, 324 = OLGR 2003, 63.
Bei Berufungsrücknahme trägt Berufungskläger die Kosten der Anschlussberufung
Für den Fall der Berufungsrücknahme hat der BGH bereits entschieden, dass der Berufungskläger zwingend auch die Kosten der Anschlussberufung zu tragen hat (FamRZ 2006, 619 = BGHR 2006, 668 = MDR 2006, 586 = NJW-RR 2006, 1147 = BB 2006, 629). Es ist daher zu erwarten, dass er auch für den Fall der Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO entsprechend entscheiden wird.