Nicht angerechneter Betrag bleibt auch hier stehen

Kommt die Anrechnung der ersten Gebühr bei der unmittelbar nachfolgenden Angelegenheit nicht voll zum Tragen, weil zunächst nur ein Teil der zuvor geltend gemachten Gegenstände weiter verfolgt wird, und kommt es dann zu einer weiteren Angelegenheit, in der sämtliche Gegenstände wieder aufgegriffen werden, so wird auch hier (wie in Fall unter III.) der bisher nicht angerechnete Restbetrag der ersten Gebühr nunmehr angerechnet.

 
Hinweis

1. Wenn die Voraussetzungen für eine Anrechnung sowohl nach Vorbem. 3 Abs. 4 als auch Abs. 5 VV vorliegen, wird zunächst die im selbstständigen Beweisverfahren angefallene Verfahrensgebühr auf die Verfahrensgebühr des Hauptsacheverfahrens angerechnet und dann die anteilige Geschäftsgebühr auf die verbleibenden Verfahrensgebühren. Zu diesen gehört außer der Verfahrensgebühr des selbstständigen Beweisverfahrens auch der nach Anrechnung verbleibende Rest der Verfahrensgebühr des Hauptsacheverfahrens, wenn dessen Streitwert höher ist als der des Beweisverfahrens.

2. Auch wenn der Streitwert des selbstständigen Beweisverfahrens in einem solchen Fall niedriger ist als der des Hauptsacheverfahrens, kann sich die anzurechnende Geschäftsgebühr nach dem Streitwert des Hauptsacheverfahrens bemessen, wenn dieser dem Gegenstandswert der außergerichtlichen Tätigkeit entspricht.

OLG München, Beschl. v. 11.2.2009 – 11 W 2855/08, AGS 2009, 438 m. Anm. N. Schneider = JurBüro 2009, 475.

 

Beispiel

Der Anwalt war zunächst nach einem Wert von 12.000,00 EUR außergerichtlich tätig. Anschließend wurde ein selbstständiges Beweisverfahren über einen Teilbetrag i.H.v. 6.000,00 EUR geführt, da nur insoweit Beweisbedürftigkeit bestand. Im Rechtsstreit werden wiederum die vollen 12.000,00 EUR geltend gemacht.

Die Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV) ist auf die Verfahrensgebühr des selbstständigen Beweisverfahrens (Nr. 3100 VV) gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, allerdings nur nach einem Wert von 6.000,00 EUR. Der nach Anrechnung im Beweisverfahren verbliebene Restbetrag der Geschäftsgebühr ist anschließend im Rechtsstreit nach Vorbem. 3 Abs. 5 VV anzurechnen.

 
I. Außergerichtliche Vertretung
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   785,20 EUR
  (Wert: 12.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 805,20 EUR
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   152,99 EUR
  Gesamt   958,19 EUR
 
II. Selbstständiges Beweisverfahren
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   460,20 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,   – 230,10 EUR
  0,65 aus 6.000,00 EUR    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 250,10 EUR
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   47,52 EUR
  Gesamt   297,62 EUR
 
III. Rechtsstreit
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   785,20 EUR
  (Wert: 12.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 5 VV anzurechnen,   – 460,20 EUR
  1,3 aus 6.000,00 EUR    
3. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, – 392,60 EUR  
  0,65 aus 12.000,00 EUR    
  ./. bereits im Beweisverfahren angerechneter 230,10 EUR  
      – 162,50 EUR
4. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   724,80 EUR
  (Wert: 12.000,00 EUR)    
5. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 907,30 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   172,39 EUR
  Gesamt   1.079,69 EUR

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