Tagegelder bei Geschäftsreise
Nach Nr. 7005 VV erhält der Anwalt neben den Fahrtkosten auch Tage- und Abwesenheitsgelder. Voraussetzung ist wie bei anderen Reisekosten, dass eine Geschäftsreise vorliegt. Diese wiederum liegt nach der Legaldefinition der Vorbem. 7 Abs. 2 VV vor, wenn der Anwalt in Erfüllung seines Auftrags das Gebiet der politischen Gemeinde, in der er wohnt oder in der er seine Kanzlei unterhält, verlässt. Auf die Entfernung kommt es dabei nicht an. So fallen selbst bei großen Entfernungen innerhalb derselben Stadt (z.B. Berlin oder Hamburg) keine Reisekosten an, und zwar selbst dann nicht, wenn der Anwalt in einen anderen Amtsgerichtsbezirk fährt. Dagegen können bei kürzester Entfernung Reisekosten anfallen, wenn dabei die Grenze der politischen Gemeinde überschritten wird.
Höhe der Tagegelder ist gestaffelt
Die Höhe der Tage- und Abwesenheitsgelder ist danach gestaffelt, wie lange der Anwalt kanzleiabwesend war. Differenziert wird danach, ob der Anwalt bis zu vier Stunden (Nr. 7005 Nr. 1 VV), zwischen vier und acht Stunden (Nr. 7005 Nr. 2 VV) oder mehr als acht Stunden (Nr. 7005 Nr. 3 VV) kanzleiabwesend war. Dabei wird die Abwesenheit je Kalendertag gesondert gerechnet. Erstreckt sich die Abwesenheit über mehrere Kalendertage, so werden die Abwesenheitsstunden für jeden Tag gesondert berechnet.
Bei mehrtägigen Geschäftsreisen eines Rechtsanwalts ist das Tage- und Abwesenheitsgeld für jeden Kalendertag zu berechnen. Übernachtet der Anwalt am Ort der Geschäftsbesorgungen, steht ihm für den zweiten Tag seiner Reise Tage- und Abwesenheitsgeld ab Mitternacht zu.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.3.1993 – VI 4/92, Rpfleger 1993, 463 = JurBüro 1993, 674
Beispiel
Der Anwalt absolviert eine Geschäftsreise vom 11.9. (21.00 Uhr) bis 12.9. (17.00 Uhr).
Er erhält zwei Abwesenheitspauschalen:
• |
für den 11.9.: 3 Stunden: 25,00 EUR (neu 30,00 EUR), |
• |
für den 12.9.: 17 Stunden: 70,00 EUR (neu 80,00 EUR). |
Bei Reisen ins Ausland können die vorgenannten Beträge um bis zu jeweils 50 % erhöht werden (Anm. zu Nr. 7005 VV). Ob und inwieweit der Anwalt diesen Rahmen ausschöpft, bestimmt er analog § 14 Abs. 1 RVG.
Zum 1.1.2021 werden die Tage- und Abwesenheitsgelder angehoben.
Übersicht Tage- und Abwesenheitsgeld
Übersicht: Tage- und Abwesenheitsgeld
Abwesenheit |
VV |
Inland |
neu |
Ausland |
neu |
bis zu 4 Stunden |
Nr. 7005 Nr. 1 |
25,00 EUR |
30,00 EUR |
bis 37,50 EUR |
bis 45,00 EUR |
4 bis 8 Stunden |
Nr. 7005 Nr. 2 |
40,00 EUR |
50,00 EUR |
bis 60,00 EUR |
bis 75,00 EUR |
über 8 Stunden |
Nr. 7005 Nr. 3 |
70,00 EUR |
80,00 EUR |
bis 105,00 EUR |
bis 120,00 EUR |
Streit entsteht häufig im Kostenfestsetzungsverfahren darüber, welche Abwesenheitszeiten zu berücksichtigen sind.
Abrechnung ab Verlassen der Kanzlei
Grds. ist die Abwesenheitszeit zu berechnen ab Verlassen der Kanzlei. Zu berücksichtigen ist dabei nicht nur die reine Fahrtzeit mit dem Pkw, sondern auch bereits der Weg zum Parkplatz des Kanzleifahrzeugs und der Weg vom Parkplatz am Gericht bis zum Sitzungssaal und zurück. Die Abwesenheit endet erst mit dem Wiedereintreffen in der Kanzlei.
Dabei ist u.U. auch die Zeit für die Einnahme eines Mittagessens zu berücksichtigen.
Bei der Bemessung eines Tagegeldes und Abwesenheitsgeldes sind Zeiten für die Einnahme eines Mittagessens zu berücksichtigen, wenn die Geschäftsreise in die Mittagszeit fiel und dem Rechtsanwalt nicht zuzumuten war, sein Mittagessen erst nach Rückkehr in seine Kanzlei einzunehmen.
VG Stuttgart, Beschl. v. 9.5.1983 – A 15 K 57/80, AnwBl 1984, 323 u. 562
Anwalt darf Zeitpuffer einplanen
Häufig kürzen Rechtspfleger und Urkundsbeamte das Abwesenheitsgeld mit der Begründung, nach den gängigen Routenplanern hätte die Fahrstrecke in kürzerer Zeit zurückgelegt werden können als vom Anwalt veranschlagt. Diese Betrachtung ist so aber nicht zulässig. Ein sorgfältiger Anwalt plant einen Zeitpuffer ein, für den Fall, dass es zu Staus oder anderen Verkehrsbehinderungen kommt. Auch berechnet ein Anwalt die Fahrzeit nicht so, dass er auf die Sekunde genau bei Gericht erscheint, sondern so, dass er eine Viertelstunde vorher am Sitzungssaal eintrifft.
Der Rechtsanwalt darf zwar die Reise nicht unnötig in die Länge ziehen, er darf aber für die Hinfahrt ein Zeitpolster einplanen, um auch bei etwaigen Verzögerungen, z.B. Stau, rechtzeitig beim Termin zu erscheinen.
1. Die Abwesenheitszeit wird gerechnet vom Verlassen der Kanzlei bis zum Wiederbetreten.
2. Der Rechtsanwalt darf zwar die Reise nicht unnötig in die Länge ziehen, er darf aber für die Hinfahrt ein Polster einplanen, um auch bei etwaigen Verzögerungen, z.B. Stau, rechtzeitig beim Termin zu erscheinen.
OLG München, Beschl. v. 30.8.2016 – 11 WF 885/16, AGS 2016, 507
Zeiten für Vor- und Nachbesprechungen
Zu berücksichtigen sind insoweit auch Zeiten für Vor- und Nachbesprechungen mit dem Mandanten anlässlich des Termins. Diese Zeiten sollen jedoch bei der Erstattung mangels Notwendigkeit nicht zu berücksichtigen sein.
1. Im Rahmen der nach Nr. 7005 VV abzugeltenden Abwesenheit des Rechts...