Leitsatz
1. Wirkt der Verteidiger mit einer Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO mit, erhält er hierfür eine zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV.
2. Die Beurteilung, welche Kopien erforderlich sind, ist grundsätzlich dem Verteidiger überlassen.
AG Mettmann, Beschl. v. 7.12.2010 – 9 Ls 332 Js 235/08 – 204/09
1 I. Der Fall
Das Verfahren war gegen den Angeklagten gem. § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden, da er in anderer Sache bereits rechtskräftig verurteilt worden war. Die Kosten des Verfahrens wurden der Staatskasse auferlegt. Der Verteidiger beantragte daraufhin die Festsetzung seiner Vergütung, u.a. einer zusätzlichen Gebühr nach Nr. 4141 VV. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte diese Gebühr ab, weil es sich bei der Einstellung nach § 154 StPO nicht um eine endgültige Einstellung handele. Zudem setzte er die angemeldeten Kopierkosten in erheblichem Umfang ab. Die hiergegen erhobene Erinnerung hatte Erfolg.
2 II. Die Entscheidung
Zusätzliche Gebühr entsteht bei nicht nur vorläufiger Einstellung
Der Amtsrichter hat die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV zugesprochen. Diese Gebühr war entstanden, da das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt worden ist. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 4141 VV setzt keine "endgültige" Einstellung voraus, sondern lediglich eine "nicht nur vorläufige". Mit dem Begriff der nicht nur vorläufigen Einstellung sind sämtliche Einstellungen gemeint, bei denen Staatsanwaltschaft und Gericht subjektiv von einer endgültigen Einstellung ausgehen. Ob die Einstellung dann endgültig bleibt, ist unerheblich.
Anwalt entscheidet über Erforderlichkeit von Kopierkosten
Auch hinsichtlich der abgesetzten Kopierkosten hat das Amtsgericht dem Verteidiger Recht gegeben. Es hatte keine Bedenken gegen die Erstattung der beantragten Kopien. Die Beurteilung der Frage, welche Kopien im Einzelfall erforderlich sind, ist grundsätzlich dem Verteidiger zu überlassen, denn er ist für die ihm anvertraute Führung der Rechtssache verantwortlich. Es obliegt grundsätzlich seiner Entscheidung, welche Kopien er für erforderlich hält und welche nicht. Daher ist im Zweifel von der Erforderlichkeit der angemeldeten Kopierkosten auszugehen (ebenso OLG Düsseldorf AGS 2002, 61 = Rpfleger 2002, 224 = StV 2003, 177 = BRAGOreport 2002, 79 = JurBüro 2002, 307).
3 III. Der Praxistipp
Die Entscheidung ist zutreffend. Der Gesetzgeber hat bewusst in Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 4141 VV nicht eine "endgültige" Einstellung verlangt, sondern eine "nicht nur vorläufige". Entscheidend ist, worauf das AG Mettmann zu Recht abstellt, ob die Einstellung aus Sicht der Einstellungsbehörde bzw. des Gerichts als eine endgültige gewollt war oder ob die Einstellung lediglich vorläufig sein sollte.
Entscheidend ist, ob Einstellung endgültig gewollt ist
Einstellungen nach § 154 Abs. 2 StPO sind grundsätzlich endgültig gewollt, auch wenn die Möglichkeit besteht, das Verfahren wieder aufzunehmen. Es gilt hier nichts anderes als bei einer Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO mangels Tatverdachts. Auch die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO ist keine endgültige, da das Verfahren jederzeit wieder aufgenommen werden kann; dennoch entsteht auch hier die zusätzliche Gebühr, wenn das Verfahren mangels Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wird.
Zusätzliche Gebühr kann mehrmals entstehen
Die Gebühr bleibt sogar dann bestehen, wenn das Verfahren nachträglich wieder aufgenommen und fortgesetzt wird. Wird später im gerichtlichen Verfahren dann erneut eingestellt, die Anklage nicht zugelassen oder der Einspruch gegen einen Strafbefehl zurückgenommen, kann die zusätzliche Gebühr dort sogar ein weiteres Mal entstehen (siehe AGkompakt 2011, 19 – in diesem Heft).