Leitsatz
Eine abgetrennte und nach dem 1.9.2009 wieder aufgenommene Folgesache über den Versorgungsausgleich ist nach dem FamGKG abzurechnen. Die in dem Scheidungsverbundverfahren zu erhebenden Gerichtsgebühren sind ohne den auf den Versorgungsausgleich entfallenden Wert zu berechnen.
AG Bad Iburg, Beschl. v. 5.7.2010 – 5 F 202/07
1 I. Der Fall
In einem vor dem 1.9.2009 eingeleiteten Scheidungsverbundverfahren wurde die Folgesache Versorgungsausgleich nach § 2 VAÜG ausgesetzt und abgetrennt. Nach dem 1.9.2009 wurde das Verfahren wieder aufgenommen und als selbstständige Familiensache fortgeführt. Das Gericht hat nach Beendigung des Verfahrens eine Gerichtskostenrechnung aufgestellt. Dabei hat es die Gebühren und den Wert nach dem FamGKG berechnet, aber keine Neuberechnung der im alten Verbundverfahren angefallenen Verfahrensgebühren durchgeführt. Gegen beides hat der Kostenschuldner Erinnerung eingelegt.
2 II. Die Entscheidung
Gerichtsgebühren im Altverfahren sind neu zu berechnen
Das Gericht hat die Erinnerung zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Wertfestsetzung richtet. Es hat dabei auf Art. 111 Abs. 4 FGG-RG verwiesen und zutreffend festgestellt, dass das seit dem 1.9.2009 geltende Recht anzuwenden ist. Hinsichtlich der Gebührenberechnung wurde der Erinnerung stattgegeben, da eine Neurechnung der Gebühren vorzunehmen ist. Danach ist für das selbstständige Verfahren eine Gebühr nach Nr. 1320 FamGKG-KostVerz. zu erheben, die im alten Verbundverfahren für die Folgesache Versorgungsausgleich berechnete Gebühr nach Nr. 1310 GKG-KostVerz. a.F. jedoch ohne den Wert für den Versorgungsausgleich zu berechnen.
3 III. Praxistipp
Verfahrenswert beträgt nach § 50 FamGKG 10 % für jedes Anrecht
Verfahrenswert: Wird eine vor dem 1.9.2009 abgetrennte Folgesache Versorgungsausgleich danach wieder aufgenommen, ist sie nach Art. 111 Abs. 4 FGG-RG als selbstständige Familiensache fortzuführen, der auch für die nach § 628 ZPO a.F. abgetrennten Verfahren gilt (BT-Drucks 16/11903, S. 57; Holzwarth, FamRZ 2009, 1884). Für das Verfahren gelten die neuen Regelungen, so dass ausschließlich das FamGKG Anwendung findet und sich auch der Verfahrenswert danach berechnet (OLG Schleswig AGS 2010, 505 = FamRZ 2011, 133; OLG Frankfurt JurBüro 2010, 476). Es gilt insoweit § 50 FamGKG, er sieht vor, dass für jedes Anrecht 10 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens zugrunde zu legen sind. Das gilt auch für die nach dem 1.9.2009 wieder aufgenommenen Verfahren, da es sich nicht um Ansprüche nach §§ 20 ff. VersAusgl handelt, so dass jedes Anrecht mit nur 10 % und nicht mit 20 % zu bewerten ist (OLG Thüringen AGS 2010, 596 = NJW-RR 2011, 225). Die in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen angleichungsdynamischen und nicht angleichungsdynamischen Anwartschaften stellen auch für die Wertberechnung separate Anrechte dar (OLG Nürnberg NJW-RR 2011, 620).
Wegen § 32 Abs. 1 RVG gilt das auch für die Berechnung der Anwaltsgebühren.
Der bloße Mindestwert von 1.000,00 EUR (§ 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG) kann auch bei einem zunächst nach § 2 VAÜG ausgesetztem Verfahren nicht zugrunde gelegt werden (OLG Nürnberg, Beschl. v. 19.11.2010 – 10 WF 1465/10, juris).
Neuberechnung, damit doppelte Gebührenerhebung verhindert wird
Gerichtsgebühren: Auch hinsichtlich der Gerichtskosten gilt für das aufgenommene Verfahren nur das FamGKG. Da es sich nicht mehr um eine Folgesache handelt, sind die Gebühren nach Nrn. 1320 ff. FamGKG-KostVerz. zu berechnen.
Um zu verhindern, dass die Gebühren doppelt, nämlich zum einen im Verbundverfahren und zum anderen in der selbstständigen Familiensache erhoben werden, schreibt § 6 Abs. 2 FamGKG vor, dass die Kosten der Folgesache als Kosten des selbstständigen Verfahrens zu behandeln sind. Diese Regelung gilt auch, wenn eine zum 1.9.2009 abgetrennte Folgesache wegen Versorgungsausgleichs wieder aufgenommen wird (AG Bad Iburg JurBüro 2010, 541).
2008 wird ein Scheidungsverfahren anhängig. Die Ehe wird geschieden, der Versorgungsausgleich ausgesetzt (§ 2 VAÜG). Der Streitwert wird auf 9.500,00 EUR (Ehescheidung) und 1.000,00 EUR (Versorgungsausgleich) festgesetzt. Nach dem 1.9.2009 wird die Versorgungsausgleichssache fortgesetzt. Der Verfahrenswert wird hier auf 2.850,00 EUR (30 % des dreifachen Nettoeinkommens) festgesetzt.
Im Altverfahren waren 2008 zunächst zu berechnen (vgl. auch § 9 Abs. 2 Nr. 4 GKG):
2,0-Gebühr, Nr. 1310 GKG-KostVerz. a.F. |
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(Wert 10.500,00 EUR) |
438,00 EUR |
Nach der Fortführung des Versorgungsausgleichs ist die Kostenrechnung in dem Altverfahren wie folgt abzuändern:
2,0-Gebühr, Nr. 1310 GKG-KostVerz. a.F. |
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(Wert 9.500,00 EUR) |
392,00 EUR |
Der Versorgungsausgleich ist wegen § 6 Abs. 2 FamGKG herauszurechnen. Die überschüssigen Kosten von 46,00 EUR sind auf das selbstständige Verfahren anzurechnen.
In der selbstständigen Versorgungsausgleichssache ist wie folgt zu rechnen:
2,0-Gebühr, Nr. 1320 FamGKG-KostVerz. |
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(Wert 2.850 EUR) |
178,00 EUR |
Im Altverfahren gezahlte Gebühren für VA sind zu verrechnen
Anwaltsgebühren: Hinsichtlich der Anwaltsgebühren sind die im vor...