Einführung
Mitunter kommt es vor, dass ein straf- oder bußgeldrechtliches Ermittlungsverfahren mehrmals eingestellt wird, dass also nach einer ersten Einstellung das Verfahren wieder aufgenommen, dann später aber erneut eingestellt wird. Grundsätzlich kann bei einer mehrmaligen Einstellung auch die zusätzliche Gebühr nach den Nrn. 4141 oder 5115 VV mehrmals anfallen. Zu beachten ist allerdings, dass eine zusätzliche Gebühr nur bei einer nicht nur vorläufigen Einstellung entsteht und in derselben Angelegenheit nicht mehrmals anfallen kann (§ 15 Abs. 1 RVG). Folgende Fälle sind dabei zu unterscheiden:
I. Vorläufige Einstellung und spätere nicht nur vorläufige Einstellung
Nur eine Gebühr bei vorläufiger und endgültiger Einstellung
Wird ein Verfahren zunächst nur vorläufig eingestellt und später endgültig, dann kann die zusätzliche Gebühr nur einmal entstehen, da bei einer vorläufigen Einstellung die zusätzliche Gebühr nicht ausgelöst wird.
Beispiel 1
Das Gericht stellt das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße gem. § 153a StPO vorläufig ein. Da die Geldbuße nicht gezahlt wird, wird das Verfahren wieder aufgenommen und später nach § 153 StPO eingestellt.
Da es sich bei der ersten Einstellung nach § 153a StPO lediglich um eine vorläufige Einstellung handelte, ist eine zusätzliche Gebühr nicht entstanden. Diese ist erst durch die Einstellung nach § 153 StPO entstanden.
Beispiel 2
Das Gericht stellt das Bußgeldverfahren zunächst ein (§ 46 OWiG i.V.m. § 205 StPO), weil sich der Betroffene im Ausland aufhält. Nach seiner Rückkehr wird das Bußgeldverfahren wieder aufgenommen und schließlich nach § 47 Abs. 1 OWiG eingestellt.
Die erste Einstellung war eine rein vorläufige, sodass hierfür keine zusätzliche Gebühr angefallen ist. Diese ist erst durch die Einstellung nach § 47 Abs. 1 OWiG entstanden.
II. Mehrere Einstellungen im selben Verfahrensabschnitt
Nur eine Gebühr bei mehrmaliger Einstellung im selben Verfahrensabschnitt
Da die zusätzlichen Gebühren nach Nrn. 4141 und 5115 VV keine endgültige Einstellung voraussetzen, sondern lediglich eine nicht nur vorläufige, kann es dazu kommen, dass im Verlaufe eines Verfahrens nach Einstellung die Sache wieder aufgenommen und dann erneut eingestellt wird. Soweit die verschiedenen Einstellungen im selben Verfahrensabschnitt und damit in derselben Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 1 RVG erfolgen, entsteht gem. § 15 Abs. 1 RVG insgesamt nur eine zusätzliche Gebühr. Diese zusätzliche Gebühr ist bereits mit der ersten nicht nur vorläufigen Einstellung entstanden. Die spätere Fortsetzung des Verfahrens ist insoweit irrelevant und kann die einmal verdiente Gebühr nicht entfallen lassen. Allerdings kann durch die erneute Einstellung dann keine weitere zusätzliche Gebühr mehr entstehen.
Das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten wird zunächst nach § 170 Abs. 2 StPO mangels Tatverdachts eingestellt. Auf die Beschwerde des Anzeigenerstatters werden die Ermittlungen wieder aufgenommen und das Verfahren schließlich nach § 154 StPO eingestellt, da der Beschuldigte in anderer Sache kürzlich rechtskräftig verurteilt worden ist.
Bereits mit der ersten Einstellung ist die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV entstanden, da es sich bei der Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO nicht um eine vorläufige Einstellung handelt. Durch die spätere Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens ist diese Gebühr nicht weggefallen. Allerdings konnte diese Gebühr gem. § 15 Abs. 1 RVG durch die erneute Einstellung nicht nochmals ausgelöst werden.
III. Verschiedene Einstellungen
Mehrere Gebühren bei mehrmaliger Einstellung in verschiedenen Verfahrensabschnitten
Erfolgen verschiedene Einstellungen in verschiedenen Verfahrensabschnitten und damit in verschiedenen Angelegenheiten, dann kann die zusätzliche Gebühr auch mehrmals entstehen, da sämtliche Gebühren des Anwalts in jeder Angelegenheit gesondert anfallen (§ 15 Abs. 2 S. 1 RVG).
Das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten wird mangels Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO auf Betreiben des Verteidigers eingestellt. Auf die Beschwerde des Anzeigenerstatters werden die Ermittlungen wieder aufgenommen. Es wird Anklage erhoben. Außerhalb der Hauptverhandlung erreicht der Verteidiger eine Einstellung nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldbuße, die auch geleistet wird, sodass das Verfahren endgültig eingestellt wird.
Zunächst hat der Anwalt im vorbereitenden Verfahren die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV verdient, da die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO keine vorläufige Einstellung ist. Dass das Verfahren später wieder aufgenommen wurde, ist unerheblich.
Im gerichtlichen Verfahren entsteht zusätzliche Gebühr erneut
Im gerichtlichen Verfahren ist die zusätzliche Gebühr durch die Einstellung nach § 153a StPO erneut ausgelöst worden. Die Vorschrift des § 15 Abs. 2 RVG steht jetzt dem erneuten Anfall dieser Gebühr nicht entgegen, da es sich bei vorbereitendem Verfahren und gerichtlichem Verfahren nach zutreffender Auffassung um zwei verschiedene Angelegenheiten handelt (AG Düsseldorf AGS 2010, 224 = NJW-Spezial 2010, 349 = VRR 2010, 279 = RVGreport 2010, 302 = StRR 2010, 359).
Zu rechnen ist wie folgt:
I. Vorberei...