Leitsatz
Der Erstattungsanspruch von Streitgenossen mit erkennbar gleichgerichtetem Interesse und Prozesskonzept kann auf die Kosten beschränkt sein, die bei Vertretung durch einen gemeinsamen Anwalt entstanden wären.
OLG Koblenz, Beschl. v. 5.8.2010 – 14 W 420/10
I. Der Fall
Verklagt war eine aus fünf Personen bestehende BGB-Gesellschaft. Das LG hat den fünf Beklagten eine individuelle Prozessvertretung durch jeweils einen Anwalt zugebilligt und auf dieser Grundlage eine Kostenerstattungspflicht der Klägerin nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO bejaht. Die hiergegen erhobene Beschwerde hatte Erfolg.
II. Die Entscheidung
Streitgenossen sind aus wirtschaftlichen Überlegungen gehalten, grundsätzlich einen gemeinsamen Anwalt zu beauftragen
Es ist anerkannt, dass mehrere Streitgenossen aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus gehalten sein können, einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten einzusetzen, wenn ein interner Interessenwiderstreit zwischen ihnen nicht zu ersehen ist und deshalb das Bedürfnis dafür fehlt, jeweils einen eigenen Anwalt zu beauftragen (BGH NJW 2007, 2257; OLG Karlsruhe MDR 2000, 235; OLG Naumburg, Beschl. v. 16.10.2001 – 13 W 187/01 u. Rpfleger 2005, 482). Dabei lässt sich ein beachtlichter Konflikt noch nicht daraus herleiten, dass – wie von Beklagtenseite geltend gemacht worden ist – der Ausgang des Prozesses Regressansprüche zwischen den Streitgenossen nach sich ziehen kann, weil derartige Ansprüche nicht Gegenstand des zu führenden Rechtsstreits, sondern eine bloße Folgewirkung sind (BGH NJW 2007, 2257). Mandatieren die Streitgenossen gleichwohl jeweils getrennt einen Prozessvertreter, müssen sie sich so behandeln lassen, als wäre dies nicht geschehen.
Nur bei besonderen Umständen sind die Kosten eines gesonderten Anwalts zu erstatten
So liegen die Dinge grundsätzlich auch hier. Die Beklagten waren in einer Sozietät verbunden und sind den Ansprüchen des Klägers in der Sache gleichgerichtet entgegengetreten. Eine Divergenz ergab sich nur insoweit, als der Einwand im Raum stand, die Schadensverantwortlichkeit treffe allenfalls den Beklagten zu 4) und nicht darüber hinaus auch die Beklagten zu 1), zu 2), zu 3) und zu 5), weil lediglich jener, nicht aber die Sozietät als Ganzes für die Klägerin tätig gewesen sei.
Im Gegenzug ist die Gebührenerhöhung zu berücksichtigen
Im Hinblick darauf hatte allein der Beklagte zu 4) hinreichenden Anlass, sich eines eigenen Prozessvertreters zu bedienen. Dagegen oblag es den Beklagten zu 1), zu 2), zu 3) und zu 5), zusammen einen Anwalt zu bestellen. Das begrenzt ihre Erstattungsansprüche gegenüber der Klägerin auf die Kosten, die sie dann unter Berücksichtigung von Nr. 1008 VV anteilig für diesen Anwalt hätten tragen müssen.
III. Der Praxistipp
Wird die BGB-Gesellschaft verklagt, darf nur ein Anwalt bestellt werden
Wäre die Sozietät als BGB-Gesellschaft verklagt worden, dann hätte nur ein Auftraggeber vorgelegen, so dass folglich auch nur ein Anwalt hätte bestellt werden dürfen und damit auch nur dieser eine Anwalt erstattungsfähig gewesen wäre. Zudem wäre die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV vermieden worden, da die BGB-Gesellschaft eine eigene Rechtspersönlichkeit ist und als solche verklagt werden kann.