In den Fällen der Nr. 7000 Nr. 1 Buchst. b) und c) VV erhält der Anwalt eine Vergütung für gefertigte Ablichtungen nur dann, wenn er in der Angelegenheit mehr als 100 Ablichtungen oder Abschriften gefertigt hat. In der Praxis ergeben sich immer wieder Unklarheiten, wie abzurechnen ist, wenn das Kontingent von 100 Kopien überschritten wird.
Nach einer Auffassung sind alle Seiten zu vergüten
Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass bei Überschreiten der 100-Seiten-Grenze die Vergütungspflicht für sämtliche Kopien ausgelöst werde, also auch für die ersten 100 Seiten, die anderenfalls vergütungsfrei wären (OLG Hamburg OLGR 2006 730 = MDR 2007, 244 = RVGreport 2007, 36; Hartmann, Nr. 7000 VV Rn 25, sowie Hartung/Römermann, Teil 7 Rn 31–34; Hartung, NJW 2004, 1409, 1419, 1420). Abzurechnen wären dann die ersten 50 Seiten mit 0,50 EUR je Seite und die Ablichtungen ab der 51. Seite mit 0,15 EUR je Seite.
Nach a.A. sind nur die über 100 Seiten hinausgehenden Seiten zu vergüten
Nach a.A. ist die 100-Seiten-Grenze dagegen als Ausschlusstatbestand zu verstehen. Danach sind die ersten 100 Seiten in den Fällen der Nr. 7000 Nr. 1 Buchst. b) und c) immer vergütungsfrei (LG Berlin AGS 2006, 72 = RVGreport 2005, 391; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.1.2011 – 15 W 8/10). Eine Vergütung kann danach bei Überschreiten der 100-Seiten-Grenze nur für die darüber hinausgehenden Ablichtungen und Abschriften verlangt werden. Danach erhält der Anwalt also für die Seiten 101 bis 150 eine Vergütung in Höhe von 0,50 EUR/Seite und ab der Seite 151 jeweils 0,15 EUR/je Seite.
Der Anwalt fertigt zur Unterrichtung des Auftraggebers 160 Seiten Ablichtungen.
Die ersten 100 Seiten sind durch die Gebühren abgegolten und nicht zu vergüten. Der Anwalt erhält erst eine Vergütung ab der Kopie 101, also für 60 Seiten. Er erhält jetzt nicht etwa alle 160 Seiten vergütet.
Aus der Formulierung "für die ersten 50 abzurechnenden Kopien" ergibt sich, dass die Kopien 101 bis 150 zu jeweils 0,50 EUR abzurechnen sind. Hier gilt nicht der ermäßigte Satz von 0,15 EUR, weil die 50. Kopie bereits überschritten ist. Lediglich für die weiteren zehn Kopien über 150 Seiten hinaus erhält der Anwalt die reduzierte Vergütung von 0,15 EUR.
50 Seiten x 0,50 EUR |
25,00 EUR |
10 Seiten x 0,15 EUR |
1,50 EUR |
Begrenzung gilt für jede Angelegenheit gesondert
Zu beachten ist, dass die Begrenzung je Angelegenheit gilt. Soweit das Gesetz also verschiedene Angelegenheiten vorsieht, ist jeweils von vorne zu zählen.
Der Anwalt fertigt im Rechtsstreit zur Unterrichtung des Auftraggebers 80 Seiten Ablichtungen. Nach Aufhebung und Zurückverweisung fertigt er im Verfahren nach Zurückverweisung weitere 120 Seiten Ablichtungen.
Es liegen zwei Angelegenheiten vor (§ 21 Abs. 1 RVG). In der ersten Angelegenheit (Verfahren vor Zurückverweisung) sind keine 100 Seiten erreicht, sodass der Anwalt keine Dokumentenpauschale erhält. In der zweiten Angelegenheit (Verfahren nach Zurückverweisung) sind dagegen mehr als 100 Seiten angefertigt worden, sodass 20 Seiten zu vergüten sind. Falsch wäre es, alle Seiten zusammenzuzählen (80 + 120 = 200 Seiten) und dann 100 Seiten zu vergüten.