I. Überblick
Kosten in Unterhaltsverfahren werden nach billigem Ermessen verteilt
Künftig hat das Gericht über die Kosten des Verfahrens in Unterhaltssachen grundsätzlich nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dies ergibt sich aus der Vorschrift des § 243 S. 1 FamFG. Von der Sonderregelung des § 243 FamFG erfasst werden aber nur die Unterhaltsstreitigkeiten nach § 231 Abs. 1 FamFG, also die durch Ehe, Verwandtschaft und nach den §§ 1615l, 1615m BGB begründeten Unterhaltsverpflichtungen, bei denen es sich um so genannte Familienstreitsachen i.S.d. § 112 Nr. 1 FamFG handelt.
Sonderregelung gilt nur für Familienstreitsachen
Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 2 FamFG sind Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, auf die § 243 FamFG ausdrücklich nicht anwendbar ist (§ 231 Abs. 2 S. 2 FamFG).
Für die Familienstreitsachen gelten über § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG zwar grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften der ZPO über die Kostenverteilung (§§ 91 ff. ZPO). Für Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 FamFG enthält das Gesetz jedoch eine Sonderregelung in § 243 FamFG. Diese Vorschrift verdrängt als speziellere Regelung insoweit die §§ 91 ff. ZPO.
Obsiegen und Unterliegen sind nicht allein entscheidend
Der Gesetzgeber rückt damit in Unterhaltssachen von einer an formalen Gesichtspunkten orientierten Kostenverteilung allein nach Obsiegen und Unterliegen ab und macht aus jeder Kostenentscheidung eine einzelfallbezogene Billigkeitsentscheidung. Nach seiner Begründung will der Gesetzgeber damit in Unterhaltssachen, im Gegensatz zu den übrigen Familienstreitsachen, deren Gegenstand einmalige Leistungen sind, dem Dauercharakter der Unterhaltsverpflichtung und den Befristungsmöglichkeiten des § 1578b BGB Rechnung tragen, was im Zusammenhang mit der Verfahrenswertermittlung nur begrenzt oder gar nicht möglich ist. Eine Sonderregelung für die Kostenverteilung in Unterhaltssachen war darüber hinaus auch deshalb erforderlich, weil durch Art. 29 FGG-ReformG die für Unterhaltsverfahren geltende Vorschrift des § 93d ZPO aufgehoben worden ist.
§ 93d ZPO ist durch das FGG-ReformG aufgehoben worden
Bereits § 93d ZPO ermöglichte eine Entscheidung nach Billigkeit und orientiert am Verfahrensverhalten der Beteiligten und war vorrangig gegenüber den §§ 91 ff. ZPO, was aber von den Gerichten in der Vergangenheit regelmäßig unbeachtet gelassen worden war. § 243 FamFG zwingt das Gericht nunmehr zur Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens, da eine Kostenentscheidung in Unterhaltssachen, die Familienstreitsachen sind, nur noch nach § 243 FamFG möglich ist.
II. Die Regelungen des § 243 FamFG im Einzelnen
Damit die Gerichte nicht ohne jeden Anhaltspunkt bei der Ausübung ihres Ermessens sind, hat der Gesetzgeber die wesentlichen Gesichtspunkte der ZPO-Kostenvorschriften (§§ 91 ff. ZPO) in die Regelung übernommen:
1. Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen
Verhältnis von Obsiegen, Unterliegen und die Dauer der Unterhaltsverpflichtung sind zu berücksichtigen
Nach § 243 S. 2 Nr. 1 FamFG ist ausdrücklich das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen und die Dauer der Unterhaltsverpflichtung zu berücksichtigen (§ 92 ZPO, § 1578b BGB).
Die unterhaltsberechtigte 45-jährige Ehefrau beansprucht außerhalb des Scheidungsverbundes unbefristeten nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 350,00 EUR. Das FamG verpflichtet den Ehemann zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt in Höhe von 350,00 EUR für die Dauer von fünf Jahren. Der Verfahrenswert wird nach § 51 FamGKG auf 4.200,00 EUR festgesetzt.
§ 243 FamFG Nr. 1 FamFG fordert in diesem Fall, in seine Billigkeitserwägungen bei der Kostenverteilung die befristete Dauer der Unterhaltsverpflichtung einzubeziehen und die Kosten anteilig auch auf die insoweit unterlegene Ehefrau zu verteilen. Nach altem Recht hätte zwar ebenfalls eine solche Entscheidung nach § 92 Abs. 1 ZPO ergehen können und müssen. Die Gerichte haben das aber häufig nicht erkannt oder § 92 Abs. 2 ZPO angewandt und dem Ehemann als unterliegendem Beteiligten die Kosten des Verfahrens insgesamt auferlegt.
Der Anwalt dürfte deshalb zukünftig vor Einleitung eines Unterhaltsverfahrens zu überprüfen, darauf hinzuweisen und zu entscheiden haben, ob nachehelicher Unterhalt zur Vermeidung einer nachteiligen Kostenfolge von vornherein begrenzt geltend gemacht wird.
Unter § 243 Nr. 1 FamFG fällt auch der Fall, dass ein Beteiligter im Rahmen der Stufenklage mit dem Auskunftsverlangen durchdringt; mit dem Leistungsantrag jedoch unterliegt.
Die unterhaltsberechtigte 45-jährige Ehefrau geht gegen den Ehemann im Wege der Stufenklage vor. Der Ehemann wird in erster Stufe zur Auskunft verurteilt. Der nach Auskunftserteilung bezifferte Leistungsantrag wird dagegen abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens sind nach § 243 FamFG Nr. 1 FamFG zu quoteln, da die Ehefrau teilweise, nämlich mit ihrem Auskunftsantrag, gewonnen hat. Dass dieser wegen § 38 FamGKG den Verfahrenswert nicht erhöht, spielt für das Obsiegen und Unt...