Die Unterscheidung, ob ein Anwalt zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts beigeordnet wird oder zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalts, hat für die Abrechnung erhebliche Bedeutung.
Keine Reisekosten für den ortsansässigen Anwalt
Ist ein Anwalt zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts beigeordnet worden, kann er keine Reisekosten gegenüber der Landeskasse geltend machen, weil eine Geschäftsreise nach Vorbem. 7 Abs. 2 VV voraussetzt, dass der Anwalt zur Wahrnehmung des Geschäfts das Gebiet seiner politischen Gemeinde verlassen muss, was bei einem ortsansässigen Anwalt nicht der Fall wäre.
Anwalt aus Gerichtsbezirk kann Reisekosten erhalten
Wird ein Anwalt dagegen zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalts beigeordnet, dann sind seine Reisekosten insoweit zu erstatten, als sie im Gerichtsbezirk hätten anfallen können.
Anwalt darf auf die größtmögliche Entfernung abstellen
Dabei darf der Anwalt auf die größtmögliche Entfernung innerhalb des Gerichtsortes abstellen, da ein Anwalt, der dort seinen Sitz hätte, seine Reisekosten aus der Landeskasse in vollem Umfang erhalten hätte.
Rechtsprechung ist einhellig
Die hierzu ergangene Rspr. ist insoweit einhellig:
ZPO § 121 Abs. 3; RVG §§ 44, 45; RVG VV Nrn. 7003 ff. VV
Ist einem bedürftigen Beteiligten ein auswärtiger Rechtsanwalt "zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk ansässigen Bevollmächtigten" beigeordnet worden (§ 121 Abs. 3 ZPO), kann dieser aus der Staatskasse die Fahrtkosten zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung bis zur größtmöglichen von einem im Gerichtsbezirk gelegenen Ort bis zum Gerichtssitz bestehenden Entfernung erstattet verlangen.
VG Oldenburg, Beschl. v. 12.5.2009 – 11 A 48/08, AGS 2009, 467 = NJW-Spezial 2009, 460
ZPO § 121 Abs. 3; RVG §§ 44, 45; RVG VV Nrn. 7003 ff. VV
1. Im Regelfall sind die Reisekosten des im Rahmen der PKH-Bewilligung beigeordneten Rechtsanwalts auf die Kosten zu beschränken, die einem im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalt entstehen würden.
2. Abzustellen ist insoweit auf die weiteste Entfernung zwischen dem Gerichtssitz und der Grenze des Gerichtsbezirks.
LAG Hessen, Beschl. v. 12.1.2010 – 15 Ta 197/09, AGS 2010, 299 = NJW-Spezial 2010, 380
Checkliste
Vorzugehen ist wie folgt:
|
Zunächst sind die tatsächlichen Reisekosten des auswärtigen Anwalts, also in der Regel Fahrtkosten – Pkw oder anderes Verkehrsmittel (Nrn. 7003, 7004 VV) –, Abwesenheitsgeld (Nr. 7005 VV), Parkgebühren und sonstige Auslagen (Nr. 7006 VV) zu berechnen. |
|
Hiernach ist dann zu fragen, welche Reisekosten von dem im Gerichtsbezirk vom Gericht am weitesten entfernt liegenden Ort angefallen wären. |
|
Sodann sind die von der Landeskasse zu übernehmenden Reisekosten wie folgt zu ermitteln:
|
Sind die Reisekosten von dem vom Gerichtsbezirk am weitesten entfernt liegenden Ort geringer als die tatsächlichen Reisekosten, sind die tatsächlichen Reisekosten des auswärtigen Anwalts auf diesen Betrag beschränkt. |
|
Liegen die Reisekosten vom am weitesten entfernt liegenden Ort innerhalb des Gerichtsbezirks höher als die tatsächlichen Reisekosten des auswärtigen Anwalts, sind die vollen tatsächlichen Reisekosten zu übernehmen. |
|
Keine Erstattung fiktiver Reisekosten
Der Anwalt kann in diesem Fall allerdings nicht die höheren fiktiven Kosten geltend machen. Mehr als die tatsächlich angefallenen Reisekosten stehen ihm nicht zu.