1. Anrechnung der Verfahrensgebühr
a) Überblick
Verfahrensdifferenzgebühr ist anzurechnen
Nach Anm. Abs. 1 zu Nr. 3101 VV wird die Verfahrensdifferenzgebühr der Nr. 3101 Nr. 2 VV (gegebenenfalls der davon nach § 15 Abs. 3 RVG verbleibende Betrag) auf die Verfahrensgebühr angerechnet, die wegen desselben Gegenstands in einer anderen Angelegenheit entsteht bzw. entstanden ist. Kommt es nicht zu einer Kürzung nach § 15 Abs. 3 RVG, ist die 0,8-Verfahrensgebühr aus Nrn. 3100, 3101 Nr. 2 VV insgesamt anzurechnen, anderenfalls der nach der Kürzung gem. § 15 Abs. 3 RVG verbleibende Mehrbetrag. Anzurechnen ist in beiden Fällen nach folgender Formel:
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1,3-Verfahrensgebühr aus dem Wert der anhängigen Gegenstände |
+ |
0,8-Verfahrensgebühr aus dem Wert der nicht anhängigen Gegenstände |
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gegebenenfalls nach § 15 Abs. 3 RVG gekürzt |
– |
1,3-Verfahrensgebühr aus dem Wert der anhängigen Gegenstände |
= |
anzurechnender Betrag |
Bei mehreren Auftraggebern ist mit den entsprechenden erhöhten Gebührensätzen (Nr. 1008 VV) zu rechnen, also z.B. bei zwei Auftraggebern mit 1,6 und 1,1.
b) Anrechnung bei Mitvergleichen eines anderen erstinstanzlichen Verfahrens
aa) Keine Kürzung nach § 15 Abs. 3 RVG
Beispiel
In einem Rechtsstreit (1/14) über 5.000,00 EUR verhandeln die Parteien unter Mitwirkung ihrer Anwälte im Termin über die Klageforderung und über weitergehende 10.000,00 EUR, die in einem anderen Verfahren (2/14) anhängig sind, und schließen einen Gesamtvergleich, der beide Verfahren erledigt.
Im Verfahren 1/14 entsteht neben den Gebühren aus 5.000,00 EUR auch eine Verfahrensdifferenzgebühr nach Nrn. 3100, 3101 Nr. 2 VV aus dem Mehrwert von 10.000,00 EUR.
Darüber hinaus entsteht die Terminsgebühr aus dem Gesamtwert beider Verfahren, also in Höhe von 15.000,00 EUR. Durch den Mehrwertvergleich entsteht die Terminsgebühr nur in dem Verfahren, in dem die anderweitig anhängigen Gegenstände einbezogen werden, nicht auch in dem Verfahren, das einbezogen worden ist. Dort kann allerdings die Terminsgebühr schon früher angefallen sein (s.u.).
Die Einigungsgebühr beträgt durchweg 1,0, da alle Gegenstände erstinstanzlich anhängig sind (Nr. 1003 VV). Es entsteht auch hier nur eine Gebühr in dem Verfahren, in dem die Einigung geschlossen worden ist.
I. Verfahren 1/14
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 5.000,00 EUR) |
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393,90 EUR |
2. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3101 Nr. 2 VV (Wert: 10.000,00 EUR) |
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446,40 EUR |
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die Begrenzung des § 15 Abs. 3 RVG, nicht mehr als 1,3 aus 15.000,00 EUR (845,00 EUR) wird nicht überschritten |
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3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 15.000,00 EUR) |
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780,00 EUR |
4. |
1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV (Wert: 15.000,00 EUR) |
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650,00 EUR |
5. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
2.290,30 EUR |
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6. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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435,16 EUR |
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Gesamt |
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2.725,46 EUR |
II. Verfahren 2/14
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 10.000,00 EUR) |
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725,40 EUR |
2. |
gem. Anm. Abs. 1 zu Nr. 3101 VV anzurechnen, 0,8-Verfahrensgebühr aus 10.000,00 EUR |
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-446,40 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
299,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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56,81 EUR |
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Gesamt |
|
355,81 EUR |
Gesamt I. + II. |
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3.081,27 EUR |
Umgekehrte Anrechnung ebenso möglich
Nach § 15a Abs. 1 RVG wäre es auch erlaubt, umgekehrt anzurechnen, also in dem Verfahren, in dem der Vergleich geschlossen worden ist.
I. Verfahren 1/14
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 5.000,00 EUR) |
|
393,90 EUR |
2. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3101 Nr. 2 VV (Wert: 10.000,00 EUR) |
|
446,40 EUR |
3. |
gem. Anm. Abs. 1 zu Nr. 3101 VV anzurechnen, 0,8-Verfahrensgebühr aus 10.000,00 EUR) |
|
-446,40 EUR |
4. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 15.000,00 EUR) |
|
780,00 EUR |
5. |
1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV (Wert: 15.000,00 EUR) |
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650,00 EUR |
6. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.843,90 EUR |
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7. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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350,34 EUR |
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Gesamt |
|
2.194,24 EUR |
II. Verfahren 2/14
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 10.000,00 EUR) |
|
725,40 EUR |
2 |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
745,40 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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141,63 EUR |
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Gesamt |
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887,03 EUR |
Gesamt I. + II. |
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3.081,27 EUR |
Das Gesamtergebnis ist also dasselbe. Bei der zweiten Berechnungsmethode läuft die Anrechnung auf ein "Nullsummen-Spiel" hinaus, sodass man sie an sich auch weglassen könnte, um zwei Rechenvorgänge zu sparen.
Unterschiedliche Auswirkungen bei Kostenerstattung und Rechtsschutz
Von Bedeutung sein kann die Frage, wo angerechnet wird, wenn sich in den jeweiligen Verfahren unterschiedliche Erstattungsquoten ergeben oder nur teilweiser Deckungsschutz seitens des Rechtsschutzversicherers besteht.
bb) Kürzung nach § 15 Abs. 3 RVG
Soweit durch die 0,8-Verfahrensdifferenzgebühr eine 1,3-Gebühr aus dem Gesamtwert überschritten wird, muss nach § 15 Abs. 3 RVG gekürzt werden. Anzurechnen ist dann nur der nach Kürzung verbleibende Mehrbetrag.
Beispiel
In einem Rechtsstreit (1/14) über 10.000,00 EUR verhandeln die Parteien unter Mitwirkung ihrer Anwälte im Termin über die Klageforderung und über weitergehende 8.000,00 EUR, die in einem an...