I. Überblick
Verfahrenswerte sind im FamGKG geregelt
Die Verfahrenswerte in Familiensachen sind seit dem 1.9.2009 durch das FG-ReformG abschließend in den §§ 33 bis 52 FamGKG geregelt. Dabei sind die Allgemeinen Wertvorschriften in den §§ 33 bis 42 FamGKG und die Besonderen Wertvorschriften in den §§ 43 bis 52 FamGKG enthalten.
Ein Rückgriff auf andere Gesetze – wie es z.B. das GKG in § 48 Abs. 1 S. 1 kennt – ist nicht vorgesehen. Lediglich in den §§ 36 Abs. 1 und 46 Abs. 1 FamGKG findet sich jeweils eine Rechtsfolgenverweisung auf bestimmte Vorschriften des GNotKG.
Verfahrenswerte gelten auch für den Anwalt
Die Verfahrenswerte des FamGKG gelten auch für den Gegenstand der Anwaltsgebühren (§§ 23 Abs. 1 S. 1, 32 Abs. 1 RVG), und zwar auch dann, wenn der Anwalt nur außergerichtlich tätig wird (§ 23 Abs. 1 S. 3 RVG).
Fehlerhafte Wertfestsetzungen in Familiensachen sind leider an der Tagesordnung. Der Anwalt ist daher hier besonders gehalten, gerichtliche Wertfestsetzungen zu überprüfen und ggf. aus eigenem Recht (§ 32 Abs. 2 RVG) Beschwerde gegen eine zu niedrige Wertfestsetzung einzulegen.
Mit diesem Beitrag soll ein Überblick über die einzelnen Wertvorschriften und die hierzu seit Inkrafttreten des FG-ReformG ergangene Rechtsprechung gegeben werden.
II. Allgemeine Wertvorschriften
1. § 33 FamGKG (Grundsatz)
(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Verfahrensgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.
(2) Der Verfahrenswert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.
a) Überblick
In § 33 FamGKG werden zwei Grundsätze geregelt: die Zusammenrechnung der Werte einzelner Verfahrensgegenstände und der Höchstwert.
b) Zusammenrechnung
Werte verschiedener Gegenstände sind zusammenzurechnen
Die Werte mehrerer Gegenstände sind, sofern das FamGKG nichts Abweichendes bestimmt, zusammenzurechnen (§ 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG).
c) Additionsverbot
Eine wichtige Ausnahme vom Grundsatz der Zusammenrechnung findet sich in § 33 Abs. 1 S. 2 FamGKG (entspricht § 48 Abs. 4 GKG a.F.). Wird aus einem nicht vermögensrechtlichen Anspruch im selben Verfahren ein vermögensrechtlicher Anspruch hergeleitet, dann gilt nur der höhere Wert. Diese Regelung betrifft vor allem den Fall, dass ein Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft (§ 169 Nr. 1 FamFG) mit einem Verfahren auf Mindestunterhalt nach § 237 FamFG gem. § 179 Abs. 1 S. 2 FamFG verbunden wird.
Beispiel
Das Kind beantragt im Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft zugleich gem. §§ 179 Abs. 1 S. 2, 237 FamFG die Zahlung eines monatlichen Unterhalts in Höhe des Mindestbetrags. Der Wert für den Feststellungsantrag wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1 FamGKG) und der Wert für den Zahlungsantrag auf (12 x 246,00 EUR =) 2.952,00 EUR (§§ 35, 51 FamGKG).
Es gilt gem. § 33 Abs. 1 S. 2 FamGKG nur der höhere Wert, hier also der Wert des Zahlungsantrags mit 2.952,00 EUR.
d) Höchstwert
Höchstwert 30 Mio. EUR
Nach § 33 Abs. 2 FamGKG beträgt der Höchstwert 30 Mio. EUR, soweit kein geringerer Höchstwert vorgesehen ist, wie z.B. bei der Genehmigung einer Erklärung oder deren Ersetzung (§ 36 Abs. 3 FamGKG: 1 Mio. EUR), bei der Scheidung (§ 43 Abs. 1 S. 2 FamGKG: 1 Mio. EUR) oder beim Auffangwert in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten (§ 42 Abs. 2 FamGKG: 500.000,00 EUR) und in den "übrigen Kindschaftssachen" (§ 46 Abs. 3 FamGKG: 1 Mio. EUR).
2. § 34 FamGKG (Zeitpunkt der Wertberechnung)
Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Verfahrensgegenstand betreffenden ersten Antragstellung in dem jeweiligen Rechtszug entscheidend. In Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet werden, ist der Zeitpunkt der Fälligkeit der Gebühr maßgebend.
Hinsichtlich des Zeitpunkts der Wertberechnung unterscheidet das Gesetz zwischen Verfahren, die auf Antrag eingeleitet werden, und Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet werden.
a) Antragsverfahren
Zeitpunkt der Antragstellung ist maßgebend
Abzustellen ist in Antragsverfahren auf den Zeitpunkt der den jeweiligen Verfahrensgegenstand betreffenden ersten Antragstellung (§ 34 S. 1 FamGKG). Wichtig ist dabei der Eingang des die Instanz einleitenden Antrags, der schriftsätzlich zu Protokoll der Geschäftsstelle oder auch in der mündlichen Verhandlung gestellt werden kann. Nachträgliche Wertveränderungen sind unerheblich. Bedeutung hat diese Vorschrift vor allem in Ehesachen, für die u.a. auf das dreifache Monatseinkommen und das Vermögen abgestellt wird (§ 43 Abs. 2 FamGKG). Maßgebend ist insoweit das Einkommen der letzten drei Monate vor Einreichung des Scheidungsantrags und das aktuelle Vermögen bei Einreichung. Nachträgliche Veränderungen der Einkommens- und Vermögensverhältnisse sind unerheblich.
b) Verfahren von Amts wegen
Zeitpunkt der Fälligkeit der Gerichtsgebühr ist maßgebend
In Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet worden sind, fehlt es an einer Antragstellung. Das Gesetz stellt in diesem Fall auf den Zeitpunkt ab, zu dem die (Gerichts-)Gebühr fällig wird (§ 34 S. 2 FamGKG). Die Fälligkeit wiede...