Leitsatz
Die Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO und die anschließende Verwertung sind dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG.
LG München, Beschl. v. 9.10.2006 – 6 T 4214/06
1 I. Der Fall
Durch vorläufig vollstreckbares Urteil war der Schuldner verurteilt worden, an den Gläubiger 28.156,89 EUR zu zahlen. Da der Schuldner gegen das Urteil Berufung einlegte, beschränkte sich der Gläubiger zunächst darauf, eine Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO vorzunehmen, worauf der Gläubiger sodann 29.752,85 EUR an den Gerichtsvollzieher zahlte, der diesen Betrag hinterlegte. Nach Rücknahme der Berufung zahlte der Gerichtsvollzieher diesen Betrag an den Gläubiger aus.
Der Anwalt des Gläubigers rechnete daraufhin für die Vollstreckung zwei Verfahrensgebühren nach Nr. 3309 VV ab und beantragte deren Erstattung. Der zuständige Gerichtsvollzieher hat lediglich eine 0,3-Verfahrensgebühr als erstattungsfähig angesehen und beigetrieben.
Die hiergegen erhobene Erinnerung hatte keinen Erfolg.
2 II. Die Entscheidung
Verfahrensgebühr entsteht nur einmal
Für den Anwalt des Gläubigers ist im Rahmen der Sicherungsvollstreckung und der nachfolgenden Befriedigung nur eine einmalige Vollstreckungsgebühr angefallen. Jede Vollstreckungsmaßnahme einschließlich der vorbereitenden Handlungen bis zur endgültigen Befriedigung stellen eine einzige Angelegenheit dar (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG).
Vollstreckungshandlungen stehen in innerem Zusammenhang
Hier stehen die einzelnen Teilakte (Sicherungsvollstreckung und spätere Verwertung) in einem inneren Zusammenhang, sodass sich der jeweils nächste Akt als Fortsetzung der vorangegangenen Vollstreckungshandlung darstellt. Demzufolge ist hier nur von einer einzigen Angelegenheit auszugehen. Die vorausgegangene Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO und die anschließende Verwertung nach Beibringung der Sicherheit stellen danach dieselbe Angelegenheit dar (so auch Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl., Nr. 3309 VV Rn 53).
3 III. Der Praxistipp
Die Entscheidung ist zutreffend. Mit der Sicherungsvollstreckung ist die Vollstreckungsmaßnahme noch nicht abgeschlossen, sondern erst mit der späteren Verwertung des Pfandobjekts bzw. Auszahlung der Sicherheitsleistung.
Einhellige Rechtsprechung
Ebenso entschieden haben bereits
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OLG Düsseldorf JurBüro 1987, 239 und |
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LG Berlin DGVZ 1986, 121. |
Es verhält sich hier nicht anders als bei einem vorläufigen Zahlungsverbot nach § 845 ZPO und dem nachfolgenden Verfahren auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Auch hier gelten beide Einzelakte als eine Angelegenheit i.S.d. §§ 15 Abs. 1, 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG (BGH AGS 2004, 437 = AnwBl 2004, 728 = Rpfleger 2005, 53 = NJW-RR 2005, 78 = InVo 2005, 33 = BGHR 2005, 132 = JurBüro 2005, 36 = MDR 2005, 57 = RVGreport 2005, 32; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, Nr. 3309 VV Rn 53).
Gegenstandswert ist voller Wert der Forderung
Daraus, dass es sich um eine einheitliche Vollstreckungsmaßnahme handelt, folgt andererseits, dass damit auch der volle Wert der beizutreibenden Forderung nach § 25 Nr. 1 RVG anzusetzen ist. Die gegenteilige Auffassung des OVG Sachsen-Anhalt (AGS 2013, 65) ist schlichtweg falsch.