In Familiensachen ist zu differenzieren, nach welchen Verfahrensvorschriften sich die jeweilige Familiensache richtet. Zu unterscheiden ist nach
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Familienstreitsachen, |
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Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und |
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Verbundverfahren. |
1. Familienstreitsachen
Mündliche Verhandlung ist vorgeschrieben
In Familienstreitsachen ist die mündliche Verhandlung grds. vorgeschrieben (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 128 Abs. 1 ZPO), so dass beim Abschluss eines schriftlichen Vergleichs hier die Terminsgebühr ebenso anfällt wie in Zivilsachen. Insoweit kann auf die dortigen Ausführungen (AG kompakt 2018, 99 ff.) verwiesen werden.
Beispiel 1
In einer Unterhaltssache wird ein schriftlicher Vergleich geschlossen.
Es entsteht eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV.
Auch in Beschwerdeverfahren ist eine Terminsgebühr bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs möglich. Dass das Gericht nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG in bestimmten Fällen ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, macht das Beschwerdeverfahren nicht zu einem Verfahren mit fakultativer mündlicher Verhandlung.
2. Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit
Mündliche Verhandlung ist nicht vorgeschrieben
Grds. ist hier eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben (arg. e § 32 FamFG), so dass durch den bloßen Abschluss eines Vergleichs eine Terminsgebühr nicht ausgelöst wird.
Beispiel 2
In einer Ehewohnungssache schließen die Anwälte einen schriftlichen Vergleich über die zu zahlende Nutzungsentschädigung.
Da eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist, entsteht keine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV.
Nach überwiegender Rspr. gilt dies auch in den Verfahren, in denen das Gericht die Sache erörtern soll. Wird hier ein schriftlicher Vergleich geschlossen, löst dies nach h.M. folglich keine Terminsgebühr aus.
Hat in einem den Umgang betreffenden Verfahren ein Anhörungs- oder Erörterungstermin tatsächlich nicht stattgefunden, wird die Terminsgebühr im Falle eines schriftlichen Vergleichsabschlusses nicht nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV ausgelöst.
OLG Celle, Beschl. v. 13.9.2011 – 10 WF 227/11, AGS 2011, 580 = MDR 2011, 1266 = NJW 2011, 3793 = JurBüro 2011, 641 = FamRZ 2012, 245 = FamFR 2011, 492 = RVGreport 2012, 29; ebenso OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.4.2014 – 5 WF 181/13, AGS 2015, 69 = FamRZ 2014, 1941 = NZFam 2015, 41
3. Scheidungsverbundverfahren
Mündliche Verhandlung ist auch in Folgesachen vorgeschrieben
Wird im Scheidungsverbundverfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen, löst dies die Terminsgebühr aus, da im Verbundverfahren nicht nur für die Ehesache, sondern auch für die Folgesachen die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 128 Abs. 1 ZPO).
Beispiel 3
In einem Scheidungsverbundverfahren wird über den Versorgungsausgleich ein schriftlicher Vergleich geschlossen.
Auch wenn es sich beim Versorgungsausgleich als isoliertes Verfahren um eine Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt, ist im Verbund die mündliche Verhandlung auch insoweit vorgeschrieben, so dass eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV entsteht.
4. Einstweilige Anordnungsverfahren
Antrag auf mündliche Verhandlung ist möglich
Bei einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung handelt es sich um ein Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung. Nach der Rspr. des BGH sind Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung nicht nur solche Verfahren, in denen von vornherein mündlich verhandelt werden muss, sondern auch solche Verfahren, in denen ein Beteiligter im Nachhinein die mündliche Verhandlung erzwingen kann. Dies ist in einstweiligen Anordnungsverfahren aufgrund der Vorschrift des § 54 Abs. 2 FamFG der Fall.
Die Terminsgebühr kann auch in solchen Verfahren anfallen, in denen eine mündliche Verhandlung für den Fall vorgeschrieben ist, dass eine Partei sie beantragt.
BGH, Beschl. v. 2.11.2011 – XII ZB 458/10, AGS 2012, 10 = MDR 2012, 57 = zfs 2012, 43 = FamRZ 2012, 110 = Rpfleger 2012, 102 = NJW 2012, 459 = JurBüro 2012, 137 = FF 2012, 43 = FuR 2012, 93 = FamFR 2012, 36 = RVGreport 2012, 59 = NJW-Spezial 2012, 156
Fiktive Terminsgebühr im einstweiligen Anordnungsverfahren
Bei einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung handelt es sich um ein Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung, so dass eine Terminsgebühr auch unter den Voraussetzungen der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV entsteht (gegen OLG Köln, AGS 2017, 70).
OLG Brandenburg, Beschl. v. 29.3.2017 – 15 WF 40/17, AGS 2017, 214 = NZFam 2017, 321 = RVGreport 2017, 223 = RVG prof. 2017, 105; a.A. OLG Köln, Beschl. v. 1.12.2016 – 27 WF 197/16, AGS 2017, 70 = FamRZ 2017, 1337 = NZFam 2017, 129
Beispiel 4
Der Anwalt beantragt für den Kindesvater den Erlass einer einstweiligen Anordnung zum Umgangsrecht. Es kommt zum Abschluss eines schriftlichen Vergleichs, ohne dass ein Termin stattgefunden hat.
Es entsteht eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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149,50 EUR |
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(Wert: 1.500,00 EUR) |
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1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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138,00 EUR |
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(Wert: 1.500,00 EUR) |
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3. |
1,0-E... |