Leitsatz
Eine Beschwerde gegen eine vorläufige Streitwertfestsetzung ist nicht statthaft.
OLG Saarbrücken, Beschl. v. 23.8.2011 – 9 W 73/11
1 I. Der Fall
Nach Einreichung des Scheidungsantrags hatte das FamG den Verfahrenswert für das Scheidungsverbundverfahren vorläufig auf 4.111,75 EUR festgesetzt. Hiergegen hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin Beschwerde erhoben mit dem Antrag, den Verfahrenswert auf mindestens 6.000,00 EUR festzusetzen.
Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG vorgelegt. Dieses hat die Beschwerde als unzulässig verworfen und angeordnet, dass das Verfahren gerichtsgebührenfrei sei und eine Kostenerstattung nicht stattfinde.
2 II. Die Entscheidung
Anwalt kann in eigenem Namen Streitwertbeschwerde einlegen
Grundsätzlich ist ein Verfahrensbevollmächtigter berechtigt, in eigenem Namen gegen die gerichtliche Wertfestsetzung Beschwerde zu erheben (§ 32 Abs. 2 RVG). Dies folgt daraus, dass die gerichtliche Wertfestsetzung für ihn bindend ist (§ 32 Abs. 1 RVG). Danach stehen dem Anwalt die Rechtsmittel und Rechtsbehelfe zu, die nach dem jeweiligen Kostengesetz gegeben sind.
Nur endgültige Wertfestsetzung ist anfechtbar
In Familiensachen sieht § 58 FamGKG eine Beschwerde gegen die Festsetzung des Verfahrenswertes vor. Anfechtbar ist aber nur die endgültige Wertfestsetzung. Gegen eine vorläufige Wertfestsetzung ist kein Rechtsmittel gegeben. Dies hat seinen Grund darin, dass eine vorläufige Wertfestsetzung die Beteiligten grundsätzlich nicht beschwert, weil sie – wie der Name bereits sagt – lediglich vorläufig ist und bei Abschluss des Verfahrens (§ 55 Abs. 2 FamGKG) ohnehin eine endgültige Wertfestsetzung zu treffen ist, die die vorläufige Wertfestsetzung gegebenenfalls abändert. Erst gegen diese endgültige Wertfestsetzung ist eine Beschwerde gegeben.
Keine Beschwer des Anwalts durch vorläufige Wertfestsetzung
Auch der Anwalt ist durch eine vorläufige Wertfestsetzung nicht beschwert. Bei der Abrechnung eines Vorschusses ist er nicht an die vorläufige Wertfestsetzung gebunden; er kann vielmehr die voraussichtlichen Gebühren nach dem voraussichtlichen Wert als Vorschuss anfordern.
3 III. Der Praxistipp
In der Sache ist die Entscheidung des OLG zutreffend und entspricht der ganz h.M. Gleichwohl werden regelmäßig unsinnige Beschwerden gegen vorläufige Wertfestsetzungen erhoben. Dies birgt für den Beschwerdeführer ein Kostenrisiko, was das OLG Saarbrücken jedoch verkannt hat.
Kostenfreiheit gilt nur für statthafte Beschwerden
Zwar sind nach § 58 GKG die Verfahren über die Festsetzung des Verfahrenswertes einschließlich der Beschwerdeverfahren gerichtsgebührenfrei; dies gilt jedoch nur für statthafte Beschwerden. Nach Ansicht einhelliger Rechtsprechung gilt die Gebührenfreiheit nicht für solche Beschwerden, die das Gesetz gar nicht vorsieht. Für solche Beschwerden werden Gerichtsgebühren erhoben. Hier wäre eine Gebühr nach Nr. 1820 FamGKG-KV zu erheben gewesen.
Bei unstatthaften Beschwerden besteht Erstattungspflicht
Darüber hinaus gilt auch der Ausschluss der Kostenerstattung nur für statthafte Beschwerdeverfahren. In unstatthaften Beschwerdeverfahren – wie hier – gilt der Ausschluss nicht. Vielmehr sind hier entsprechend § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen.