1. Anwendbarkeit der neuen Beträge
Auch hinsichtlich der Reisekosten gilt die Übergangsregelung des § 60 RVG. Maßgebend ist also nicht, wann die Geschäftsreise ausgeführt wird, sondern grds. der Tag der unbedingten Auftragserteilung zur jeweiligen Angelegenheit.
Beispiel
Der Anwalt ist im November 2020 mit der Einreichung einer Klage beauftragt worden. Im Februar 2021 findet der Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem auswärtigen Gericht statt.
Maßgebend ist gem. § 60 Abs. 1 S. 1 RVG der Tag der Auftragserteilung, sodass nach den alten Auslagenbeträgen abzurechnen ist.
Im Falle einer Beiordnung oder Bestellung gilt das Datum der Beiordnung oder der Bestellung, es sei denn, zuvor war bereits ein unbedingter Auftrag erteilt worden.
Beispiel
Der Anwalt ist im Januar 2021 als Pflichtverteidiger bestellt worden.
a) Ein Wahlanwaltsmandat bestand zuvor nicht.
b) Der Anwalt war zuvor im Dezember 2020 als Wahlanwalt beauftragt worden.
Im Fall a) gelten die neuen Auslagenbeträge, da es auf den Tag der Beiordnung ankommt.
Im Fall b) spielt die Beiordnung keine Rolle, da zuvor schon ein Auftrag des Mandanten erteilt worden war. Abzurechnen ist hier also noch nach den alten Auslagenbeträgen.
2. Rundreise in mehreren Angelegenheiten bei unterschiedlicher Auftragserteilung
Bei Rundreisen gilt Vorbem. 7 Abs. 3 RVG
Möglich ist, dass der Anwalt eine Geschäftsreise in mehreren Angelegenheiten unternimmt. Die Zuordnung der Reisekosten zur jeweiligen Angelegenheit richtet sich dann nach Vorbem. 7 Abs. 3 VV. Dabei kann es vorkommen, dass in einer Angelegenheit der Auftrag vor dem 1.1.2021 erteilt worden ist und in der anderen Angelegenheit nach dem 31.12.2021. Es gelten dann für die eine Angelegenheit noch die alten Beträge, während in der anderen Angelegenheit bereits die neuen Beträge gelten.
Richtet sich in einem solchen Fall die Vergütung für eine gemeinsame Geschäftsreise teils nach neuen Beträgen und teils nach den alten Beträgen, so ist die Berechnung der jeweiligen Anteile nach dem jeweils anzuwendenden Recht zu ermitteln.
Hinweis
Berechnungsformel
Bei der Berechnung des auf die jeweilige Angelegenheit entfallenden Reisekostenanteils ist in folgenden Schritten vorzugehen:
1. Zunächst sind die tatsächlichen (abrechnungsfähigen) Gesamtkosten zu berechnen.
2. Sodann sind die fiktiven Einzelreisekosten zu ermitteln, die angefallen wären, wenn der Anwalt die Reisen für jeden Mandanten einzeln durchgeführt hätte.
3. Schließlich muss noch die Summe der Kosten der fiktiven einzelnen Reisen errechnet werden.
4. Alsdann werden die fiktiven Einzelreisekosten des Mandanten mit der Summe der tatsächlichen abrechnungsfähigen Reisekosten multipliziert und durch den Gesamtbetrag aller fiktiven Reisekosten dividiert. Es gilt also folgende Formel:
Fiktive Einzelreisekosten des Mandanten x tatsächliche abrechnungsfähige Gesamtreisekosten |
Summe aller fiktiven Einzelreisekosten |
Beispiel
Der Anwalt hat seine Kanzlei in Köln. Vom Mandant A ist er im November 2020 mit einem Rechtsstreit vor dem LG Bonn beauftragt worden und vom Mandant B im Januar 2021 mit einem Rechtsstreit vor dem LG Koblenz. Beide Gerichte terminieren auf denselben Tag. Im Februar 2021 fährt der Anwalt für den Mandanten A zum LG Bonn und anschließend für den Mandanten B zum LG Koblenz. Auszugehen ist dabei von folgenden Entfernungen: Das LG Bonn liegt 30 km von der Kanzlei entfernt, das LG Koblenz 120 km, die Entfernung zwischen LG Bonn und LG Koblenz beträgt 100 km.
Dabei ist jetzt gem. Vorbem. 7 Abs. 3 VV zu berücksichtigen, dass gegenüber dem Mandanten A nach den alten Auslagenbeträgen abzurechnen ist, gegenüber dem Mandanten B dagegen nach den neuen Auslagenbeträgen.
a) Abrechnung für A
1. Tatsächliche abrechnungsfähige Gesamtreisekosten nach altem Recht |
Fahrtkosten, Nr. 7003 VV ([30 + 100 + 120 km] x 0,30 EUR/km) |
75,00 EUR |
Abwesenheitspauschale 4 bis 8 Stunden, Nr. 7005 Nr. 2 VV |
40,00 EUR |
Gesamt |
115,00 EUR |
2. Fiktive Einzelreisekosten nach altem Recht |
Mandant A |
Fahrtkosten, Nr. 7003 VV (2 x 30 km x 0,30 EUR/km) |
18,00 EUR |
Abwesenheitspauschale bis 4 Stunden, Nr. 7005 Nr. 1 VV |
25,00 EUR |
Gesamt |
43,00 EUR |
Mandant B |
Fahrtkosten, Nr. 7003 VV (2 x 120 km x 0,30 EUR/km) |
72,00 EUR |
Abwesenheitspauschale 4 bis 8 Stunden, Nr. 7005 Nr. 2 VV |
40,00 EUR |
Gesamt |
112,00 EUR |
3. Summe der fiktiven Einzelreisekosten nach altem Recht |
155,00 EUR |
4. Einzelberechnung |
|
Mandant A hat zu zahlen: |
|
43,00 EUR x 115,00 EUR ./. 155,00 EUR |
31,90 EUR |
Mandant B hätte nach altem Recht zu zahlen: |
|
112,00 EUR x 115,00 EUR ./. 155,00 EUR |
83,10 EUR |
Gesamt |
115,00 EUR |
b) Abrechnung für B
1. Tatsächliche abrechnungsfähige Gesamtreisekosten nach neuem Recht |
Fahrtkosten, Nr. 7003 VV ([30 + 100 + 120 km] x 0,42 EUR/km) |
105,00 EUR |
Abwesenheitspauschale 4 bis 8 Stunden, Nr. 7005 Nr. 2 VV |
50,00 EUR |
Gesamt |
155,00 EUR |
2. Fiktive Einzelreisekosten nach neuem Recht |
Mandant A |
Fahrtkosten, Nr. 7003 VV (2 x 30 km x 0,42 EUR/km) |
25,20 EUR |
Abwesenheitspauschale bis 4 Stunden, Nr. 7005 Nr. 1 VV |
30,00 EUR |
Gesamt |
55,20 EUR |
Mandant B |
Fahrtkosten, Nr. 7003 VV (2 x 120 km x 0,42 EUR/km) |
100,80 EUR |
Abwesenheitspauschale 4 bis 8 Stunden, Nr. 700... |