1. Überblick
Wertfestsetzungsverfahren nach § 33 RVG ist subsidiär
Ist das gerichtliche Verfahren gerichtsgebührenfrei, etwa bei einem Vergleich im arbeitsgerichtlichen Verfahren (Vorbem. 8 S. 1 KV GKG), in Verfahren über eine Räumungsfrist nach den §§ 721, 794a ZPO, oder sind für die Gerichtsgebühren Festwerte vorgesehen, z.B. in bestimmten Beschwerdeverfahren oder in der Zwangsvollstreckung, setzt das Gericht von Amts wegen keinen Wert für die Gerichtsgebühren fest, weil es einen solchen nicht gibt. Eine dennoch vorgenommene Wertfestsetzung ist unbeachtlich (OLG Karlsruhe OLGR 2009, 453 = MDR 2009, 587 = JurBüro 2009, 314 = AGS 2009, 401 = NJW-RR 2009, 1366; LAG Schleswig-Holstein AGS 2012, 487).
Der Anwalt und die Parteien sind in diesem Fall nach § 33 Abs. 1 RVG berechtigt, eine Wertfestsetzung zu beantragen, da sich die Anwaltsgebühren nach dem Wert richten. Das Gericht muss dann einen Gegenstandswert festsetzen, der nur für die anwaltlichen Gebühren gilt.
Gleiches gilt auch, wenn sich die Gebühren des gerichtlichen Verfahrens zwar nach dem Gegenstandswert richten, diese aber für bestimmte anwaltliche Tätigkeiten nicht gelten.
Beispiel 3
Eingeklagt sind 10.000,00 EUR. Im Termin verhandeln die Parteien auch über weitere nicht anhängige Forderungen, ohne dass es zu einer Einigung kommt.
Da die Verfahrens- und Terminsgebühren sich auch nach dem Wert der weitergehenden Ansprüche richten (Nr. 3101 Nr. 2, 2. Alt. VV; Nr. 3104 VV), muss insoweit ein Gegenstandswert festgesetzt werden (AG Siegburg AGS 2008, 361; OVG Brandenburg 2013, 422; a.A. LAG Baden-Württemberg AGS 2012, 299). Diese Festsetzung des "Mehrwertes" erfolgt im Verfahren nach § 33 RVG.
Möglich ist auch die Wertfestsetzung nur für einzelne Gebühren, wenn etwa bei einer Stufenklage nur über die Auskunft verhandelt worden ist. Der Streitwert des Verfahrens bemisst sich dann nach dem zu schätzenden Wert des Leistungsantrags (§ 44 GKG, § 38 FamGKG), der Wert der Terminsgebühr dagegen nach dem Wert des Auskunftsantrags. Dieser Wert ist (nur) auf Antrag nach § 33 RVG festzusetzen.
Antragsberechtigt sind der Anwalt und sein Auftraggeber sowie ein erstattungspflichtiger Gegner und im Falle des § 45 RVG auch die Staatskasse (§ 33 Abs. 2 S. 2 RVG). Zulässig ist der Antrag erst, wenn die Vergütung des Anwalts fällig ist (§ 33 Abs. 2 S. 1 RVG), was sich wiederum nach § 8 Abs. 1 RVG bestimmt. Eine vorläufige Wertfestsetzung – etwa zur Abrechnung eines Vorschusses nach § 9 RVG – ist nicht vorgesehen und wäre unzulässig (LAG Schleswig-Holstein NZA-RR 2006, 320 = NZA 2006, 1007).
Keine Abänderung von Amts wegen
Im Gegensatz zur Wertfestsetzung nach § 68 GKG, § 55 FamGKG oder § 79 GNotKG, bei der innerhalb der Frist der § 68 Abs. 3 GKG, § 55 Abs. 3 FamGKG, § 79 Abs. 2 S. 2 GNotKG jederzeit eine Änderung von Amts wegen möglich ist, weil es sich um ein Amtsverfahren handelt, kommt eine Abänderung durch das Gericht im Verfahren nach § 33 RVG nicht in Betracht, da es sich um ein reines Antragsverfahren handelt. Daher ist hier auch eine Gegenvorstellung ausgeschlossen.
2. Beschwerde gegen die Festsetzung
Beschwerde ist möglich
Auch gegen die Wertfestsetzung nach § 33 RVG ist die Beschwerde gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes einen Betrag i.H.v. 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen ist (§ 33 Abs. 3 RVG).
Zwei-Wochen-Frist beachten
Zu beachten ist, dass die Beschwerde nach § 33 Abs. 3 RVG fristgebunden ist. Sie muss innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Wertfestsetzungsbeschlusses eingelegt werden (§ 33 Abs. 3 S. 3 RVG). Mangelt es an einer Zustellung, wird die Frist nicht in Gang gesetzt.
Möglich ist auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei schuldloser Versäumung der Frist (§ 33 Abs. 5 S. 1 RVG). Insoweit wird ein Fehlen des Verschuldens vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist (§ 33 Abs. 5 S. 2 RVG).
Da eine Änderung von Amts wegen im Verfahren nach § 33 RVG nicht möglich ist, ist eine Verschlechterung im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen. Es gilt das Verschlechterungsverbot – Verbot der reformatio in peius (LAG Hamm AGS 2006, 301).
3. Weitere Beschwerde gegen die Festsetzung
Weitere Beschwerde gegen Enscheidung des Landgerichts
Gegen die Entscheidung des LG als Beschwerdegericht kann, sofern zugelassen, die weitere Beschwerde erhoben werden (§ 33 Abs. 6 S. 1 RVG). Zuständig ist dann das OLG.
Die weitere Beschwerde muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdeentscheidung eingelegt werden (§ 33 Abs. 6 S. 4, Abs. 3 S. 3 RVG).
Möglich ist auch hier eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 33 Abs. 6 S. 4 i.V.m. Abs. 5 S. 1 RVG).
4. Keine Gegenvorstellung
Da eine Abänderung von Amts wegen im Verfahren nach § 33 RVG nicht möglich ist, ist auch eine Gegenvorstellung nicht statthaft.
5. Keine Rechtsbeschwerde
Eine Rechtsbeschwerde ist im Verfahren nach § 33 RVG nicht gegeben.
6. Gehörsrüge
Vorgesehen ist allerdings eine Gehörsrüge (§ 12a RVG), wenn das Gericht im Wertfestsetzungsverfahren den Beteiligten kein rechtliches Gehör gewährt hat. Wegen der Möglichkeit der Gegenvorstellung kommt der Gehörsrüge allerdings in der Praxis kaum Bedeutung zu.
7. Kosten und Kostenerstattung
Das ...