In einem Rechtsstreit kann es vorkommen, dass die Kosten der ersten Instanz vollständig von einer Partei zu tragen sind, während die Kosten der Berufungsinstanz vollständig der anderen Partei auferlegt werden.

 

Beispiel

Der Kläger klagt auf Zahlung einer Forderung i.H.v. 10.000,00 EUR zzgl. verzugsbedingter vorgerichtlicher Anwaltskosten. Das Gericht gibt der Klage statt und legt die Kosten des Verfahrens dem Beklagten auf. Der Beklagte legt Berufung gegen die Verurteilung zur Zahlung der vorgerichtlichen Kosten ein. Die Berufung hat insoweit Erfolg, sodass die Kosten des Berufungsverfahrensverfahrens dem Kläger auferlegt werden.

Kostenausgleichung ist unzulässig

Im Rahmen der Kostenfestsetzung stellt sich nunmehr die Frage, ob die Kosten beider Instanzen nach § 106 ZPO ausgeglichen werden können. So wird leider vielfach verfahren. Dabei wird übersehen, dass eine Kostenausgleichung in diesem Fall nicht zulässig ist. Nach § 106 ZPO ist die Kostenausgleichung nur dann statthaft, wenn die Kosten verhältnismäßig verteilt worden sind. Daran fehlt es aber, wenn die Kosten verschiedener Instanzen jeweils einer Partei alleine auferlegt werden. Eine Kostenausgleichung ist in diesem Fall unzulässig.

 
Hinweis

Eine Verteilung nach Quoten i.S.d. § 106 ZPO liegt nicht vor, wenn in der Kostengrundentscheidung eine Aufgliederung nach Instanzen erfolgt.

OLG Hamburg, Beschl. v. 20.6.1979 – 8 W 80/79, JurBüro 1979, 1376 = MDR 1979, 942

Ebenso: von Eicken/Hellstab/Dörndorfer/Asperger, Die Kostenfestsetzung, 23. Aufl., Rn B 161

Kostenausgleichung kann zu Zinsverlust führen

Durch eine solche unzulässige Kostenausgleichung wird die erstinstanzliche Partei benachteiligt. Hat sie nach Abschluss der ersten Instanz ihren Festsetzungsantrag gestellt, dann läuft die Verzinsung ab diesem Zeitpunkt. Die Verzinsung der Kosten des Berufungsverfahrens beginnt jedoch erst mit Eingang des sich hierauf beziehenden Kostenfestsetzungsantrags. Im Falle einer Kostenausgleichung gingen der erstinstanzlich erfolgreichen Partei also Zinsen verloren.

 

Beispiel

Im vorausgehenden Beispiel hat der Kläger seinen Kostenfestsetzungsantrag nach Erlass des Urteils am 1.2.2017 gestellt. Der Kostenfestsetzungsantrag des Beklagten (Anwaltskosten 365,93 EUR + Gerichtskosten 284,00 EUR) wird nach Erlass des Berufungsurteils am 3.2.2019 eingereicht.

Würde man jetzt die Kosten ausgleichen, würde der Kläger die Zinsen aus 649,93 EUR für zwei Jahre verlieren. Im Falle einer Aufrechnung nach §§ 388 ff. BGB sind die festgesetzten Kosten des Berufungsverfahrens dagegen gem. § 396 Abs. 2 i.V.m. § 367 BGB erst auf die Zinsen aus dem erstinstanzlichen Kostenfestsetzungsbeschluss zu verrechnen, sodass dem Kläger also letztlich ein höherer Erstattungsanspruch verbleibt.

AGKompakt 2/2019, S. 18

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