Dreieinhalbfacher Jahresbetrag ist maßgebend
Wird infolge der Tötung oder Körperverletzung ein Erwerbsschaden des Verletzten oder werden Unterhaltsschäden der Hinterbliebenen als Rentenansprüche geltend gemacht, so ist vom dreieinhalbfachen Jahreswert auszugehen. Die frühere Sonderregelung für den Gebührenstreitwert (§ 42 Abs. 1 GKG a.F.) ist zum 1.8.2013 ersatzlos gestrichen worden, so dass über § 48 Abs. 1 S. 1 GKG jetzt auch hier § 9 ZPO anzuwenden ist. Lediglich in Altfällen, also bei einer Auftragserteilung vor dem 1.8.2013 gilt gem. § 60 Abs. 2 RVG noch der alte höhere Wert.
Maßgebend ist der geforderte Betrag der nächsten dreieinhalb Jahre, sofern die Rente nicht für einen geringeren Zeitraum verlangt wird; fällige Beträge sind hinzuzurechnen.
Im Falle eines Rechtsstreits werden die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge hinzugerechnet (§ 42 Abs. 4 GKG). Bei der außergerichtlichen Regulierung werden dagegen dem Wert der zukünftig geforderten Beträge alle während des Mandats fällig gewordenen Beträge hinzugerechnet (analog § 42 Abs. 3 GKG) (OLG Nürnberg AGS 2002, 232; a.A. LG Stuttgart AnwBl 1978, 234 = RuS 1978, 157; N. Schneider AGS 2004, 89).
Beispiel
Aufgrund eines Verkehrsunfalls im Dezember 2013 ist der Anwalt beauftragt worden, für die hinterbliebene Ehefrau ab Januar 2014 außergerichtlich eine Unterhaltsrente i.H.v. 1.500,00 EUR monatlich einzufordern. Im September 2015 wird eine Einigung über die laufende Unterhaltsrente und die bis dahin angefallenen Beträge getroffen.
Für die zukünftigen laufenden Beträge ab Oktober 2014 gilt ein Wert i.H.v. 42 × 1.500,00 EUR, also 63.000,00 EUR. Für die bis einschließlich September 2014 und damit fälligen Beträge gilt ein Wert i.H.v. (Januar 2014 – September 2015) 21 × 1.500,00 EUR = 31.500,00 EUR. Insgesamt ergibt sich somit für Geschäfts- und Einigungsgebühr ein Wert i.H.v. 94.500,00 EUR.
Unterhaltsrente ist für drei Monate im Voraus zu zahlen
Zu beachten ist, dass die Unterhaltsrente nach § 843 Abs. 2 i.V.m. § 760 Abs. 1 S. 1 BGB (§ 844 Abs. 2 BGB) jeweils für drei Monate vorauszuzahlen ist. Dies hat Bedeutung für die Berechnung der fälligen Beträge.
Beispiel
Wie vorangegangenes Beispiel. Eine Einigung kommt erst Oktober 2015 zustande.
Da für jeweils drei Monate im Voraus zu zahlen ist, sind im Oktober 2015 bereits die Zahlungen bis einschließlich Dezember 2015 fällig. Es ergibt sich also ein Wert für die fälligen Beträge i.H.v. 24 × 1.500,00 EUR = 36.000,00 EUR, so dass sich zzgl. des Werts für die künftigen Beträge ein Gesamtwert i.H.v. 99.000,00 EUR ergibt.
Stirbt der Anspruchsteller im Laufe der Schadenregulierung, bleibt der dreieinhalbfache Jahresbetrag für die bis dahin angefallenen Gebühren maßgebend (OLG Dresden, Rsp. 35, 214 (damals noch fünffacher Jahreswert). Für die später anfallenden Gebühren gilt nur noch der Wert der fälligen Beträge.
Zahlt der Gegner einen Teilbetrag, so verringert sich der Gegenstandswert für die weitere Tätigkeit nur dann, wenn die Restsumme infolge der Teilzahlung unter den dreieinhalbfachen Jahresbetrag sinkt (OLG Koblenz VersR 1987, 289 – damals noch fünffacher Jahreswert).
Wird die Rente durch eine einmalige Zahlung abgefunden, verbleibt es bei dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag (OLG Düsseldorf VersR 1977, 868; OLG Frankfurt MDR 1971, 404; OLG Schleswig SchlHA 1968, 145; a.A. OLG Hamm NJW 1966, 162).
Wird eine Abänderung der Rentenzahlungen begehrt, so ist dies auch außergerichtlich eine selbstständige Angelegenheit, die gesondert zu bewerten ist (AG Siegburg AGS 2003, 345 mit Anm. N. Schneider = MDR 2003, 1143). Abzustellen ist auf den jährlichen Mehr- bzw. Minderbetrag. Ausgehend von § 9 ZPO wäre auch hier der dreieinhalbfache Jahresbetrag maßgebend. Da die Abänderung in der Regel aber jährlich vorgenommen wird und daher auch nur für ein Jahr gelten soll, ist regelmäßig nur vom Jahresbetrag auszugehen. Siehe "Abänderung".