Zusätzliche Gebühr entsteht bei Erledigung des Verfahrens ohne Hauptverhandlung
Nach Nr. 4141 VV erhält der Anwalt eine zusätzliche Gebühr, wenn er daran mitwirkt, dass sich das Verfahren außerhalb der Hauptverhandlung erledigt durch
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eine nicht nur vorläufige Einstellung |
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rechtzeitige Rücknahme des Einspruchs gegen einen Strafbefehl |
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Nichteröffnung des Hauptverfahrens oder |
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rechtzeitige Rücknahme eines Rechtsmittels. |
Analoge Anwendung im Fall des § 411 StPO, wenn im schriftlichen Verfahren entschieden wird
Darüber hinaus kommt ein weiterer (analoger) Anwendungsfall der Nr. 4141 VV in Betracht, wenn nach § 411 StPO im schriftlichen Verfahren entschieden wird. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht die Möglichkeit, im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, wenn gegen einen Strafbefehl Einspruch eingelegt, dieser aber auf die Höhe der Tagessätze beschränkt wird. Im Gegensatz zu sonstigen Einsprüchen gegen einen Strafbefehl braucht das Gericht in diesem Fall keine Hauptverhandlung durchzuführen, sondern kann im Einverständnis der Verfahrensbeteiligten ohne eine solche entscheiden.
Mitwirkung erspart dem Gericht die Hauptverhandlung
Wirkt ein Anwalt an diesem Vorgehen mit, so erspart er dem Gericht die ansonsten vorgeschriebene Durchführung der Hauptverhandlung, so dass ihm in entsprechender Anwendung der Nr. 4141 VV eine zusätzliche Gebühr zustehen muss (AG Darmstadt AGS 2008, 344 = VRR 2008, 243 = StRR 2008, 243 = NJW-Spezial 2008, 601; AG Köln AGS 2008, 284 = RVGreport 2008, 226 = StRR 2008, 240 = VRR 2008, 238; siehe dazu auch N. Schneider, Das vergessene schriftliche Verfahren in Strafsachen – Analoge Anwendung der Nr. 4141 VV-RVG?, AnwBl 2005, 274).
Gegenteilige Auffassung verkennt Sinn und Zweck der zusätzlichen Gebühr
Die gegenteilige Auffassung (OLG Frankfurt AGS 2008, 487 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2008, 428 = VRR 2009, 80 = StRR 2009, 158 = NStZ-RR 2008, 360) verkennt den Sinn und Zweck der Vorschrift. Die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV soll erklärtermaßen für den Anwalt einen Anreiz schaffen, an einer möglichst schnellen frühzeitigen und arbeitssparenden Beendigung des Verfahrens mitzuwirken. Würde man die analoge Anwendung der Nr. 4141 VV ablehnen, dann wäre für den Anwalt gerade ein Anreiz geschaffen, es auf einen Hauptverhandlungstermin ankommen zu lassen, um dort eine weitere Gebühr zu verdienen.
Gegen den Beschuldigten ergeht ein Strafbefehl wegen einer Trunkenheitsfahrt. Verhängt werden 30 Tagessätze zu jeweils 30,00 EUR. Er beauftragt daraufhin einen Verteidiger, der gegen den Strafbefehl Einspruch einlegt und diesen auf die Höhe des Tagessatzes beschränkt, da der Beschuldigte Auszubildender ist und monatlich lediglich 300,00 EUR netto zur Verfügung hat. Das Gericht ist bereit, die Höhe des Tagessatzes auf 10,00 EUR zu beschränken, und bietet an, mit dieser Maßgabe im schriftlichen Verfahren nach § 411 Abs. 1 S. 3 StPO zu entscheiden. Der Verteidiger stimmt nach Beratung mit dem Beschuldigten zu.
Da der Verteidiger auch hier die Durchführung der Hauptverhandlung vermieden hat, steht ihm analog Nr. 4141 VV eine zusätzliche Gebühr zu.
1. |
Grundgebühr, Nr. 4100 VV |
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165,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV |
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140,00 EUR |
3. |
Zusätzliche Gebühr, Nrn. 4141, 4106 VV |
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140,00 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
465,00 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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88,35 EUR |
Gesamt |
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553,35 EUR |