I. Ausgangslage
In Strafsachen erhält der Anwalt grundsätzlich Betragsrahmengebühren, so dass in Ausnahme des Grundsatzes des § 2 Abs. 1 RVG nicht nach dem Gegenstandswert abgerechnet wird.
Auch in Strafsachen werden Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet
Ausnahmsweise sind aber auch in Strafsachen Gebühren vorgesehen, die sich nach dem Gegenstandswert berechnen, nämlich
- bei Einziehung und verwandten Maßnahmen (Nr. 4142 VV) und
- soweit vermögensrechtliche Ansprüche des Verletzten geltend gemacht werden (Nrn. 4143, 4144 VV).
Für seine Abrechnung mit dem Auftraggeber braucht der Anwalt daher einen Gegenstandswert.
Auf eine gerichtliche Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG kann der Anwalt dabei nicht zurückgreifen, da keine wertabhängigen Gerichtsgebühren in diesen Fällen entstehen. Soweit überhaupt Gerichtsgebühren erhoben werden, sieht das Gericht Festgebühren vor (Teil 3 Hauptabschnitt 4 GKG-KostVerz., Nrn. 3410 ff. GKG-KostVerz.).
Das Gericht darf in diesen Fällen noch nicht einmal von Amts wegen einen Wert festsetzen, da eine solche amtswegige Festsetzung nur zulässig ist, wenn sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert berechnen (§ 63 Abs. 2 GKG).
Gegenstandswert wird nach § 33 RVG festgesetzt
Der Anwalt hat daher nur die Möglichkeit, eine gerichtliche Festsetzung des Gegenstandswertes im Verfahren nach § 33 RVG zu erreichen. Das Gericht muss danach auf seinen Antrag hin einen Wert festsetzen.
II. Das Wertfestsetzungsverfahren
1. Antrag
Gegenstandswert wird nur auf Antrag festgesetzt
Voraussetzung für eine gerichtliche Wertfestsetzung ist ein Antrag des Anwalts, des Auftraggebers oder eines erstattungsfähigen Dritten, im Falle der gerichtlichen Beiordnung auch der Landeskasse (§ 33 Abs. 2 S. 1 RVG).
2. Zuständigkeit
Zuständig für die Wertfestsetzung ist das Gericht des Rechtszugs, in dem die Gebühren entstanden sind (§ 33 Abs. 1 RVG).
3. Verfahren
Das Gericht hat alle Beteiligten anzuhören, ihnen also rechtliches Gehör zu gewähren. Dabei ist bei einem Antrag des Anwalts die Partei gesondert anzuhören und bei einem Antrag der Partei der Anwalt, da diese jeweils eigene Interessen haben und daher auch jeweils zu beteiligen sind. Soweit der Anwalt gerichtlich beigeordnet ist, muss auch die Landeskasse beteiligt werden.
4. Entscheidung
Das Gericht erster Instanz entscheidet durch Beschluss. Dieser ist mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen. In dem Beschluss muss das Gericht gleichzeitig auch darüber entscheiden, ob es die Beschwerde zulässt, wenn es davon ausgeht, dass der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands nicht erreicht ist (s.u.).
5. Beschwerde
Gegen die Festsetzung kann Beschwerde erhoben werden
Gegen den Wertfestsetzungsbeschluss können die Beteiligten Beschwerde einlegen (§ 33 Abs. 3 RVG). Die Beschwerde ist beim Ausgangsgericht einzulegen (§ 33 Abs. 7 S. 3 RVG). Das Ausgangsgericht hat zu prüfen, ob es der Beschwerde abhilft; anderenfalls hat es sie dem Beschwerdegericht vorzulegen.
Wert des Beschwerdegegenstands muss 200,00 EUR übersteigen
Erforderlich ist, dass der Wert des Beschwerdegegenstands mehr als 200,00 EUR beträgt (§ 33 Abs. 3 S. 1 RVG) oder dass das Gericht erster Instanz die Beschwerde in seinem Beschluss zugelassen hat (§ 33 Abs. 3 S. 2 RVG).
Bei dem Wert des Beschwerdegegenstands ist auf die Differenz der Gebühren zwischen dem festgesetzten und dem beantragten Wert abzustellen. Bei einer Beschwerde des Anwalts muss sich also durch den von ihm erstrebten höheren Wert eine Mehrvergütung von mindestens 200,01 EUR ergeben. Bei einer Beschwerde der Landeskasse oder des Auftraggebers muss sich nach dem begehrten Wert eine um mindestens 200,01 EUR geringere Vergütungsschuld ergeben.
Hat das Gericht erster Instanz die Beschwerde zugelassen, dann bedarf es keiner Mindestbeschwer. Das Beschwerdegericht ist in diesem Fall an die Zulassung gebunden. Zu beachten ist allerdings, dass die Zulassung der Beschwerde in dem Festsetzungsbeschluss ausgesprochen worden sein muss. Eine nachträgliche Zulassung ist grundsätzlich nicht möglich.
Soweit die Beschwerde zulässig ist, entscheidet das Beschwerdegericht, ob es diese als begründet ansieht und ihr abhilft.
Beschwerdegericht ist das nächst höhere Gericht. Soweit also das AG den Wert festgesetzt hat, ist das LG zuständig. Hat das LG festgesetzt, ist das OLG für die Beschwerde zuständig. Wertfestsetzungsbeschlüsse des OLG oder des BGH sind unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Soweit das LG über die Beschwerde entscheidet, muss es noch darüber entscheiden, ob es die weitere Beschwerde zulässt.
6. Weitere Beschwerde
Weitere Beschwerde ist möglich
Hat das LG als Beschwerdegericht entschieden, ist nach § 33 Abs. 3 RVG die weitere Beschwerde zum OLG möglich. Die weitere Beschwerde bedarf allerdings der Zulassung, die in der Beschwerdeentscheidung ausgesprochen sein muss. Daher sollte im Beschwerdeverfahren vor dem LG stets ausdrücklich die Zulassung beantragt bzw. angeregt werden, auch wenn die Zulassung von Amts wegen zu erfolgen hat.
7. Kosten
Wertfestsetzungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei
Das Wertfestsetzungsverfahren selbst ist gerichtsgebührenfrei. Für den Anwalt zählt diese Tätigkeit mit zum Rechtszug und löst...