Einführung
In AG kompakt 2018, 38 f. hatten wir dargestellt, wie sich der Kostenerstattungsanspruch nach einer Teilregulierung berechnet. Mehrfach haben Leser angefragt, wie in diesem Fall dann die Anrechnung in der nachfolgenden Kostenfestsetzung vorzunehmen ist.
I. Ausgangslage
Berechnung des restlichen Kostenerstattungsanspruchs nach Teilregulierung
Auszugehen ist von folgendem Fall:
Beispiel
Durch einen Verkehrsunfall ist dem Geschädigten an seinem Fahrzeug ein Sachschaden i.H.v. insgesamt 10.000,00 EUR entstanden. Er beauftragt einen Anwalt, der die 10.000,00 EUR beim gegnerischen Haftpflichtversicherer anmeldet sowie die daraus anfallenden Rechtsverfolgungskosten i.H.v.
1. |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
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725,40 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
745,40 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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141,63 EUR |
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Gesamt |
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887,03 EUR |
Der Haftpflichtversicherer ist der Auffassung, dass sich der Geschädigte ein Mitverschulden i.H.v. 40 % anrechnen lassen müsse und reguliert auf der Basis einer 60 % Haftung. Er zahlt also 6.000,00 EUR sowie
1. |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
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460,20 EUR |
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(Wert: 6.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
480,20 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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91,24 EUR |
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Gesamt |
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571,44 EUR |
Nunmehr erteilt der Geschädigte seinem Anwalt den Auftrag, den Restschaden einzuklagen, und zwar zzgl. der restlichen vorgerichtlichen Kosten.
Keine gesonderte Geschäftsgebühr
Unzutreffend wäre es, jetzt aus dem eingeklagten Restbetrag eine gesonderte Geschäftsgebühr einzuklagen, also
1. |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
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327,60 EUR |
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(Wert: 4.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
347,60 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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66,04 EUR |
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Gesamt |
|
413,64 EUR |
Einheitliche Abrechnung nach Auftragswert
Zu beachten ist vielmehr, dass dem Geschädigten nur ein einheitlicher Schadensersatzanspruch zusteht. Er kann nur einmal die ihm durch die Regulierung seines Schadens entstandenen Kosten ersetzt verlangen. Zu diesen Anwaltskosten zählt aber nur eine Geschäftsgebühr aus dem Gesamtwert. Der Anwalt kann dem Geschädigten nicht zwei Einzelgebühren aus den erledigten Teilwerten in Rechnung stellen. Dies würde gegen § 15 Abs. 2 RVG verstoßen. Abgerechnet werden kann insgesamt nur einmal, und zwar aus dem Auftragswert.
Ein Rechtsanwalt kann die Gebühr gem. Nr. 2300 VV auch dann nur einmal aus dem Gesamtgegenstandswert und nicht zweimal aus (dann niedrigeren) Teilgegenstandswerten verlangen, wenn die von ihm für seinen Mandanten geltend gemachte Forderung außergerichtlich nur teilweise erfüllt wird und ihm deshalb für den noch offenen Teil der Forderung Klageauftrag erteilt wird.
BGH, Urt. v. 20.5.2014 – VI ZR 396/13, AGS 2014, 325 = MDR 2014, 864 = Schaden-Praxis 2014, 279 = Rpfleger 2014, 557 = VersR 2014, 1100 = JurBüro 2014, 475 = zfs 2014, 585 = NJW-RR 2014, 1341 = NZV 2014, 567 = NJW-Spezial 2014, 476 = RVGreport 2014, 391 = DAR 2014, 615 = BRAK-Mitt 2014, 265= RVGprof. 2015, 3
Neben den restlichen 4.000,00 EUR sind also folgende restliche Anwaltskosten einzuklagen:
Gesamtkostenschaden |
887,03 EUR |
abzüglich Kosten Teilregulierung |
– 571,44 EUR |
Restbetrag |
315,59 EUR |
Auf diese Art und Weise wird einerseits gewährleistet, dass der Geschädigte seine vollen Kosten erstattet erhält, andererseits der Schädiger aber nicht mehr zahlen muss, als die Gesamtvergütung, die der Geschädigte seinem Anwalt schuldet.
II. Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren
Im Kostenfestsetzungsverfahren ist jetzt § 15a Abs. 2 RVG zu beachten
Obsiegt der Geschädigte ganz oder teilweise und erhält er einen Kostenerstattungsanspruch, dann kann er einerseits die Verfahrensgebühr aus der Klageforderung zur Festsetzung anmelden. Andererseits muss er sich dann aber nach § 15a Abs. 2 RVG die Geschäftsgebühr hälftig anrechnen lassen, soweit sie ihm zugesprochen worden ist.
Fortsetzung des Beispiels
Das Gericht gibt der Klage in vollem Umfang statt. Es verurteilt den Beklagten also zur Zahlung weiterer 4.000,00 EUR sowie zur Zahlung vorgerichtlicher Kosten i.H.v. 315,59 EUR.
Anrechnung nur nach dem Wert der zugesprochenen restlichen Hauptforderung
Zur Festsetzung angemeldet werden können jetzt einerseits die gerichtlichen Gebühren aus dem Wert der Klage. Andererseits ist die Geschäftsgebühr hälftig anzurechnen. An sich wäre nach einem Wert von 10.000,00 EUR anzurechnen, da der Gegner diese Gebühr zum Teil gezahlt hat (§ 15a Abs. 2, 1. Var. VV) und sie zum anderen Teil gegen ihn tituliert worden ist (§ 15a Abs. 2, 2. Var. VV). Nunmehr ist aber Vorbem. 3 Abs. 4 S. 5 VV zu beachten: "Bei einer wertabhängigen Gebühr erfolgt die Anrechnung nach dem Wert des Gegenstands, der auch Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist".
Daraus folgt, dass hier eine Anrechnung nur nach dem Wert von 4.000,00 EUR stattfindet.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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327,60 EUR |
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(Wert: 4.000,00 EUR) |
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2. |
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, |
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– 163,80 EUR |
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0,6... |