Einführung
Besondere Probleme bereitet die Festsetzung des Verfahrenswertes in Unterhaltssachen, wenn nicht nur zukünftiger Unterhalt geltend gemacht wird, sondern auch fällige Beträge verlangt werden. Hier ist regelmäßig von "Rückständen" die Rede, obwohl es diese schon seit fast 20 Jahren nicht mehr gibt.
I. Ausgangslage
Fällige Beträge sind maßgeblich
"Rückstände" bei der Wertfestsetzung in Unterhaltssachen gibt es schon seit dem 1.7.1994 nicht mehr. Bis zum 30.6.1994 wurden nach § 17 Abs. 4 GKG a.F. "Rückstände aus der Zeit vor der Einreichung der Klage dem Streitwert hinzugerechnet", was die Streitfrage nach sich zog, ob der Unterhalt des laufenden Monats auch schon ein rückständiger sei. Der Gesetzgeber hat diese Streitfrage mit dem Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 beantwortet und klargestellt, dass es nicht auf "Rückstände" ankomme, sondern auf bei Einreichung des Antrags "fällige Beträge".
II. Die gesetzliche Bewertung
Unterhalt wird in aller Regel als Geldforderung beantragt, sodass zunächst einmal § 35 FamGKG gilt. Der Betrag der Forderung ist maßgebend.
Wird Unterhalt als wiederkehrende Leistung geltend gemacht, ist § 51 Abs. 1 u 2 FamGKG ergänzend heranzuziehen. Diese Vorschrift enthält zwei Bewertungsregeln.
1. Laufender Unterhalt
Für zukünftige Leistung gelten 12 auf die Antragseinreichung folgende Beträge
Für den laufenden Unterhalt maßgebend sind die auf die Antragseinreichung folgenden zwölf Monate (§ 51 Abs. 1 FamGKG). Es gilt also weder der Jahreswert, noch das Zwölffache des verlangten Betrags, noch ein Durchschnittswert, sondern exakt der Wert der zwölf Monate, die auf die Antragseinreichung folgen. Diese Unterscheidung hat dann Bedeutung, wenn für die ersten zwölf Monate unterschiedliche Beträge geltend gemacht werde, etwa beim bezifferten Kindesunterhalt aufgrund Altersklassenänderung.
Beispiel
Der Unterhaltsantrag wird im April 2019 bei Gericht eingereicht.
Die auf die Einreichung folgenden zwölf Monate sind Mai 2019 bis April 2020.
2. Fällige Beträge
Bei Antragseinreichung fällige Beträge sind hinzuzurechnen
Werden neben den wiederkehrenden Unterhaltsbeträgen auch fällige Beträge verlangt, sind diese hinzuzurechnen (§ 51 Abs. 2 FamGKG). Die Fälligkeit des Unterhalts richtet sich nach § 1612 Abs. 3 S. 1 BGB. Unterhalt ist danach am Ersten eines Monats im Voraus zu zahlen. Daraus folgt, dass der laufende Monat als fälliger grds. hinzuzurechnen ist, es sei denn, es ist vertraglich eine andere Fälligkeit vereinbart.
Beispiel
Im April 2019 wird der Unterhaltsantrag eingereicht mit dem Antrag, den Gegner zur Unterhaltszahlung ab April 2019 zu verpflichten.
Zu den zwölf auf die Einreichung folgenden Monaten (Mai 2019 bis April 2020) kommt ein fälliger Betrag (Monat April 2019) hinzu.
III. Einzelfälle
1. Hauptsacheanträge
Bei Hauptsacheanträgen bereitet die Berechnung in der Regel kein großes Problem, da sich aus dem Antrag ergibt, ab wann Unterhalt geltend gemacht wird. Es sind dann die zwölf auf die Antragseinreichung folgenden Monate zu bewerten. Hinzu kommen die bei Antragseinreichung fälligen Beträge.
2. Einstweilige Anordnung
Fällige Beträge sind auch hier zu berücksichtigen
Für die einstweilige Anordnung gilt zunächst einmal nichts anderes als für die Hauptsache. Auch hier ist für die Zukunft zuerst von den auf die Antragseinreichung folgenden zwölf Monaten auszugehen. Ebenso sind fällige Beträge zunächst einmal in vollem Umfang zu berücksichtigen. Hiernach stellt sich dann die Frage, ob bei geringerer Bedeutung gegenüber einem Hauptsacheverfahren ggfs. der gefundene Wert nach § 41 FamGKG herabzusetzen ist. Dies ändert aber nichts daran, dass fällige Beträge – ggfs. hälftig – hinzuzurechnen sind.
3. Verfahrenskostenhilfe
Zeitpunkt des VKH-Antrags ist maßgebend
Wird der Unterhaltsantrag unter der Bedingung der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (VKH) eingereicht, ist nicht auf die Antragseinreichung, also den Bedingungseintritt der Bewilligung von VKH abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem der VKH-Antrag gestellt worden ist, vorausgesetzt, der Hauptsacheantrag wird alsbald nach Bewilligung eingereicht (§ 51 Abs. 2 S. 2 FamGKG).
Beispiel
Die Antragstellerin beantragt im April 2019, ihr Verfahrenskostenhilfe für ein beabsichtigtes Verfahren auf Ehegattenunterhalt ab April zu bewilligen. Für den Fall der Bewilligung stell...