Entscheidung entspricht h.M.

Die Entscheidung ist zutreffend. Nach anfangs zum Teil gegenteiligen Entscheidungen (OLG Saarbrücken AGS 2010, 60; AG Bremen AGS 2009, 566) geht die ganz überwiegende Rechtsprechung einschließlich der des BGH davon aus, dass eine Anrechnung nur dann in Betracht kommt, wenn der Prozessvergleich eine Regelung dazu enthält, inwieweit eine vorgerichtliche Geschäftsgebühr vom Gegner zu zahlen ist oder inwieweit eine solche Geschäftsgebühr in der Vergleichssumme enthalten sein soll.

  BGH AGS 2011, 6 = MDR 2011, 135 = AnwBl 2011, 226 = NJW 2011, 861 = JurBüro 2011, 188 = NJW-Spezial 2011, 59 = RVGprof. 2011, 20 = RVGreport 2011, 65 = BRAK-Mitt 2011, 92 = VRR 2011, 196;
  OLG Karlsruhe AGS 2010, 209 = NJW-Spezial 2010, 379 = RVGreport 2010, 227; AGS 2010, 211 = JurBüro 2010, 299; AGS 2010, 212 = JurBüro 2010, 470 = AnwBl 2010, 533 = RVGprof. 2010, 127;
  OLG Koblenz AGS 2014, 43 = Rpfleger 2014, 109 = NJW-Spezial 2014, 28;
  OLG Naumburg AGS 2010, 211 = JurBüro 2010, 299; Rpfleger 2010, 392 = JurBüro 2010, 298 = AnwBl 2010, 533 = RVGreport 2010, 306;
  OLG Karlsruhe AGS 2010, 209 = NJW-Spezial 2010, 379 = RVGreport 2010, 227;
  OLG Hamm RVGreport 2010, 467.

Die Rspr. lässt es allerdings zu, dass sich im Wege der Auslegung entnehmen lässt, inwieweit die Geschäftsgebühr in dem Vergleichsbetrag enthalten sein soll.

  OLG Koblenz AGS 2010, 465 = JurBüro 2010, 585 = MDR 2010, 1426 = Rpfleger 2011, 118 = NJW-RR 2011, 431;
  OLG Düsseldorf AGS 2012, 357 = JurBüro 2012, 141 = NJW-Spezial 2012, 316;
  OLG Stuttgart AGS 2010, 512 = AnwBl 2010, 723 = NJW-RR 2011, 504 = RVGreport 2010, 346 = RVGprof. 2011, 2.

Drei Fallgruppen sind zu unterscheiden

Zu unterscheiden sind damit folgende Fallgruppen:

1. Eindeutige Regelung

Bei eindeutiger Regelung ist immer anzurechnen

Unproblematisch ist die Rechtslage, wenn sich aus dem Vergleich eindeutig ergibt, inwieweit die vorgerichtliche Geschäftsgebühr vom Vergleich erfasst und tituliert sein soll.

 

Beispiel

Der Kläger hatte 8.000,00 EUR eingeklagt sowie eine daraus vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV) in Höhe von

 
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV (Wert: 8.000,00 EUR)   684,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 704,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   133,76 EUR
Gesamt 837,76 EUR

Im Termin schließen die Parteien einen Vergleich, wonach sich der Beklagte verpflichtet, zum Ausgleich der Klageforderung einen Betrag in Höhe von 6.000,00 EUR zu zahlen sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von

 
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV (6.000,00 EUR)   531,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 551,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   104,69 EUR
Gesamt 655,69 EUR

Da sich aus dem Vergleich eindeutig ergibt, dass eine 1,5-Geschäftsgebühr aus 6.000,00 tituliert ist, sind folglich 0,75 aus 6.000,00 EUR anzurechnen, sodass wie folgt festzusetzen ist:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 8.000 EUR)   592,80 EUR
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, 0,75 aus 6.000,00 EUR   - 265,50 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 8.000,00 EUR)   547,20 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 894,50 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   169,96 EUR
Gesamt 1.064,46 EUR
 

Beispiel

Der Kläger hatte wie im vorangegangenen Beispiel 8.000,00 EUR eingeklagt sowie eine daraus vorgerichtlich entstandene 1,5-Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV). Im Termin schließen die Parteien einen Vergleich, wonach sich der Beklagte verpflichtet, zum Ausgleich der Klageforderung einen Betrag in Höhe von 6.000,00 EUR sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von

 
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV (6.000,00 EUR)   460,20 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 480,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   91,24 EUR
Gesamt 571,44 EUR

zu zahlen. In der Kostenfestsetzung sind jetzt nur 0,65 aus 6.000,00 EUR anzurechnen:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 8.000 EUR)   592,80 EUR
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, 0,65 aus 6.000,00 EUR   - 230,10 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 8.000,00 EUR)   547,20 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 929,90 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   176,68 EUR
Gesamt 1.106,58 EUR

Ist lediglich vereinbart, dass der Gegner dem Grunde nach eine bestimmte Geschäftsgebühr zahlen solle, dann ist die Gebühr nicht tituliert, da keine vollstreckbare Vereinbarung vorliegt, die § 15a Abs. 2 RVG aber voraussetzt. Jetzt kann anrechnungsfrei festgesetzt werden. Allerdings kann dann später die Geschäftsgebühr nicht mehr voll verlangt werden, da nachträglich ein Anrechnungstatbestand eingetreten ist.

 

Beispiel

Der Kläger hatte 8.000,00 EUR eingeklagt sowie eine daraus vorgerichtlich entstandene 1,5-Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV). Im Termin schließen die Parteien einen Vergleich, wonach sich der Beklagte verpflichtet, zum Ausgleich der Klageforderung einen Betrag in Höhe von 6.000...

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