I. Überblick
Ermäßigte Gebühren sind abgeschafft
In verwaltungs- und sozialrechtlichen Angelegenheiten haben sich im Zuge des 2. KostRMoG zum 1.8.2013 umfangreiche Änderungen ergeben. Eine der gravierenden Änderungen war die Abschaffung der ermäßigten Geschäftsgebühren im Widerspruchsverfahren (Nrn. 2301, 2401 VV a.F.) sowie die Abschaffung der ermäßigten Verfahrensgebühr im sozialgerichtlichen Verfahren (Nr. 3103 VV a.F.).
Gesetzgeber hat Anrechnung eingeführt
Stattdessen ist in allen Fällen die Anrechnung der zuvor entstandenen Geschäftsgebühr eingeführt worden (Vorbem. 2.3 Abs. 4, Vorbem. 3 Abs. 4 VV).
Insoweit ergeben sich in der Praxis Probleme in Übergangsfällen.
Zeitpunkt der Auftragserteilung ist maßgebend
Auszugehen ist auch hier von dem allgemeinen Grundsatz:
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Ist dem Anwalt der Auftrag vor dem 1.8.2013 erteilt worden, ist er vor diesem Tag bestellt oder beigeordnet worden, dann gilt nach wie vor noch altes Recht. |
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Ist der Anwalt nach dem 31.7.2013 beauftragt, beigeordnet oder bestellt worden, gilt bereits neues Recht. |
Anrechnung richtet sich nach neuem Recht
Da die Anrechnung in der Vorbem. 2.3 Abs. 4 VV und der Vorbem. 3 Abs. 4 VV jeweils erst bei den Gebühren geregelt ist, auf die anzurechnen ist, ergeben sich eigentlich keine Probleme.
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Soweit der Auftrag zu einer Angelegenheit nach neuem Recht erteilt worden ist, richtet sich nicht nur die Gebühr nach neuem Recht, sondern auch die Anrechnung. Angerechnet wird aber immer nur die konkret angefallene Gebühr nach altem Recht. |
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Soweit der Auftrag zu einer Angelegenheit noch nach altem Recht erteilt worden ist, richtet sich die Gebühr nach altem Recht und ist zu ermäßigen, wenn dies so vorgesehen war. |
Gesonderte Angelegenheiten beachten
Zu beachten ist hierbei, dass
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die Vertretung im Verwaltungsverfahren, |
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die Vertretung im Widerspruchsverfahren und |
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die Vertretung im gerichtlichen Verfahren |
nach § 17 Nr. 1a RVG jeweils gesonderte Angelegenheiten darstellen.
II. Verwaltungsverfahren/gerichtliches Verfahren
1. Verwaltungsrecht
Beispiel
Der Anwalt war im Mai 2013 im Verwaltungsverfahren beauftragt worden. Im Oktober 2013 hat er den Klageauftrag erhalten. Der Gegenstandswert beträgt 6.000,00 EUR.
Die Geschäftsgebühr des Verwaltungsverfahrens richtet sich nach altem Recht.
Die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens richtet sich nach neuem Recht. Die alte Gebühr ist hälftig anzurechnen, höchstens zu 0,75 (Vorbem. 3 Abs. 4 VV).
I. Verwaltungsverfahren
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV (Wert: 6.000,00 EUR) |
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507,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
527,00 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
100,13 EUR |
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Gesamt |
|
627,13 EUR |
II. Gerichtliches Verfahren
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 6.000,00 EUR) |
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460,20 EUR |
2. |
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV anzurechnen, 0,75 aus 6.000,00 EUR |
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-253,50 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3106 VV (Wert: 6.000,00 EUR) |
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424,80 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
651,50 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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123,79 EUR |
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Gesamt |
|
775,29 EUR |
2. Sozialrecht
Beispiel
Der Anwalt war im Mai 2013 im Verwaltungsverfahren beauftragt worden. Im Oktober 2013 hat er den Klageauftrag erhalten.
Die Geschäftsgebühr des Verwaltungsverfahrens richtet sich nach altem Recht (Nr. 2400 VV a.F.).
Die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens richtet sich nach neuem Recht (Nr. 3102 VV). Die alte Gebühr ist hälftig anzurechnen, höchstens zu 175,00 EUR (Vorbem. 3 Abs. 4 VV).
I. Verwaltungsverfahren
1. |
Geschäftsgebühr, Nr. 2400 VV a.F. |
|
280,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
300,00 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
57,00 EUR |
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Gesamt |
|
357,00 EUR |
II. Gerichtliches Verfahren
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV |
|
300,00 EUR |
2. |
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen |
|
-140,00 EUR |
3. |
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV |
|
280,00 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
460,00 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
87,40 EUR |
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Gesamt |
|
547,40 EUR |
III. Verwaltungsverfahren/Widerspruchsverfahren
1. Verwaltungsrecht
Beispiel
Der Anwalt war im Mai 2013 im Verwaltungsverfahren beauftragt worden. Im August 2013 hat er den Auftrag für das Widerspruchsverfahren erhalten (Gegenstandswert 6.000,00 EUR).
Die Geschäftsgebühr des Verwaltungsverfahrens richtet sich nach altem Recht.
Die Geschäftsgebühr des Widerspruchsverfahrens richtet sich nach neuem Recht. Die alte Gebühr ist hälftig anzurechnen, höchstens zu 0,75 (Vorbem. 2.3 Abs. 4 VV).
I. Verwaltungsverfahren
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV (Wert: 6.000,00 EUR) |
|
507,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
527,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
100,13 EUR |
|
Gesamt |
|
627,13 EUR |
II. Widerspruchsverfahren
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV (Wert: 6.000,00 EUR) |
|
531,00 EUR |
2. |
gem. Vorbem. 2.3 Abs. 4 S. 1 VV anzurechnen, 0,75 aus 6.000,00 EUR |
|
-253,50 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
297,50 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
56,53 EUR |
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Gesamt |
|
354,03 EUR |
2. Sozialrecht
Beispiel
Der Anwalt war im Mai 2013 im Verwaltungsverfahren beauftragt worden. Im August 2013 hat er den...