1. Überblick

Anrechnung kann begrenzt sein

Möglich ist auch, dass der Gebührensatz in der nachfolgenden Angelegenheit geringer ausfällt als der anzurechnende Gebührensatz. Dann ist die Anrechnung zu begrenzen, da nicht mehr angerechnet werden kann, als an Gebühren entsteht. Kommt es dann anschließend zu einer weiteren Angelegenheit, auf die wiederum anzurechnen ist, dann kann der nicht verbrauchte Betrag der ersten Anrechnung in der nachnachfolgenden Angelegenheit anzurechnen sein.

2. Begrenzung der Anrechnung

Anrechnung wird begrenzt

Kommt die Anrechnung der Geschäftsgebühr bei der ersten nachfolgenden Angelegenheit nicht voll zum Tragen, weil der Gebührensatz der ersten nachfolgenden Angelegenheit unterhalb des anzurechnenden Gebührensatzes liegt, so ist die Anrechnung zu beschränken. Es kann nicht mehr angerechnet werden, als der Anwalt in der nachfolgenden Angelegenheit erhält. Die Anrechnung kann allenfalls zu einer rechnerischen Null führen, aber nicht zu einem negativen Betrag.

 

Beispiel

Der Anwalt wehrt außergerichtlich für den Auftraggeber eine Forderung i.H.v. 8.000,00 EUR ab. Die Sache ist umfangreich, aber durchschnittlich. Der Gegner erwirkt daraufhin einen Mahnbescheid, gegen den der Anwalt Widerspruch einlegt.

Ausgehend von einer 1,5-Geschäftsgebühr wäre diese zu einem Gebührensatz von 0,75 anzurechnen. Da der Anwalt im Mahnverfahren aber nur 0,5 erhält (Nr. 3307 VV), kann von der Geschäftsgebühr nicht mehr als 0,5 angerechnet werden.

 
I. Außergerichtliche Vertretung
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   684,00 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 704,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   133,76 EUR
  Gesamt   837,76 EUR
 
II. Mahnverfahren
1. 0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3307 VV   228,00 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,   – 228,00 EUR
  0,5 aus 8.000,00 EUR    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 20,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   3,80 EUR
  Gesamt   23,80 EUR

3. Anrechnung des Restbetrages auf nachnachfolgende Angelegenheit

Nicht angerechneter Betrag wird übertragen

Kommt die Anrechnung der Geschäftsgebühr bei dem ersten nachfolgenden gerichtlichen Verfahren nicht voll zum Tragen, weil der Gebührensatz der ersten nachfolgenden Angelegenheit unterhalb des anzurechnenden Gebührensatzes liegt (s. 2.), so ist der nicht verbrauchte Anrechnungsbetrag auf eine anschließende weitere Angelegenheit anzurechnen, wenn die betreffende Gebühr des nachfolgenden Verfahrens wiederum auf die des weiteren Verfahrens ihrerseits anzurechnen ist.

 

Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr bei Mahnverfahren und nachfolgendem Streitverfahren

1. Ging einem gerichtlichen Verfahren eine außergerichtliche Tätigkeit mit anschließendem gerichtlichen Mahnverfahren voraus, so ist bei der Festsetzung der anwaltlichen Vergütung die vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr auf die im Mahnverfahren entstandene Verfahrensgebühr anzurechnen.

2. Die auf Seiten des Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners außergerichtlich entstandene Geschäftsgebühr ist davon abweichend zu 0,5 Gebühren auf die für diesen reduzierte Verfahrensgebühr im Mahnverfahren und zu weiteren 0,15 Gebühren auf die Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren anzurechnen.

OLG Köln, Beschl. v. 27.4.2009 – 17 W 249/08, AGS 2009, 476

 

Beispiel

Der Anwalt wehrt außergerichtlich für den Auftraggeber eine Forderung i.H.v. 10.000,00 EUR ab. Die Sache ist umfangreich, aber durchschnittlich. Der Gegner erwirkt daraufhin einen Mahnbescheid, gegen den der Anwalt Widerspruch einlegt. Hiernach kommt es zum streitigen Verfahren, in dem verhandelt wird.

Abzurechnen ist zunächst wie im vorangegangenen Beispiel. Der nicht verbrauchte Anrechnungsbetrag der Geschäftsgebühr in Höhe eines Gebührensatzes von 0,15 ist jetzt auf das streitige Verfahren zu "übertragen" und dort anzurechnen. Daneben ist selbstverständlich auch die 0,5-Verfahrensgebühr der Nr. 3307 VV anzurechnen (Anm. zu Nr. 3307 VV).

 
I. Außergerichtliche Vertretung
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   837,00 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 857,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   162,83 EUR
  Gesamt   1.019,83 EUR
 
II. Mahnverfahren
1. 0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3307 VV   279,00 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,   – 279,00 EUR
  0,5 aus 10.000,00 EUR    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 20,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   3,80 EUR
  Gesamt   23,80 EUR
 
III. Gerichtliches Verfahren
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   725,40 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. gem. Anm. zu Nr. 3307 VV anzurechnen,   – 279,00 EUR
  0,5 aus 10.000,00 EUR    
3. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, – 418,50 EUR  
  0,75 aus 10.000,00 EUR    
  ./. davon bereits angerechneter 279,00 EUR  
  0,5 aus 10.000,00 EUR    
      – 139,50 EUR
4. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   669,60 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
5. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 E...

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