I. Einleitung
Prozess- und Verfahrenskostenhilfe erstreckt sich auch auf Vollstreckung und Vollziehung
Ist der Anwalt in einem einstweiligen Verfügungsverfahren, einem Arrestverfahren oder in einem einstweiligen Anordnungsverfahren beigeordnet, dann erstrecken sich Bewilligung und Beiordnung gem. § 48 Abs. 2 S. 1 RVG auch auf die Vollziehung der einstweiligen Verfügung oder des Arrestes bzw. die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung.
Gericht kann Bewilligung und Beiordnung einschränken
Etwas anders gilt nur dann, wenn der Beiordnungsbeschluss ausdrücklich etwas anderes bestimmt (§ 48 Abs. 2 S. 2 RVG), also wenn das Gericht z.B. im Beiordnungsbeschluss ausdrücklich anordnet, dass sich die Bewilligung nur auf das Eilverfahren erstrecke, nicht aber auch auf dessen Vollziehung oder Vollstreckung. Das kommt in der Praxis allerdings nicht vor. Den Gerichten ist i.d.R. die Erstreckungswirkung des § 48 Abs. 2 S. 1 RVG nicht bekannt, sodass sie sich erst gar keine Gedanken über eine Beschränkung nach § 48 Abs. 2 S. 2 RVG machen. Abgesehen davon sind auch kaum Fälle denkbar, in denen für das Eilverfahren ein Anspruch auf Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe besteht, nicht aber gleichzeitig auch für die Vollziehung oder Vollstreckung.
II. Vergütung
Anwalt erhält Vergütung nach Nrn. 3309 ff. VV aus der Landeskasse
Der Anwalt erhält in diesen Fällen aus der Landeskasse die gesetzliche Vergütung aus Teil 3 Abschnitt 3 Unterabschnitt 3 VV (Nrn. 3309 ff. VV), allerdings nach den Gebührenbeträgen des § 49 RVG.
Der Anwalt beantragt für den Mieter den Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Wiederinbetriebnahme der Heizung. Das Gericht erlässt die einstweilige Verfügung, bewilligt Prozesskostenhilfe und ordnet den Anwalt bei. Da der Vermieter nach Zustellung der einstweiligen Verfügung keine Anstalten macht, die Heizung wieder in Betrieb zu nehmen, beantragt der Anwalt beim AG die Verhängung eines Zwangsgeldes.
Für das Zwangsgeldverfahren bedarf es nach § 48 Abs. 2 S. 1 RVG keiner Prozesskostenhilfebewilligung. Die Prozesskostenhilfebewilligung im einstweiligen Verfügungsverfahren erstreckt sich auch auf das Zwangsgeldverfahren.
Der Anwalt hat für seinen Mandanten vor dem LG einen Arrest erwirkt. Dem Mandanten war Prozesskostenhilfe bewilligt und der Anwalt beigeordnet worden. Anschließend wird aufgrund des Arrestbeschlusses die Mobiliarvollstreckung betrieben.
Auch insoweit gilt § 48 Abs. 2 S. 1 RVG. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe im Arrestverfahren erstreckt sich auch auf die Arrestvollziehung.
Der Anwalt hat für die Mandantin eine einstweilige Anordnung auf Unterhaltszahlungen erwirkt. Hierfür ist Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden. Anschließend bringt der Anwalt für die Mandantin eine Gehaltspfändung beim Arbeitgeber des Ehemannes aus.
Auch hier bedarf es keiner gesonderten Bewilligung für das Vollstreckungsverfahren. Denn auch hier gilt § 48 Abs. 2 S. 1 RVG. Die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe im einstweiligen Anordnungsverfahren erstreckt sich auch auf die Vollstreckung.
III. Verauslagte Kosten
Häufig kommt es dazu, dass der beigeordnete Anwalt im Rahmen seiner Vollstreckungstätigkeit Kosten verauslagt, etwa Gerichtsvollzieherkosten oder Gerichtskosten beim Grundbuchamt für die Eintragung einer Zwangshypothek. Diese Kosten werden dann zusammen mit der Anwaltsvergütung zur Festsetzung bei der Landeskasse angemeldet. Die Anwälte sind dann immer verwundert, wenn die Landeskasse trotz Prozess- oder Verfahrenskostenhilfebewilligung die Übernahme dieser Kosten ablehnt.
Verauslagte Gerichts- oder Gerichtsvollzieherkosten werden von der Landeskasse nicht übernommen
Zwar ist die Landeskasse gem. § 46 RVG verpflichtet, notwendige Auslagen ebenfalls zu übernehmen. Bei Gerichts- oder Gerichtsvollzieherkosten, die der Anwalt für die bedürftige Partei übernimmt, handelt es sich jedoch nicht um notwendige Kosten. Soweit einer Partei Prozesskostenhilfe für eine Zwangsvollstreckung bewilligt ist – und dazu zählen auch die Fälle des § 48 Abs. 2 S. 1 RVG –, bewirkt die Bewilligung der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe, dass die Partei von Gerichts- und Gerichtsvollzieherkosten freigestellt ist (§ 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) ZPO). Solche Kosten dürfen von der bedürftigen Partei gar nicht erhoben werden. Wenn solche Kosten aber nicht erhoben werden dürfen, dann können sie auch nicht notwendige Kosten sein, wenn der Anwalt sie zahlt.
Vollsteckungsorgan darf keine Kosten erheben
Der Fehler vieler Anwälte liegt darin, Vollstreckungsorgane nicht auf die bewilligte Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe hinzuweisen. Sofern dies rechtzeitig geschieht, dürfen die Vollstreckungsorgane der bedürftigen Partei keine Kosten in Rechnung stellen (§ 122 Abs. Nr. 1 Buchst. a) ZPO), sodass sich die Frage der nachträglichen Erstattung nicht stellt.
Ist Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe für die Vollstreckung bewilligt oder erstreckt sich die Bewilligung auch auf die Vollziehung oder Vollstreckung (§ 48 Abs. 2 S. 1 RVG), dann sollte i...