1. Überblick
Fiktive Terminsgebühr auch im Beschwerdeverfahren möglich
Auch in Beschwerdeverfahren kann eine fiktive Terminsgebühr entstehen – hier nach Nr. 3202 VV. Die Voraussetzungen sind die gleichen wie in erster Instanz. Lediglich ein Versäumnisbeschluss im schriftlichen Vorverfahren ist hier nicht möglich.
Die Terminsgebühr entsteht nach Anm. Abs. 1 zu Nr. 3202 VV i.V.m. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV, wenn in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist,
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im Einverständnis mit den Beteiligten oder |
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gem. § 307 ZPO |
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ohne mündliche Verhandlung entschieden oder |
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in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen |
wird.
2. Familienstreitsachen
Mündliche Verhandlung ist vorgeschrieben
Da in Familienstreitsachen eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, kann hier eine fiktive Terminsgebühr entstehen.
Beispiel
Gegen den Beschluss des FamG, mit dem der Antrag auf Zahlung von 15.000,00 EUR Zugewinn zurückgewiesen worden ist, legt der Antragsteller Beschwerde ein. Nach schriftlichem Hinweis des Gerichts erkennt der Antragsgegner die Forderung an. Es ergeht ein Anerkenntnisbeschluss im schriftlichen Verfahren.
Da im Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, entsteht auch eine Terminsgebühr. Abzurechnen ist wie folgt:
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
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1.040,00 EUR |
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(Wert: 15.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
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780,00 EUR |
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(Wert: 15.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.840,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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349,60 EUR |
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Gesamt |
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2.189,60 EUR |
Beispiel
Gegen den Beschluss des FamG, mit dem der Antrag auf Zahlung von 10.000,00 EUR Zugewinn zurückgewiesen worden ist, legt der Antragsteller Beschwerde ein. Auf Vorschlag des Gerichts wird ein schriftlicher Vergleich geschlossen.
Abzurechnen ist wie folgt:
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
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892,80 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
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669,60 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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3. |
1,3-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1004 VV |
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725,40 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
2.370,80 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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438,48 EUR |
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Gesamt |
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2.746,28 EUR |
Auch hier ist es erforderlich, dass es sich um eine Entscheidung handelt, die ohne Zustimmung der Beteiligten nur aufgrund mündlicher Verhandlung hätte ergehen dürfen.
3. Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit
Mündliche Verhandlung nach h.M. nicht vorgeschrieben
Da in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine mündliche Verhandlung nach h.M. nicht vorgeschrieben ist (s.o.), kann hier eine fiktive Terminsgebühr nicht entstehen.
Beispiel
Gegen den Beschluss des FamG, mit dem der Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge zurückgewiesen worden ist (Wert: 3.000,00 EUR), wird Beschwerde erhoben. Auf Vorschlag des Gerichts wird ein schriftlicher Vergleich geschlossen.
Es entsteht nur die 1,6-Verfahrensgebühr und die 1,3-Einigungsgebühr, nicht aber auch eine Terminsgebühr. Abzurechnen ist wie folgt:
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
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321,60 EUR |
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(Wert: 3.000,00 EUR) |
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2. |
1,3-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1004 VV |
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261,30 EUR |
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(Wert: 3.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
602,90 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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114,55 EUR |
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Gesamt |
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717,45 EUR |
4. Verfahren nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG
Keine Zustimmung der Beteiligten erforderlich
Eine Besonderheit im Beschwerdeverfahren bildet der Fall des § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG. Danach kann das OLG auch ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn bereits in erster Instanz mündlich verhandelt worden ist und sich das Gericht im Beschwerdeverfahren von einer mündlichen Verhandlung keine neuen Erkenntnisse verspricht.
§ 68 Gang des Beschwerdeverfahrens
(1) ...
(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
Keine fiktive Terminsgebühr
Macht das Gericht von dieser Möglichkeit Gebrauch, entsteht keine fiktive Terminsgebühr, da hierfür gerade nicht die Zustimmung der Beteiligten erforderlich ist.
Beispiel
Gegen die Verpflichtung, 20.000,00 EUR Zugewinn zu zahlen, legt der Ehemann Beschwerde ein. Das Gericht entscheidet nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG ohne mündliche Verhandlung.
Es entsteht nur die 1,6-Verfahrensgebühr.
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3202 VV |
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1.187,20 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.207,20 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
229,37 EUR |
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Gesamt |
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1.436,57 EUR |
Wenn das Beschwerdegeri...