Leitsatz
Gegen die vorläufige Festsetzung des Verfahrenswertes nach § 55 Abs. 1 S. 1 FamGKG besteht kein Beschwerderecht.
OLG Celle, Beschl. v. 25.10.2010 – 10 WF 313/10
I. Der Fall
Im Scheidungsverbundverfahren hatte die Ehefrau den Ehemann im Wege der Stufenklage auf Zahlung nachehelichen Unterhalts in Anspruch genommen. Darüber hinaus hatten beide Ehegatten wechselseitig Zugewinnausgleichsansprüche geltend gemacht. Das FamG hat den Wert des Verfahrens vorläufig auf 73.500,00 EUR festgesetzt (Ehescheidung 21.000,00 EUR; Versorgungsausgleich 2.000,00 EUR; Auskunftsstufe Unterhalt Ehegatte 500,00 EUR; Güterrecht 50.000,00 EUR). Der Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten, mit der er eine Heraufsetzung des vorläufigen Verfahrenswertes begehrte, hatte das FamG nicht abgeholfen und die Beschwerde dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die Entscheidung
Die Beschwerde gegen die vorläufige Wertfestsetzung ist unzulässig, da es an einer beschwerdefähigen Entscheidung fehlt.
Beschwerde ist statthaft gegen endgültigen Festsetzungsbeschluss
Voraussetzung für die Statthaftigkeit einer Beschwerde gegen eine Wertfestsetzung ist ein endgültiger Wertfestsetzungsbeschluss nach § 55 Abs. 2 FamGKG. Eine endgültige Wertfestsetsetzung erfolgt aber erst dann, wenn eine Entscheidung über den Verfahrensgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt hat (§ 55 Abs. 2 FamGKG).
Keine Änderung der Rechtslage durch das FGG-ReformG
Eine Beschwerdemöglichkeit gegen eine vorläufige Wertfestsetzung ergibt sich auch nicht nach dem Inkrafttreten des FGG-ReformG. Denn auch nach § 55 Abs. 1 S. 1 FamGKG ist eine Beschwerdemöglichkeit nur gegen eine endgültige Wertfestsetzung eröffnet.
Strittig ist, ob der Rechtsanwalt vorläufige Wertfestsetzung aus eigenem Recht anfechten kann
Ob gemäß § 32 Abs. 2 RVG der Rechtsanwalt eine vorläufige Wertfestsetzung aus eigenem Recht anfechten kann, ist strittig. Die überwiegende Auffassung lehnt dies mit der Begründung ab, dass § 32 Abs. 2 RVG eine gegenüber den Beteiligten weitergehende Beschwerdemöglichkeit des Rechtsanwalts nicht zu entnehmen sei. Dies ist auch zutreffend, weil durch eine vorläufige Wertfestsetzung für den Anwalt keine Beschwer eintritt. Eine Abrechnung der Anwaltsgebühren ist zu diesem Zeitpunkt mangels Fälligkeit noch nicht möglich (s. §§ 8, 10 RVG). Hinsichtlich einer Vorschussanforderung (§ 9 RVG) wiederum ist der Anwalt aber an eine vorläufige Wertfestsetzung nicht gebunden. Er kann auch Vorschüsse nach einem voraussichtlich höheren Wert anfordern (AnwK-RVG/N. Schneider, 5. Aufl. 2010, § 9 Rn 62).
III. Der Praxistipp
1. Sind Gebühren, die sich nach dem Verfahrenswert richten, mit der Einreichung des Klageantrags, eines sonstigen Antrags oder Widerklageantrags, der Einspruchs- oder der Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das FamG den Wert nach § 55 Abs. 1 S. 1 FamGKG vorläufig fest.
Fälligkeit der Gerichtsgebühren für die Scheidungssache ergibt sich aus § 9 FamGKG
2. Die Fälligkeit der Gerichtsgebühren ergibt sich für die Scheidungssache aus § 9 Abs. 1 FamGKG und tritt ein mit der Einreichung des Antrages. Gem. § 14 Abs. 1 FamGKG muss die für das Scheidungsverfahren anfallende 2,0-Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen (Nr. 1110 FamGKG-KostVerz.) sogar vorausgezahlt werden, weshalb es einer vorläufigen Wertfestsetzung nach § 55 Abs. 1 FamGKG bedarf.
Fälligkeit der Gerichtsgebühren für die Folgesachen ergibt sich aus § 11 FamGKG
3. Für die Folgesachen ist kein vorläufiger Wert festzusetzen, weil die Fälligkeit der Gerichtsgebühren nach § 11 FamGKG erst zu einem späteren Zeitpunkt eintritt, und zwar dann, wenn
Vorauszahlung gilt nur für die Scheidungssache
4. Die Vorauszahlungspflicht gilt nur für die Scheidungssache selbst. Für die Folgesachen wird keine Vorauszahlung erhoben, auch nicht für den von Amts wegen eingeleiteten Versorgungsausgleich (Schneider/Wolf/Volpert/Klos, FamGKG, § 9 Rn 12; Horndasch/Viefhues/Volpert, FamFG, Teil 3 Rn 641). Die gegenteilige Auffassung von Hartmann (KostG, 40. Aufl. 2010, § 9 FamGKG Rn 3), der durch Auslegung des Wortlauts der §§ 9 u. 14 FamGKG die Fälligkeit auch auf Folgesachen erstrecken will, ist unzutreffend, da er übersieht, dass der Gesetzgeber ausweislich seiner Begründung zum FGG-ReformG (BT-Drucks 16/6308, S. 302 zu §§ 9, 14 FamGKG) die Fälligkeit in § 9 FamGKG und die Vorauszahlungspflicht in § 14 FamGKG ausdrücklich nur auf die Ehesache und nicht auch auf Folgesachen erstreckt wissen wollte.
Folgesachen können ohne Vorauszahlungspflicht anhängig gemacht werden
5. Folgesachen, also Versorgungsausgleichssachen (§ 137 Abs. 2 Nr. 1 FamFG), Unterhaltssachen (§...