Vergleichsweise Kostenregelung kann Kosten der Säumnis austrennen
Schließen die Parteien nach Erlass eines Versäumnisurteils einen Vergleich, in dem sie die Kosten des Verfahrens verhältnismäßig teilen oder gegeneinander aufheben, aber die Kosten der Säumnis entsprechend der Regelung des § 344 ZPO vorab der säumigen Partei auferlegen, so ist strittig, ob zu den Kosten der Säumnis i.S.d. § 344 ZPO auch der Wegfall der Gerichtskostenermäßigung nach Nr. 1211 Nr. 3 GKG-KostVerz. gehört, also ob die Differenz der Gerichtsgebühren, die wegen des vorangegangenen Versäumnisurteils nicht mehr zurückerstattet wird, vorab der säumigen Partei aufzuerlegen ist.
Beispiel
Im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint der Beklagte nicht, sodass gegen ihn auf Antrag des Klägers ein Versäumnisurteil ergeht. In der erneuten mündlichen Verhandlung nach Einspruch schließen die Parteien einen Vergleich. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben; die Kosten der Säumnis soll der Beklagte dagegen vorab tragen.
Wäre im ersten Termin kein Versäumnisurteil ergangen, dann hätte der Vergleich nach Nr. 1211 Nr. 3 GKG-KostVerz. zu einer Ermäßigung der 3,0-Gerichtsgebühr auf 1,0 geführt. Da aber bereits ein Versäumnisurteil ergangen ist, ist eine spätere Ermäßigung der Gerichtsgebühren ausgeschlossen (Nr. 1211 GKG-KostVerz. a.E.).
Nach h.M. gehören alle Gerichtskosten zu den Kosten des Rechtsstreits
Die wohl überwiegende Rspr. zählt die volle 3,0-Gerichtsgebühr zu den Kosten des Rechtsstreits. Der Wegfall der Ermäßigung ist danach nicht als "Kosten der Säumnis" aufzufassen:
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OLG Koblenz AGS 2008, 97 = MDR 2008, 112 = JurBüro 2008, 92 = OLGR 2008, 247 = NJW-Spezial 2007, 588, |
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KG AGS 2002, 114 = KGR 2002, 62 = BRAGOreport 2002, 74, |
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LAG Baden-Württemberg RVGreport 2008, 237. |
Nach a.A. ist der Wegfall der Gerichtskostenermäßigung säumnisbedingt
Nach a.A. ist die Kostenregelung eines gerichtlichen Vergleichs, nach dem der Beklagte vorab die Kosten der Säumnis trägt, dahingehend auszulegen, dass der Beklagte vorab die infolge des Versäumnisurteils nicht mehr zurückerstattbaren Gerichtsgebühren zu tragen habe, weil diese nicht entstanden wären, wenn das Verfahren durch Vergleich beendet worden wäre, ohne dass der Beklagte zuvor säumig gewesen ist:
Nicht die Säumnis, sondern der Antrag auf Erlass des Versäumnisurteils verhindert die Gebührenermäßigung
Der h.M. ist zuzustimmen. Die volle 3,0-Gerichtsgebühr entsteht nämlich bereits mit Klageerhebung und nicht erst mit Erlass des Versäumnisurteils. Der Wegfall der Ermäßigung beruht auch nicht auf der Säumnis des Beklagten, sondern darauf, dass der Kläger ein Versäumnisurteil beantragt hat. Dazu war er nicht gezwungen. Er hätte auch eine Vertagung beantragen können. Dann wäre die Möglichkeit der Gerichtskostenermäßigung erhalten geblieben. Wenn der Kläger bei Säumnis des Beklagten zu einem Sanktionsmittel greift, das ihm bei Anwesenheit des Beklagten im Termin nicht zur Verfügung gestanden hätte, dann hat er selbst die Situation herbeigeführt, dass eine Klagerücknahme nicht mehr gebührenprivilegiert ist. Das kann er im Nachhinein nicht dem Beklagten anlasten.
Anders, wenn der Kläger die Kosten eines nicht in gesetzlicher Weise ergangenen Versäumnisurteils übernimmt
Anders verhält es sich in dem Sonderfall eines gerichtlichen Vergleichs, nach dem der Kläger – bei Kostenaufhebung im Übrigen – die Kosten des von ihm erwirkten, aber nicht in gesetzlicher Weise ergangenen Versäumnisurteils übernimmt. In diesem Fall ergibt die Auslegung nach §§ 133, 157 BGB, dass der Kläger die durch den Wegfall der Ermäßigung der gerichtlichen 3,0-Verfahrensgebühr infolge des vorangegangenen Versäumnisurteils entstandenen Kosten alleine zu tragen habe: