Einführung
Mitunter kommt es vor, dass der Anwalt seine Vergütung einklagen muss. Es stellt sich für ihn dann die Frage, vor welchem Gericht er klagen soll. Häufig stehen mehrere Gerichte zur Auswahl, was im Vorfeld nicht genügend bedacht wird und im Nachhinein nicht mehr zu korrigieren ist.
I. Vorüberlegungen
Wahl des Gerichtsstands kann von Bedeutung sein
Die Wahl des Gerichtsstands im Vergütungsprozess hat in mehrerer Hinsicht Bedeutung.
Zum einen ist es für den Anwalt angenehmer, wenn er am eigenen Gericht klagen kann und nicht am auswärtigen Gericht des Mandanten klagen muss. Er spart Zeit und Reisekosten.
Andererseits möchte der Anwalt manchmal aber auch gerade nicht am eigenen Gericht klagen, wo man ihn kennt, sondern vor einem auswärtigen Gericht, insbesondere, wenn der Mandant Schlechterfüllung einwendet.
In manchen Fällen kann es auch günstiger sein, vor dem Gericht zu klagen, vor dem die Vergütung entstanden ist, da hiervon ggfs. ein besseres Verständnis des Vorprozesses zu erwarten ist; insbesondere dann, wenn sogar derselbe Richter oder dieselbe Kammer für den Vergütungsprozess zuständig ist, der oder die schon den Vorprozess entschieden hat.
Auch die Wahl, ob vor dem Amts- oder Landgericht geklagt wird, kann für den weiteren Prozessverlauf von Bedeutung sein. Wird die Vergütungsklage vor dem Landgericht erhoben, ist damit der ehemalige Mandant gezwungen, einen Anwalt zu beauftragen, während er vor dem Amtsgericht sich selbst vertreten und damit den Prozess leichter in die Länge ziehen kann.
II. Kein Gerichtsstand des Erfüllungsortes am Sitz der Kanzlei
Gerichtsstand des Erfüllungsorts
Früher wurde die Auffassung vertreten, die Vergütungsklage des Anwalts könne immer an dem für seinen Kanzleisitz zuständigen Gericht erhoben werden, da Erfüllungsort der anwaltlichen Tätigkeit der Ort der Kanzlei und damit der Gerichtsstand des § 29 ZPO gegeben sei. Diese Rechtsprechung ist aber überholt.
Gebührenforderungen von Rechtsanwälten können in der Regel nicht gemäß § 29 ZPO am Gericht des Kanzleisitzes geltend gemacht werden.
BGH, Beschl. v. 11.11.2003 – X ARZ 91/03, AGS 2004, 9 = BGHZ 157, 20 = FamRZ 2004, 95 = NJW 2004, 54 = MDR 2004, 164 = DAR 2004, 177 = VersR 2004, 757 = AnwBl 2004, 119
Es besteht grds. nicht die Möglichkeit, am eigenen Gericht als dem Gericht des Erfüllungsorts zu klagen. In Ausnahmefällen mag dies ggfs. möglich sein.
III. Allgemeiner Gerichtsstand
Allgemeiner Gerichtsstand ist immer möglich
Möglich ist es immer, den Mandanten in dessen allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12 ff. ZPO) zu verklagen. Die sachliche Zuständigkeit richtet sich dann nach § 23 GVG. Bei Streitwerten von über 5.000,00 EUR ist das Landgericht zuständig, bei geringeren Werten das Amtsgericht.
IV. Besondere Gerichtsstände
Neben dem allgemeinen Gerichtsstand kommen selbstverständlich auf die besonderen Gerichtsstände nach den §§ 20 ff. ZPO in Betracht, die aber i.d.R. keine Bedeutung haben.
V. Gerichtsstand des § 34 ZPO
Besonderer Gerichtsstand des Vorprozesses
Von besonderem Interesse ist der Gerichtsstand des § 34 ZPO. Danach kann ein Anwalt nämlich wegen seiner Vergütung auch vor dem Gericht des Hauptprozesses klagen. Verkannt wird dabei häufig, dass es sich bei der Vorschrift des § 34 ZPO nicht nur um eine Regelung zur örtlichen Zuständigkeit handelt, sondern auch um eine Vorschrift zur sachlichen Zuständigkeit. Das bedeutet, dass auch Vergütungsforderungen von unter 5.000,01 EUR vor dem Landgericht eingeklagt werden können, wenn dort der Hauptprozess stattgefunden hatte. Umgekehrt kann vor dem Amtsgericht auch dann geklagt werden, wenn der Vergütungsanspruch den Betrag von 5.000,00 EUR übersteigt.
Beispiel
Der Anwalt begehrt aus einem Rechtsstreit vor dem LG München I eine Vergütung i.H.v. restlichen 4.000,00 EUR. Der Anwalt hat seine Kanzlei in Karlsruhe; der Mandant hat seinen Sitz in Nürnberg.
Der Gerichtsstand des Erfüllungsorts in Karlsruhe scheidet aus. Möglich ist eine Klage vor dem allgemeinen Gerichtsstand in Nürnberg. Zuständig wäre dann das Amtsgericht. Möglich ist aber auch eine Klage in München. Hier kann sich der Anwalt lediglich auf die örtliche Zuständigkeit nach § 34 ZPO berufen und vor dem Amtsgericht klagen. Er kann sich aber auch auf die sachliche Zuständigkeit berufen und vor dem Landgericht München I klagen.
Unanwendbar bei Strafverfahren
Um welche Art "Hauptprozess" es sich gehandelt, ist unerheblich. Die Vorschrift gilt allerdings nicht für Strafsachen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., 2016, § 34 Rn 4). Honorare aus Strafprozessen können nicht im Gerichtsstand des § 34 ZPO eingeklagt werden.
Keine Zuständigkeit des Familiengerichts
Auch wird durch § 34 ZPO nicht die Zuständigkeit des Familiengerichts begründet. Hier ist dann immer – wertunabhängig – die Prozessabteilung des jeweiligen Amtsgerichts zuständig.
Klagt der Rechtsanwalt die in einem familiengerichtlichen Rechtsstreit entstandenen Gebühren und Auslagen im Gerichtsstand des Hauptprozesses ein, ist nicht das Familiengericht zuständig, sondern die allgemeine Prozessabteilung des Amtsgerichts.
BGH, Urt. v. 29.1.1986 – IVb ZR 8/85, FamRZ 1986, 347 = NJW 1986, 1178 = Rpfleger 1986, 180 = JurBüro 1986, 714 = MDR 1986, 4...