Nutzungsentschädigung nach der Scheidung ist Familienstreitsache
Wird Nutzungsentschädigung für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung verlangt, richtet sich der Anspruch nach § 745 Abs. 2 BGB. Es handelt sich nicht um eine Ehewohnungssache nach § 200 FamFG, sondern um eine Familienstreitsache nach § 266 Abs. 1 FamFG.
Nutzungsentschädigung nach der Scheidung ist Familienstreitsache
1. Nutzungsentschädigungsansprüche gegen einen Ehegatten für eine im Miteigentum stehende Wohnung sind für die Zeit der Trennung nach § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB zu beurteilen und als Ehewohnungssache nach § 111 Nr. 5 FamFG im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu verfolgen.
2. Nutzungsentschädigungsansprüche gegen einen früheren Ehegatten für eine im Miteigentum stehende Wohnung sind nach Rechtskraft der Scheidung nach § 745 Abs. 2 BGB zu beurteilen und als sonstige Familiensache nach § 111 Nr. 10 FamFG im streitigen Verfahren zu verfolgen.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 8.11.2017 – 13 WF 257/17, NZFam 2018, 235 = FF 2018, 84 = NJW-Spezial 2018, 165
Ungeachtet dessen wollte das OLG Hamm § 48 Abs. 1 FamGKG auch auf diese Verfahren anwenden:
Der Verfahrenswert eines Antrags auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die ehemalige Ehewohnung bemisst sich auch dann nach § 48 Abs. 1 FamGKG, wenn die Nutzungsentschädigung für die Zeit nach der Scheidung begehrt wird.
OLG Hamm, Beschl. v. 8.1.2013 – II 6 UF 96/12, AGS 2013, 183 = RVGprof. 2013, 55 = NJW-Spezial 2013, 285 = FamFR 2013, 254
Das ist jedoch unzutreffend. Da es sich um eine Familienstreitsache handelt und nicht um eine Ehewohnungssache, ist § 48 Abs. 1 FamGKG folglich nicht anwendbar.
Maßgebend ist hier also zunächst einmal § 35 FamGKG, da Geldforderungen geltend gemacht werden.
Bewertung zukünftiger Leistung ist strittig
Strittig ist allerdings wiederum, wie zukünftige Leistungen zu bewerten sind. Einigkeit besteht lediglich insoweit, als fällige Beträge voll zu bewerten sind. Die Frage ist nur, inwieweit die laufenden zukünftigen Beträge hinzugerechnet werden.
Jahreswert
Nach einer Auffassung soll hinsichtlich der zukünftig verlangten Beträge auf die Wertung des § 51 FamGKG abgestellt und der Jahreswert angenommen werden.
1. Der Verfahrenswert für einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung für eine im Miteigentum der Beteiligten stehende ehemalige Ehewohnung (gemeinsames Haus) nach § 745 Abs. 2 BGB richtet sich für die rückständige Nutzungsentschädigung nach § 35 FamGKG, wonach für die Bemessung des Verfahrenswertes auf alle bis zur Einreichung des Antrages fälligen Beträge abzustellen ist.
2. Für die nach Einreichung des Antrags laufenden Beträge ist hingegen auf § 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG abzustellen, also auf den Betrag von 12 Monatsraten. Die Werte für die rückständigen und laufenden Nutzungsentschädigungen sind zu addieren.
OLG Naumburg, Beschl. v. 2.9.2014 – 3 UF 229/13, AGS 2015, 36 = NJW-Spezial 2015, 59 = NZFam 2015, 136 = FamRZ 2015, 953
Es entspricht regelmäßig billigem Ermessen, den Wert eines gegen den geschiedenen Ehegatten geltend gemachten Anspruchs auf Nutzungsentschädigung auf den 12-fachen Betrag der geforderten monatlichen Leistung festzusetzen.
OLG Braunschweig, Beschl. v. 21.3.2017 – 1 UF 106/16, AGS 2017, 341 = NdsRpfl 2017, 145 = FamRZ 2017, 1767 = NZFam 2017, 377 = FF 2017, 218 = NJW-Spezial 2017, 316 = FamRB 2017, 340 = FuR 2018, 89
Dreieinhalbfacher Jahreswert
Nach a.A. ist die Wertung des § 9 ZPO entsprechend heranzuziehen und auf den dreieinhalbfachen Jahreswert abzustellen.
Der Wert für einen solchen, die Trennungszeit überschreitenden Anspruch auf Nutzungsentschädigung gem. § 745 Abs. 2 ZPO ist über § 42 FamGKG entsprechend § 48 Abs. 1 GKG, § 9 ZPO zu bestimmen, während § 41 GKG nicht entsprechend anwendbar ist, weil er nur für Streitigkeiten über den Bestand oder die Dauer eines Mietverhältnisses, nicht jedoch daraus entspringende Zahlungsverpflichtungen maßgeblich ist.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.5.2013 – 6 UF 373/11, AGS 2013, 341 = FamRZ 2014, 1732 = NJW-Spezial 2013, 539 = FamRB 2013, 360 = FF 2013, 512
Verfahrenswert eines Antrags auf Zahlung einer laufenden Nutzungsentschädigung nach Rechtskraft der Scheidung
Wird nach Rechtskraft der Scheidung eine Nutzungsentschädigung für die Ehewohnung verlangt, so richtet sich der Verfahrenswert einerseits nach den bei Einreichung fälligen Beträgen und andererseits nach dem dreieinhalbfachen Jahreswert der laufenden Leistungen, soweit die Entschädigung nicht für einen kürzeren Zeitraum verlangt wird.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 22.6.2020 – 15 UF 15/20
Beide Auffassungen haben den Nachteil, dass sie zu sehr auf starre Regelwerte abs...