Leitsatz
Auf die Abrechnung der Akteneinsichtspauschale hat der Anwalt Umsatzsteuer zu erheben.
AG Köthen, Beschl. v. 15.7.2009 - 12 II 301/07
I. Der Fall
Der Anwalt war im Rahmen der Beratungshilfe für den Rechtsuchenden tätig und hatte Einsicht in Strafakten nehmen müssen. Hierfür wurde ihm von der Gerichtskasse eine Aktenversendungspauschale in Höhe von 12,00 EUR berechnet, die der Anwalt zahlte und anschließend im Rahmen seiner Beratungshilfevergütung zuzüglich Umsatzsteuer abrechnete. Die Vergütung wurde antragsgemäß festgesetzt.
Die Erinnerung des Bezirksrevisors, mit der er die Absetzung der Umsatzsteuer erreichen wollte, wurde zurückgewiesen.
II. Die Entscheidung
Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass die Einsichtnahme in die Ermittlungsakten erforderlich war und daher von der Landeskasse zu vergüten ist.
Aktenversendungspauschale schuldet der Anwalt selbst
Das Gericht geht ferner davon aus, dass die Weiterberechnung der Aktenversendungspauschale umsatzsteuerpflichtig ist, da es sich nicht um verauslagte Kosten handele, sondern um eine eigene Gebührenschuld des Anwalts, die er zu begleichen habe und deren Weiterberechnung folglich der Umsatzsteuer unterliege.
Ausgangspunkt ist die Frage, wer Schuldner der Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 GKG-KostVerz ist. Geht man davon aus, dass der Anwalt Kostenschuldner ist, dann unterliegt ihm die Weiterberechnung der Umsatzsteuer. Geht man dagegen davon aus, dass der Mandant Kostenschuldner ist, dann handelt es sich um eine fremde Schuld, also um verauslagte Kosten, so dass die Weiterberechnung nicht umsatzsteuerpflichtig ist.
Die ganz h.M. geht davon aus, dass gem. § 28 Abs. 2 GKG Schuldner der Aktenversendungspauschale der Anwalt ist. Die gegenteilige Ansicht wird allerdings nach wie vor immer noch in der Rspr. vertreten.
Geht man mit der h.M. davon aus, dass Schuldner der Aktenversendungspauschale der Anwalt ist, dann ist auf die Weiterberechnung dieser Kosten nach Nr. 7008 VV Umsatzsteuer zu erheben.
Den Anwalt als Gebührenschuldner nehmen an:
- Bayerischer VGH AGS 2007, 574 = NJW 2007, 1483 = NVwZ-RR 2007, 502 = RVGreport 2007, 399,
- OLG Karlsruhe, Beschl. v. 8.12.2004 - 16 UF 71/99,
- OLG Köln AGS 2009, 339 = MDR 2009, 955,
- OLG Bamberg AGS 2009, 320 = DAR 2009, 433 = StraFo 2009, 350 = zfs 2009, 466,
- LG Mainz AGS 2007, 636 = JurBüro 2007, 597 = NJW-RR 2008, 151,
- LG Koblenz NJW 1996, 1223 = BRAK-Mitt 1996, 220,
- AG Neustadt (Weinstraße) AGS 2008, 337 = NJW-Spezial 2008, 413,
- AG Mainz AGS 2007, 636 = JurBüro 2007, 597 = NJW-RR 2008, 151,
- VG Meiningen AGS 2005, 565 = JurBüro 2006, 36.
Eine Kostenschuldnerschaft des Mandanten nehmen dagegen an:
- OLG Düsseldorf AGS 2008, 291 = JurBüro 2008, 375 = NJW-Spezial 2008, 347,
- Sächsisches OVG AGS 2009, 492 = JurBüro 2009, 543 = SächsVBl 2009, 239,
- OVG Hamburg RVGreport 2006, 318 = NordÖR 2006, 321,
- VG Düsseldorf NVwZ-RR 2006, 744 = JurBüro 2006, 90,
- AG Dessau AGS 2007, 611 = AnwBl 2007, 239 = StRR 2007, 200.