Einführung
Wird wegen Beendigung eines Mietverhältnisses die Räumung und Herausgabe des überlassenen Objekts verlangt, so richtet sich der Gebührenstreitwert nach § 41 GKG (§ 16 GKG a.F). Diese Vorschrift gilt nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG auch für den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit. Der Gebührenstreitwert darf nicht mit dem Zuständigkeitsstreitwert verwechselt werden. Dieser richtet sich nach §§ 8, 9 ZPO und folgt zum Teil anderen Regeln. Die Vorschrift des § 41 GKG gilt nicht nur für Räumungs- und Herausgabeverlangen aufgrund eines Mietverhältnisses, sondern ebenso für Pacht- und ähnliche Nutzungsverhältnisse. Die nachfolgenden Ausführungen können daher auf solche Nutzungsverhältnisse entsprechend übertragen werden.
I. Gesetzliche Regelung
Streitwert richtet sich nach § 41 GKG
Ausgangspunkt ist § 41 GKG, der in Abs. 2 den Wert des Anspruchs auf Räumung und Herausgabe regelt. Ergänzend hierzu ist Abs. 1 heranzuziehen.
§ 41 Miet-, Pacht- und ähnliche Nutzungsverhältnisse
(1) 1Ist das Bestehen oder die Dauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses streitig, ist der Betrag des auf die streitige Zeit entfallenden Entgelts und, wenn das einjährige Entgelt geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung maßgebend. 2Das Entgelt nach Satz 1 umfasst neben dem Nettogrundentgelt Nebenkosten dann, wenn diese als Pauschale vereinbart sind und nicht gesondert abgerechnet werden.
(2) 1Wird wegen Beendigung eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses die Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils verlangt, ist ohne Rücksicht darauf, ob über das Bestehen des Nutzungsverhältnisses Streit besteht, das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt maßgebend, wenn sich nicht nach Absatz 1 ein geringerer Streitwert ergibt. 2Wird die Räumung oder Herausgabe auch aus einem anderen Rechtsgrund verlangt, ist der Wert der Nutzung eines Jahres maßgebend.
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II. Räumung und Herausgabe
1. Räumung und Herausgabe wegen Beendigung des Mietverhältnisses
Maßgeblich ist grundsätzlich der Jahresmietwert
Wird wegen Beendigung des Mietverhältnisses die Räumung und Herausgabe verlangt, so ist nach § 41 Abs. 2 S. 1 GKG grundsätzlich die Miete eines Jahres maßgebend, und zwar unabhängig davon, ob die Parteien über das Bestehen des Mietverhältnisses streiten.
Geringere streitige Zeit ist zu berücksichtigen
Ist die streitige Zeit allerdings geringer als ein Jahr, so ist gem. § 41 Abs. 2 S. 1 GKG nur die für die streitige Zeit zu entrichtende Miete maßgebend. Das gilt insbesondere dann, wenn die Parteien nur darüber streiten, wann ein unstreitig wirksam gekündigter Mietvertrag endet. Dann ist für den Streitwert des Räumungsprozesses nur die Miete des strittigen Zeitraums anzusetzen, wenn zu erwarten ist, dass der Mieter den von ihm vertretenen Zeitpunkt für die Räumung einhält.
Beispiel
Der Vermieter erklärt zum Ende des Monats die außerordentliche Kündigung eines frei kündbaren Geschäftsraummietverhältnisses, hilfsweise die ordentliche Kündigung. Die Parteien streiten nur darüber, ob die außerordentliche Kündigung wirksam ist oder ob das Mietverhältnis erst in sechs Monaten nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist endet.
Der Streitwert beläuft sich auf die Miete von sechs Monaten.
Ist streitig, wann ein unstreitig wirksam gekündigter Mietvertrag endet, ist für den Streitwert des Räumungsprozesses die Miete des umstrittenen Zeitraums anzusetzen, wenn zu erwarten ist, dass der Mieter den von ihm vertretenen Zeitpunkt für die Räumung einhält.
OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.10.2008 – 5 W 48/08, NZM 2009, 320 = NJW-Spezial 2008, 764 = MietRB 2009, 132
Der Gebührenstreitwert einer Räumungsklage bemisst sich bei einem gewerblichen Zeitmietvertrag nicht zwingend nach dem Jahresbetrag der Miete, sondern nach dem Zeitraum zwischen Klageerhebung und regulärem Ende des Mietverhältnisses (hier: sieben Monate).
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.1.2006 – 24 W 65/05, AGS 2007, 46 = GE 2006, 387 = ZMR 2006, 517 = NZM 2006, 583
Ebenso:
LG Hamburg, Beschl. v. 16.7.1999 – 307 O 60/99, NZM 2000, 759
Anzahl der Kündigungen ist unerheblich
Unerheblich ist, auf wie viele Kündigungserklärungen die Herausgabe gestützt wird, da die Kündigung selbst nicht Gegenstand des Verfahrens ist, sondern der Räumungs- und Herausgabeanspruch. Auch bei einer sog. "Kündigungssalve" erhöht sich der Streitwert daher nicht.
Der Streitwert für die Feststellung, dass ein Mietverhältnis durch keine von vier fristlosen Kündigungen beendet worden ist, bemisst sich gem. § 41 Abs. 1 GKG nach dem für die Dauer eines Jahres zu zahlenden Entgelts. Er erhöht sich nicht dadurch, dass die Feststellungsklage mehrere Kündigungen zum Gegenstand hat.
KG, Beschl. v. 12.1.2012 – 8 W 31/11, AGS 2012, 489 = MDR 2012, 455 = NZM 2012, 535 = ZMR 2012, 638 = WuM 2012, 230 = NJW-Spezial 2012, 411 = RVGreport 2012, 433 = Info M 2012, 445 = RVGprof. 2013, 200
Der Streitwert der Klage auf Räumung und Herausgabe von Gewerberäumen ist gem. § 16 Abs. 2 GKG zu bemessen; der Streitwert erhöht sich nicht bei einer auf mehrere Kündigungen gestützten Klage.
OLG München, Beschl. v. 9.7.2001 ...