I. Überblick
Gerichtliche Wertfestsetzung ist für Anwalt bindend
Gem. § 2 Abs. 1 RVG richten sich die Gebühren des Anwalts grundsätzlich nach dem Gegenstandswert. In gerichtlichen Verfahren ist dabei gem. § 23 Abs. 1 RVG auf die für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften abzustellen. Diese Werte werden grundsätzlich vom Gericht festgesetzt und sind gem. § 32 Abs. 1 RVG für den Anwalt und seinen Auftraggeber bindend. Der Anwalt muss seine Gebühren nach diesem Gegenstandswert abrechnen, selbst dann, wenn dieser Wert unzutreffend ist. Allerdings hat der Anwalt nach § 32 Abs. 2 RVG i.V.m. den Vorschriften des jeweiligen Kostengesetzes (GKG, FamGKG oder GNotKG) die Möglichkeit, sich gegen eine aus seiner Sicht unzutreffende Wertfestsetzung zur Wehr zu setzen.
Bei fehlender gerichtlicher Wertfestsetzung ist Antrag nach § 33 RVG gegeben
Soweit ausnahmsweise im gerichtlichen Verfahren eine Wertfestsetzung nicht erfolgt oder der gerichtlich festgesetzte Wert nicht für die Anwaltsgebühren gilt, kann eine Wertfestsetzung im Verfahren nach § 33 RVG beantragt werden.
Für den Anwalt und seine Mitarbeiter ist es daher wichtig, die Grundzüge dieser Wertfestsetzungsverfahren zu beherrschen, um zu vermeiden, dass durch unzutreffende Wertfestsetzungen Gebühren verschenkt werden. Der nachfolgende Beitrag soll einen Überblick über die verschiedenen Verfahren liefern.
II. Die Wertfestsetzung nach dem GKG
1. Überblick
Wertfestsetzung in den §§ 61 bis 65 GKG geregelt
Werden in einem gerichtlichen Verfahren, in dem das GKG anzuwenden ist (§ 1 GKG), die Gerichtsgebühren nach dem Streitwert (§ 3 Abs. 1 GKG) erhoben, so muss das Gericht hierfür einen Wert festsetzen. Dieses Wertfestsetzungsverfahren ist in den §§ 61 bis 65 GKG geregelt.
2. Wertangabe
Wertangabe bei Einreichung
Nach § 61 S. 1 GKG ist bei Einreichung einer Klage oder eines anderweitigen verfahrenseinleitenden oder -erweiternden Antrags, der Gerichtsgebühren auslöst, grundsätzlich der Streitwert anzugeben. Einer Angabe des Wertes bedarf es lediglich dann nicht, wenn dieser in einer bestimmten Geldsumme besteht, im GKG ein fester Wert bestimmt ist oder wenn sich der Wert aus früheren Anträgen ergibt. Die Angabe des Streitwerts hat insbesondere dann Bedeutung, wenn das Gericht ohne nähere Angaben nicht in der Lage wäre, den zutreffenden Streitwert zu ermitteln, insbesondere bei Auskunfts- oder Stufenklagen.
Die Angaben zum Wert sind schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu erklären. In der Regel bietet es sich an, die Ausführungen zum Streitwert in die Klageschrift mit aufzunehmen. Es sollte dann unmittelbar im Anschluss an den Klageantrag der Wert angegeben und in der Klagebegründung erläutert werden.
Die Wertangabe ist nicht bindend und kann vom Kläger oder einem anderweitigen Antragsteller jederzeit berichtigt werden (§ 61 S. 2 GKG).
Keine Bindung des Gerichts
Die Wertangabe in der Klage- oder Antragsschrift bindet das Gericht allerdings nicht. Sie ist lediglich eine Entscheidungshilfe bei der Wertfestsetzung. Das Gericht kann den Wert daher auch abweichend von der Wertangabe des Klägers oder Antragstellers festsetzen. Mittelbar nimmt die Rspr. allerdings überwiegend insoweit eine Indizwirkung an, wenn später eine abweichende Wertvorstellung geäußert wird. Daher sollte im eigenen Interesse des Anwalts bereits bei der Wertangabe sorgfältig gearbeitet werden.
3. Vorläufige Wertfestsetzung
Vorläufige Wertfestsetzung nach Klageeinreichung
Soweit mit Einreichung der Klage oder eines anderen Antrags eine wertabhängige Gerichtsgebühr fällig wird, hat das Gericht den Streitwert gem. § 63 Abs. 1 GKG vorläufig festzusetzen, damit nach diesem Wert die fällige Gerichtsgebühr erhoben werden kann.
Fälligkeit der Gebühr erforderlich
Die Fälligkeit der Gerichtsgebühren ergibt sich wiederum aus den §§ 6 bis 9 GKG. Von besonderer Bedeutung ist insoweit § 6 Abs. 1 GKG, wonach mit der Einreichung der Klage-, der Widerklage-, der Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll die jeweilige Gerichtsgebühr fällig wird und vorauszuzahlen ist. Daher muss in diesen Fällen ein Wert vorläufig festgesetzt werden.
Eine vorläufige Streitwertfestsetzung ist entbehrlich, wenn Gegenstand des Verfahrens eine bestimmte Geldsumme in EUR ist oder wenn das Gesetz einen Fest- oder Regelwert vorsieht (§ 63 Abs. 1 S. 1 GKG). Grund hierfür ist, dass in diesen Fällen der Kostenbeamte die fällige Gebühr ohne Weiteres selbst berechnen und anfordern kann.
Die vorläufige Wertfestsetzung findet ohne Anhörung der Beteiligten statt (§ 63 Abs. 1 S. 1 GKG). Der Beschluss über die vorläufige Wertfestsetzung kann formlos mitgeteilt werden. Eine Zustellung ist nicht erforderlich.
4. "Anfechtung" der vorläufigen Wertfestsetzung
a) Keine Beschwerde
Vorläufige Wertfestsetzung ist unanfechtbar
Die vorläufige Wertfestsetzung ist unanfechtbar (OLG Jena MDR 2010, 1211; OLG Düsseldorf AGS 2009, 455 = JurBüro 2009, 542). Die Beschwerde nach § 68 GKG (s.u. 6.) ist nur gegen die endgültige Wertfestsetzung gegeben.
Einwendungen gegen die Höhe eines vorläufig festgesetzten Werts können daher nur im Beschwerdeverfahren nach § 67 GKG geltend gemacht w...