Die Entscheidung ist zutreffend.
In einstweiligen Anordnungsverfahren wird in der Regel vorschnell ohne weiteres auf den hälftigen Hauptsachewert abgestellt, weil sich dies vermeintlich aus § 41 FamGKG ergebe. Die gesetzliche Systematik ist jedoch eine andere.
Auch bei einstweiligen Anordnungen ist zunächst einmal vom vollen Wert der Hauptsache auszugehen. Erst hiernach ist gem. § 41 S. 1 FamGKG zu fragen, ob die einstweilige Anordnung gegenüber der Hauptsache eine geringere Bedeutung hat.
Reduzierung nur bei geringerer Bedeutung
Ist die geringere Bedeutung gegenüber der Hauptsache zu bejahen, dann muss ein geringerer Wert festgesetzt werden. Es ist also ein Abschlag von der Hauptsache vorzunehmen. Insoweit sieht das Gesetz als "Regelwert" den hälftigen Hauptsachewert vor (§ 41 S. 2 FamGKG). Dieser Regelwert ist aber auch nicht bindend. Das Gericht kann auch noch unter den hälftigen Wert gehen oder einen Wert zwischen der Hälfte und dem vollen Hauptsachewert festsetzen.
Hauptsachewert kann nicht überschritten werden
Dagegen ist es nicht möglich, den Wert der Hauptsache zu überschreiten.
Kommt der einstweiligen Anordnung gegenüber der Hauptsache keine geringere Bedeutung zu, dann ist § 41 FamGKG erst gar nicht anwendbar. Es bleibt dann beim vollen Hauptsachewert.
Voller Wert bei eA auf Kostenvorschuss
Ein solcher Fall, in dem die einstweilige Anordnung keine geringere Bedeutung hat, wird schon seit jeher von der Rspr. in einstweiligen Anordnungsverfahren auf Zahlung eines Kostenvorschusses gem. § 246 Abs. 1 FamFG (früher § 127a ZPO) angenommen, da hier der volle Hauptsachebetrag geltend gemacht wird und die einstweilige Anordnung die Hauptsache, nämlich den Kostenvorschuss, faktisch endgültig regelt.
Voller Wert bei isolierter eA auf Unterhalt
Ebenso verhält es sich in einstweiligen Anordnungsverfahren auf Unterhalt, zumindest wenn sie isoliert – also ohne Hauptsache – geführt werden. Die Besonderheit bei einstweiligen Anordnungen auf Unterhalt besteht nämlich darin, dass hier kein vorläufiger Anspruch geltend gemacht wird, sondern der Zahlungsanspruch, also der Hauptsacheanspruch (siehe § 246 FamFG). Hinzu kommt, dass die einstweilige Anordnung bei fehlender Hauptsacheklage faktisch unbefristet ist und zudem häufig endgültige Klarheit schafft. Daher hat das OLG Düsseldorf zu Recht in einem isolierten einstweiligen Anordnungsverfahren den vollen Hauptsachewert angenommen (AGS 2010, 105 = NJW 2010, 1385 = JurBüro 2010, 305 = FPR 2010, 363 = NJW-Spezial 2010, 220 = RVGreport 2010, 158 = FuR 2010, 475), ebenso AG Lahnstein (AGS 2010, 264 = NJW-Spezial 2010, 412).
Geringerer Wert möglich bei eA neben Hauptsache
Ist dagegen bereits die Unterhalts-Hauptsache anhängig, wird von der Rspr. überwiegend ein Abschlag vorgenommen, da hier die einstweilige Anordnung nur zu einer vorläufigen Regelung führe. Dabei wird jedoch übersehen, dass hier der Hauptsacheanspruch geltend gemacht wird und in der Praxis eine einstweilige Anordnung keine geringere Bedeutung als die Hauptsache hat, sondern häufig sogar eine höhere, da der Unterhaltsgläubiger dringend auf den Unterhalt angewiesen ist.
Voller Wert bei eA nach dem GewSchG
Ebenso dürfte in Gewaltschutzsachen grundsätzlich vom vollen Hauptsachewert auszugehen sein, da hier die einstweilige Anordnung faktisch endgültige Regelungen schafft. Genau mit dieser Begründung wird nämlich häufig die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Hauptsache in dem einstweiligen Anordnungsverfahren versagt und als mutwillig angesehen (OLG Celle AGS 2010, 334 = FamRZ 2010, 1586 = MDR 2010, 1212; OLG Zweibrücken AGS 2010, 57 = ZFE 2010, 75 = NJW 2010, 540 = FGPrax 2010, 62 = FamRZ 2010, 666 = Familienrecht kompakt 2010, 26 = FamRB 2010, 43 = NJW-Spezial 2010, 124 = FuR 2010, 178 = FamRZ 2010, 1756).