Einführung
Verschiedene Werte für Kindschaftssache möglich
Für Kindschaftssachen nach § 137 Abs. 3 FamFG, also Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge, Umgangsrecht oder Herausgabe eines gemeinschaftlichen Kindes der Ehegatten oder Umgangsrecht eines Ehegatten mit dem Kind des anderen Ehegatten, sieht das FamGKG zwei verschiedene Werte vor. Als selbstständige Verfahren sind sie nach § 45 FamGKG zu bewerten. Als Folgesache im Verbund (§ 137 Abs. 3 FamFG) gilt dagegen nach § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG. Fraglich ist, welcher Wert gilt, wenn eine Kindschachaftssache im Verbund zwar nicht anhängig ist, aber im Wege eines Scheidungsfolgenvergleichs mit verglichen wird.
I. Verfahrenswert des Scheidungsverfahrens
Alle Werte werden zusammengerechnet
Im Scheidungsverbundverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert zunächst einmal nach dem Wert der Ehesache (§ 43 FamGKG). Soweit weitere Folgesachen anhängig gemacht werden, sind diese nach § 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG dem Wert der Ehesache hinzuzurechnen. Kommt es zu einem Vergleich über nicht anhängige Gegenstände, ist für den Mehrwert des Vergleichs ein weiterer Wert festzusetzen, aus dem eine gesonderte 0,25-Gerichtsgebühr anfällt (Nr. 1500 KostVerz.-FamGKG). Aus diesem Wert berechnen sich dann auch die Gebühren der Anwälte für den Mehrwertvergleich.
II. Die Wertvorschriften für Kindschaftssachen
Für Kindschaftssachen sieht das FamGKG zwei verschiedene Werte vor.
1. Selbstständige Familiensachen
Regelwert 3.000,00 EUR
Als selbstständige Verfahren werden Kindschaftssachen nach § 45 FamGKG bewertet. Es gilt ein Regelwert von 3.000,00 EUR (§ 45 Abs. 1 FamGKG), der bei Unbilligkeit herauf- oder herabgesetzt werden kann (§ 45 Abs. 3 FamGKG). Betrifft eine Kindschaftssache mehrere Kinder, liegt nur ein Gegenstand vor (§ 45 Abs. 2 FamGKG), sodass dies für sich genommen nicht zu einer Erhöhung des Verfahrenswerts führt. Sind allerdings mehrere Kindschaftssachen gegeben, ist für jede Kindschaftssache der vorgenannte Regelwert anzusetzen (§ 33 Abs. 1 FamGKG).
2. Folgesachen
Regelwert 20 % der Ehesache
Für Kindschaftssachen, die im Verbund anhängig gemacht werden, erhöht sich der Verfahrenswert um 20 % der Ehesache, höchstens jedoch um 3.000,00 EUR (§ 44 Abs. 2 S. 1, Hs. 1 FamGKG). Auch hier kann von diesen Regelwerten nach § 44 Abs. 3 FamGKG bei Unbilligkeit abgewichen werden. Betrifft eine Kindschaftssache mehrere Kinder, liegt auch hier nur ein Gegenstand vor (§ 44 Abs. 2 S. 1, Hs. 2 FamGKG). Sind allerdings mehrere Kindschaftssachen gegeben, ist auch hier für jede Kindschaftssache der vorgenannte Regelwert anzusetzen und dem Wert der Ehesache hinzuzurechnen. Das folgt aus der gesetzlichen Formulierung, wonach die Erhöhung "jeweils" vorzunehmen ist.
III. Welche Wertvorschrift ist bei einem Folgenvergleich anzuwenden?
Problem: Mehrwertvergleich im Verbund
Probleme bereitet die Festsetzung des Werts für eine Kindschaftssache, wenn die Eheleute im Verbundverfahren eine nicht anhängige Kindschaftssache lediglich in einen Folgenvergleich einbeziehen, ohne dass sie vorher anhängig gemacht worden ist. Gilt dann auch der Wert nach § 44 Abs. 2 FamGKG, weil die Kindschaftssache im Verbundverfahren mit geregelt wird, oder gilt hier der Wert für isolierte Verfahren?
Soweit der Wert der Ehesache 15.000,00 EUR beträgt oder darüber hinausgeht, ergibt sich kein Unterschied. Nach § 45 Abs. 1 FamGKG wäre unabhängig vom Wert der Ehesache von einem Regelwert i.H.v. 3.000,00 EUR auszugehen. Nach § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG wären 20 % der Ehesache anzusetzen, also bei 15.000,00 EUR ebenfalls 3.000,00 EUR. Ein höherer Wert der Ehesache wäre unerheblich, da der Regelwert nach § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG auch dann auf 3.000,00 EUR begrenzt bleibt.
Unterschiede ergeben sich dagegen, wenn der Wert der Ehesache unter 15.000,00 EUR liegt.
Beispiel
Im Scheidungsverbundverfahren (Werte: Ehesache 6.000,00 EUR; Versorgungsausgleich 1.200,00 EUR) schließen die Eheleute eine Scheidungsfolgenvereinbarung zum Umgangsrecht, die vom Gericht gebilligt wird.
Stellt man für den Vergleich auf die Bewertung nach § 44 Abs. 2 FamGKG ab, ergibt sich ein Betrag i.H.v. 20 % aus 3.000,00 EUR = 600,00 EUR. Stellt man dagegen auf die Vorschrift des § 45 FamGKG ab, ergibt sich ein Regelwert von 3.000,00 EUR.
Regelwert nach § 45 FamGKG maßgebend
Zutreffender Weise ist vom Regelwert des § 45 Abs. 1 FamGKG auszugehen. Die Sondervorschrift des § 44 Abs. 2 FamGKG gilt nur für die Fälle, in denen das Umgangsrecht Folgesache i.S.d. § 137 FamFG geworden ist. Zu einer Folgesache wird eine Kindschaftssache aber nur dadurch, dass ein Antrag auf Durchführung des Verfahrens im Verbund gestellt wird (§ 137 Abs. 3 FamFG). Das ist aber wiederum nicht der Fall, wenn die Beteiligten lediglich eine Einigung über eine nicht anhängige Kindschaftssache treffen. Dass ein Gegenstand auch durch Abschluss einer Einigung zur Folgesache wird, sieht das FamFG dagegen nicht vor.
Wird im Scheidungsverbundverfahren ein Folgenvergleich über Kindschaftssachen geschlossen, ohne dass diese als Folgesache anhängig waren, so ist vom Regelwert gem. § 45 FamGKG auszugehen.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.8.2015 – 16 WF 161/15, AGS 2015, 456 = NJW-Spezial 2015, 669 = NZFam 2015, 1021
Es besteht auch kei...