Zusammenfassung

Kosten mehrerer Anwälte sind grundsätzlich nicht erstattungsfähig

Hat eine Partei im Laufe eines Verfahrens den Anwalt gewechselt, so sind – wenn und soweit der erste Anwalt seinen Vergütungsanspruch nicht verloren hat – Mehrkosten für den zweiten Anwalt entstanden. Nach § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO sind die Kosten mehrerer Anwälte von der unterlegenen Partei nur dann zu erstatten, wenn ein Wechsel des Rechtsanwalts eintreten musste. Dies wird nur dann bejaht, wenn weder die Partei noch den ersten Anwalt ein Verschulden am Wechsel trifft, denn der unterlegene Gegner soll nicht die Nachteile aus einer Doppelbeauftragung tragen müssen, die von der Gegenseite verschuldet wurden.

I. Verschuldeter Wechsel

Einzelfälle für verschuldeten Wechsel

Ein verschuldeter Wechsel ohne Erstattung der Mehrkosten wurde in den folgenden Fällen angenommen:

  bei Tod einer Partei, wenn der Erbe zur Fortführung des Rechtsstreits einen neuen Anwalt beauftragt (OLG Hamburg MDR 1979, 762),
  bei Verweisung des Rechtsstreits (OLG München MDR 2001, 174; OLG Düsseldorf BauR 2002, 350; OLG Koblenz Rpfleger 2002, 281),
  beim Wunsch des Versicherers nach einem anderen Anwalt (OLG Nürnberg JurBüro 1990, 726),
bei Differenzen zwischen Partei und Anwalt (OLG Hamburg MDR 1998, 928).

II. Unverschuldeter Wechsel

Einzelfälle für unverschuldeten Wechsel

Ein unverschuldeter Wechsel, der eine Erstattung der Mehrkosten nach § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO begründet, wurde beispielsweise bejaht:

  • bei Tod des Anwalts (OLG Frankfurt MDR 1980, 1026; OLG Düsseldorf JurBüro 1985, 1870), wenn nicht von vornherein eine Sozietät beauftragt war (OLG München AnwBl 1995, 109; OLG Frankfurt JurBüro 1990, 1180),
  • bei Aufgabe der Zulassung bzw. Berufsunfähigkeit infolge schwerer Krankheit (LG Regensburg zfs 2004, 528; LG Landshut JurBüro 2004, 144),
  • bei Niederlegung des Mandates aufgrund unvorhersehbarer Interessenkollision.

III. Aufgabe der Zulassung

Bei Aufgabe der Zulassung ist zu differenzieren

Für den Fall, dass der Anwaltswechsel durch die Aufgabe der Zulassung des ersten Anwalts bedingt ist, ist bei der Frage der Erstattungsfähigkeit der Mehrkosten wiederum danach zu unterscheiden, auf welchen Gründen die Aufgabe der Zulassung beruht. Sind sog. achtenswerte Gründe für die Aufgabe der Zulassung gegeben wie beispielsweise

  • Wechsel in den öffentlichen Dienst oder
  • Umzug aus persönlichen oder beruflichen Gründen,

so sieht eine Vielzahl von Obergerichten darin keinen vom Anwalt verschuldeten Wechsel (vgl. OLG Hamburg JurBüro 1993, 351; OLG Koblenz MDR 1991, 1098; OLG Frankfurt JurBüro 1986, 453; OLG Hamm NJW-RR 1996, 1343; a.A. OLG Naumburg OLGR 2005, 438 und OLG München AGS 2002, 174, wonach das Vorliegen achtenswerter Gründe nicht entscheidend sei).

Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn dem Anwalt bereits bei Mandatsübernahme bekannt ist, dass er die Zulassung in absehbarer Zeit aufgeben wird und deshalb das Mandat voraussichtlich nicht zu Ende führen kann. Darin wird ein Verschulden im Sinne einer Informationspflichtverletzung gesehen, die einen Schadensersatzanspruch des Mandanten auslöst und auch einer Erstattungsfähigkeit der Gebühren entgegensteht.

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