Ermittelt die Staatsanwaltschaft zunächst wegen des Verdachts einer Straftat aus dem Katalog des § 374 StPO (Privatklagedelikte), verneint sie dann aber das öffentliche Interesse, so verfolgt sie die Sache nicht weiter, sondern verweist den Verletzten auf den Privatklageweg. Hier besteht offenbar Unsicherheit, ob insoweit bei entsprechender Mitwirkung des Verteidigers eine zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV ausgelöst wird und ob die Gebühr auch dann entsteht, wenn es nachfolgend tatsächlich zur Privatklage kommt.
Die Unsicherheit in der Praxis beruht darauf, dass das strafprozessuale Vorgehen der Staatsanwaltschaft nicht genügend hinterfragt wird. Die Staatsanwaltschaft kann nicht ohne weiteres den Geschädigten auf den Privatklageweg verweisen. Dieser Weg ist ohnehin gegeben, auch ohne Verweisung (vgl. § 374 StPO). Die Staatsanwaltschaft prüft vielmehr im Rahmen des zunächst eingeleiteten Offizialverfahrens, ob ein öffentliches Interesse besteht. Bejaht die Staatsanwaltschaft das öffentliche Interesse, kann sie Anklage erheben, das Verfahren nach §§ 153, 153a StPO einstellen oder auch das Verfahren mangels Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO einstellen. In diesem Fall ist die Rechtslage eindeutig.
Verneint die Staatsanwaltschaft dagegen das öffentliche Interesse, dann muss sie das Verfahren einstellen, und zwar nach § 170 Abs. 2 StPO. Sie verweist dann den Verletzten nicht auf den Privatklageweg, sondern belehrt lediglich darüber, dass er selbst die Sache im Wege der Privatklage weiter verfolgen kann (§ 374 ff. StPO).
Einstellung mangels öffentlichen Interesses beendet das Offizialverfahren und löst eine zusätzliche Gebühr aus
Mit der Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO wegen Verneinung des öffentlichen Interesses ist das Offizialverfahren erledigt, so dass insoweit die Gebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 4141 VV anfällt (Burhoff, RVG, 2. Aufl. 2008, Nr. 4141 Rn 21 [Nr. 3]; N. Schneider, ZAP Fach 24, S. 1073 (1075); N. Schneider, RVG-Praxiswissen, § 20 Rn 79).
Nachfolgende Erhebung der Privatklage ist unerheblich
Ob der Geschädigte von seinem Recht zur Privatklage anschließend Gebrauch macht oder nicht, ist unerheblich. Bei dem anschließenden Privatklageverfahren handelt es sich um ein eigenständiges, selbstständiges Verfahren, dessen Einleitung die bereits angefallene Gebühr nach Nr. 4141 VV nicht mehr beseitigen kann. Für die Gebühren im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren ist es also völlig unerheblich, ob später Privatklage erhoben wird oder nicht (Burhoff, RVG, 2. Aufl. 2008, Nr. 4141 Rn 21 [Nr. 3]; N. Schneider, ZAP Fach 24, S. 1073 (1075); N. Schneider, RVG-Praxiswissen, § 20 Rn 79).
Die offenbar gegenteilige Auffassung von Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke (RVG, 2. Aufl. 2007, 736) dürfte wohl kaum ernst zu nehmen sein, da sie auf die Erledigungsgebühr der Nr. 1002 VV (Aufhebung eines Verwaltungsaktes) abstellt und zudem entgegen dem Wortlaut des Gesetzes eine endgültige Einstellung an Stelle einer nicht nur vorläufigen Einstellung fordert.
Die Rspr. hat sich mit dieser Frage – soweit ersichtlich – noch nicht befassen müssen, vermutlich weil die Sache eindeutig ist. Ansatzweise befasst hat sich das AG Hannover (JurBüro 2006, 313) mit dieser Fallgestaltung. Ausweislich seiner Gründe hatte es offenbar keine Bedenken, bei Einstellung des Offizialverfahrens und Verweisung auf das Privatklageverfahren eine Gebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 4141 VV anzunehmen. Es hat die Gebühr im konkreten Fall jedoch an der erforderlichen Mitwirkung des Verteidigers scheitern lassen.
Auch dann, wenn die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren einstellt und den Geschädigten auf den Privatklageweg verweist, entsteht bei entsprechender Mitwirkung des Verteidigers die zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 4141 VV.